
Keine Kirche ohne mindestens ein Kreuz, denn im Kreuz ist Heil und Leben. Dieses Schandmal, an das im römischen Reich die grössten Verbrecher auf brutalste Weise zu Tode gebracht wurden, ist durch Jesu Tod am Kreuz zu einem Zeichen der Erlösung und des Sieges geworden. Die ersten Christen haben dieses Symbol des Todes nicht verwendet. Für sie war das Zeichen für Christus der Fisch, der griechisch «Ichthys» heisst. Mit den einzelnen Buchstaben dieses Wortes bezeugten sie, dass sie an «Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser» glauben. Erst die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion durch Kaiser Konstantin im Jahr 391 gab den Christen dann wohl den Mut, den Kreuzestod nun auch öffentlich zu bekennen. Die erste Kreuzesdarstellung findet sich auf einem Elfenbeinkästchen, das um das Jahr 420 entstand.
Im Christentum wurde das Kreuz allmählich weniger als Zeichen des Todes verstanden, sondern als Siegeszeichen, das Jesus der ganzen Welt aufgedrückt hat. Und sein Zeichen ist eine universelle Liebe, die alles miteinander verbindet. In diesem Sinn hat auch schon das Johannesevangelium das Kreuz verstanden: Am Kreuz vollendet Jesus die Liebe zu den Menschen. Da siegt die Liebe Jesu über allen Hass dieser Welt. Jesus umfasst und umarmt die ganze Welt und alle Menschen mit seiner Liebe. Aus seiner Seitenwunde, die ihm der römische Hauptmann nach dem Tod zugefügt hatte, flossen Blut und Wasser. Diese führen uns zurück in den Kirchenraum, denn Wasser und Blut waren nicht nur damals Gottes Zeichen und Zeugnisse, als sie aus Jesu Seite flossen; wir haben diese Zeichen vielmehr bis zum heutigen Tag. Sie stehen für die Sakramente Taufe und Eucharistie. In der Taufe werden wir in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und in der Eucharistie erhalten wir Kraft für unser Leben als Christen.
Das Kreuz als Siegeszeichen, denn zum ersten Mal hat der Tod einen Menschen nicht festhalten können. Christen glauben: Damit wurde die Macht des Todes grundsätzlich durchbrochen. Der Tod ist auch für uns nicht mehr endgültig. Er ist seither Durchgang zu Gott. Jesus sagt: «Wer an mich glaubt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag.» Papst Benedikt schrieb dazu: «Das Ereignis des Todes und der Auferstehung Christi ist das Herz des Christentums, der tragende Mittelpunkt unseres Glaubens, der mächtige Antrieb unserer Gewissheit, der starke Wind, der alle Angst und Unsicherheit, jeden Zweifel und jede menschliche Berechnung vertreibt». Um diesen Glauben auch in der Kirche sichtbar zu machen, soll auf dem Altar oder in seiner Nähe ein Kreuz mit dem Abbild des gekreuzigten Christus stehen. Diesen Glauben bezeugen wir auch jedes Mal, wenn wir uns in der Kirche und zu Hause bekreuzigen.
Paul Martone / Foto: DR