Abgesondert

Foto: Veseley, Frankreich, © Poss

Es gibt Einsamkeit und Einsamkeit. Wenn Jesus zu den Aposteln sagt: «Kommt an einen einsamen Ort und ruht euch ein wenig aus» (Markus 6, 31), dann spricht er von einer wohltuenden Abgeschie­den­­heit, um beim Vater neue Kraft zu schöpfen.
Auch heute noch können die Anfor­de­run­gen an Pastoraltheologinnen und -theologen oder geweihten Mitarbeitern so zahl­reich sein, dass sie sich buchstäblich «aufgefressen» fühlen und wie die Jünger damals nicht einmal mehr die Zeit finden, sich zu setzen um das Mahl miteinander zu teilen und sich auszuruhen. Es besteht die Gefahr der Erschöp­fung und des «Ausbrennens» aller apostolischen Energien («Burn-out»).
Der Menschensohn selbst gibt ihnen ein Beispiel, denn er zögert nicht, sich mit einem Boot an einen gesonderten Ort zu­­rückzuziehen (6, 32). Doch die Men­schen­­massen kommen ihm zuvor, so dass er, als er an Land geht, eine so gros­se Volks­­masse sieht, dass er Mitleid mit ihnen hat und, in seinem Herzen ergriffen, Leh­re und Brote für sie vermehrt, da sie wie eine Herde ohne Hirten erscheinen (6, 34).
Nachdem Christus die Menge gesättigt und gespeist und die Zwölf wieder an Bord gebracht hatte, schottete er sich ab und stieg auf den Berg, um dort zu be­­ten (6, 45-47). Ohne Zeiten im Angesicht der Heiligen Dreifaltigkeit, «ausgedehnte Momente der Anbetung, der betenden Begegnung mit dem Wort, des aufrichtigen Dialogs mit dem Herrn», so Papst Fran­ziskus, «werden die Aufgaben (der Evangelisierung) leicht sinnlos, wir werden durch Müdigkeit und Schwierig­kei­ten schwächer, und der Eifer erlischt» (Evan­gelii Gaudium, Nr. 262). Verbringt nicht auch er selbst jeden Tag eine Stunde mit dem Gebet?
Seelsorgende können jedoch darunter leiden, dass sie keine zwischenmenschlichen Beziehungen pflegen, die für ihr persönliches Gleichgewicht unerlässlich sind. Ist der Dienst nicht geprägt von missionarischem Austausch mit Grup­pen und Gemeinschaften aller Art sowie von tiefem Austausch mit Freunden, Ver­trauten und einem geistlichen Be­­gleiter?
Es geht also um ein ausgewogenes Ver­hältnis zwischen dem innigen Umgang mit dem Geist im stillen Kämmerlein und dem belebenden Kontakt mit Menschen, denen man vertraut.

François-Xavier Amherdt

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