Interreligiöse Ehen im Alten Testament

Es stimmt, dass das Alte Testament eher Eheschliessungen innerhalb des jüdischen Volkes empfiehlt. So heiratet Ruth Boas in einem fremden Land aus demselben Clan wie ihre Schwiegereltern Elimelech und Noomi; Tobias nimmt Sara, die Tochter des Raguël, eine nach Medien verbannte Jüdin, zur Frau und tut dies trotz des frühen Ablebens der ersten aufeinanderfolgenden Ehemänner seiner Frau in vollem Vertrauen, weil er weiss, dass er sich auf den Gott Israels stützen kann; in fortgeschrittenem Alter lässt Abraham seinen ältesten Diener schwören, seinen Sohn Isaak davon ab­­zuhalten, sich mit einer kanaanäischen Frau zu vermählen, und ihm eine Frau aus seiner Verwandtschaft zu su­­chen: es wird Rebekka sein. (Genesis 24) Weitere Beispiele liessen sich auflisten! 
Und doch gibt es viele Ehen mit Aus­­­ländern aus anderen religiösen Tradi­tio­nen, als ob die Bibel ihre eigenen Regeln brechen und damit relativieren würde. Ausserdem sind die Personen, die eine solche Verbindung «eingehen», keine Ne­­­­benfiguren, sondern gehören zu den wichtigsten Schutzfiguren des jüdischen Glaubens.
Zwei Beispiele: Zunächst der Patriarch Josef, Jakobs Lieblingssohn, den seine Brüder beseitigen wollen und der schliess­lich nach Ägypten verkauft wird, wo er Karriere macht, zum Vorbild des treuen Verwalters wird und Asnath heiratet, die Tochter von Potifera, einem ägyptischen Priester des On – eines Sonnenkults. Das hindert ihn jedoch nicht daran, Christus erahnen zu lassen. Ganz im Gegenteil: er öffnet sich ständig dem Willen Gottes und vergibt seinen Peinigern (Genesis 37– 50).
Was Moses, den grössten Propheten der Heilsgeschichte, betrifft, so nimmt er Zippora, die Tochter Jitros, des Priesters von Midian, zur Frau. Und dort, im Her­zen seines Exils, begegnet er Gott im brennenden Dornbusch und empfängt die Offenbarung des Namens jenseits aller Namen: «Ich bin, der ich sein wer­de.» (Exodus 2-3)
Das Mindeste, was man sagen kann, ist, dass interreligiöse Ehen die grossen biblischen Zeugen nicht daran hindern, ihre Mission zu erfüllen. Im Gegenteil, sie er­­halten durch die fremde Kultur eine echte Horizonterweiterung und verkünden so den Gott des ganzen Universums, vorausgesetzt, sie bleiben ihm treu.
François Xavier Amherdt / Image: DR

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Ihr Kommentar wird nach unserer Freigabe angezeigt. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet

Wordpress Social Share Plugin powered by Ultimatelysocial
LinkedIn
Share
WhatsApp