Die «Armen des Herrn» Zephanja 2, 3

Die «Armen des Herrn»   Zephanja 2, 3

Mit der Bergpredigt lädt Christus zu einer Armut des Herzens ein

Wenn Papst Franziskus die bevorzugte Option der katholischen Kirche zugunsten der Armen bekräftigt (siehe Evangelii gaudium, Nr. 186–216), dann deshalb, weil es sich dabei vor allem um einen biblischen und theologischen Begriff handelt und nicht um einen gesellschaftspolitischen. Im Alten Testament bilden die «Armen des Herrn» eine Kategorie unter den Menschen, die die Verheissungen des Bundes tragen, weil sie für das Handeln Gottes verfügbar sind: «Sucht den Herrn, all ihr Gedemütigten im Land, die ihr nach dem Recht des Herrn lebt! Sucht Gerechtigkeit, sucht Demut! Vielleicht bleibt ihr geborgen am Tag des Zorns des Herrn». (Zephanja 2, 3)

Die Armen (anawim auf hebräisch) repräsentieren die Israeliten, die dem Willen Gottes treu sind, die Gerechten wie Maria und Joseph, Anna und Simeon. Sie werden den kleinen Rest Israels darstellen, dessen Spross zur Zierde und zur Herrlichkeit des Herrn wird (Jesaja 4, 2–3). Oft sind sie die Opfer des Machtmissbrauchs durch die mächtigen, politischen und religiösen Führer oder die Reichen und Industriebosse, deren Sturz das Magnificat besingt (Lukas 1, 51–52).

Propheten und Armut
Die Propheten fordern von den Behörden und von Gott selbst immer wieder Gerechtigkeit für die Schwachen, die Kleinen und die Bedürftigen (Amos 2, 6–7), und das Buch Deuteronomium legt eine humanitäre Gesetzgebung zur Wahrung ihrer Rechte fest (24, 10f). Bei den letzten Propheten wie Zephanja nimmt das Vokabular der Armut eine ebenso moralische wie spirituelle Färbung an. Der Messias wird zu den Armen gesandt (Jesaja 61, 1). Er selbst wird unterdrückt (die Lieder des leidenden Dieners im 2. Kapitel des Buches Jesaja), er, der sanftmütig und demütig von Herzen ist (Sacharja 9, 3). Jesus stellt sich als leidender Gottesknecht vor (Matthäus 11, 29) und lädt uns auf diese Weise zur Armut des Her-zens ein, um in das Glück des Königreichs einzutreten, das von den Seligpreisungen gezeichnet wird (Matthäus 5, 3).

Angesichts des Weltwirtschaftsforums in Davos und der G8 laden uns das Evangelium und die Tradition zu einer glücklichen Entspannung und zum Verzicht in den Armen des Vaters ein, der allein uns erfüllen kann.
                                                                                                                   François-Xavier Amherdt

Foto: DR