Maria in der Lehre der Kirche

Die Dogmen über Maria betonen
ihre Würde und Heiligkeit

Foto: © Poss

Beim «Eintritt» in den Monat Dezember be­­­grüsst uns das Hochfest der Unbe­fleck­ten Empfängnis Mariens. Dieses Fest am 8. Dezember gilt als eines der Dogmen, in denen die Kirche ihre Lehre über Maria definiert. Dogmen als solche gehören nicht gerade zu den «Lieblingen» vieler Gläubigen, gilt es ja nicht als Kom­p­liment, wenn man jemandem vorwirft, er sei dogmatisch und damit stur und unbeweglich.

Was ist ein Dogma?
Ein Dogma ist eine «Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche, die in der Bibel und in der Tradition der Kirche nach­­weislich enthalten und vom Lehramt definitiv als Offenbarungswahrheit verkündet worden ist». Dogmen wollen die Men­schen nicht einengen, und sie verbieten auch nicht das Denken. Vielmehr sind sie «Lichter auf unserem Glaubensweg, sie erhellen und sichern ihn. Umgekehrt werden durch ein rechtes Leben unser Ver­­stand und unser Herz geöffnet, um das Licht der Glaubensdogmen aufzunehmen», schreibt der Katechismus. 
Dogmen sind jedoch nicht eines schönen Tages einfach so vom Himmel gefallen und bis heute unverändert überliefert worden! Die Lehre der Kirche speist sich aus zwei Quellen: die Heilige Schrift und die Überlieferung der Kirche, die über das Geheimnis Gottes und seines Soh­nes nachdenkt und es in verschiedenen Lehrsätzen auslegt. Daran sind alle Gläu­bigen beteiligt und die «Gesamtheit der Gläubigen kann im Glauben nicht fehlgehen» und dank des Beistandes des Heil­igen Geistes und durch das Studium, vor al­­lem der theologischen Forschung kann das Verständnis der Lehre der Kirche wach­sen. Nicht alle sind dann aber im­­mer gleicher Meinung, deshalb wurde die «Aufgabe, das Wort Gottes verbindlich auszulegen, einzig dem Lehramt der Kir­che, dem Papst und den in Gemein­schaft mit ihm stehenden Bischöfen an­­vertraut». Dogmen im engeren Sinn wa­­ren meistens Entscheidungen in einer kon­­kreten theologischen Streitfrage. Darum sollte man, um ein Dogma richtig zu verstehen, auch den geschichtlichen Zusammen­hang beachten, aus dem heraus es entstanden ist.

Foto: © Paul Martone

Mariä Unbefleckte Empfängnis
Kein Fest der Muttergottes wird so falsch verstanden, wie das Fest ihrer unbefleckten Empfängnis. Vielfach wird gefragt, wie die Kirche sich das denn vorstelle, dass Jesus von Maria am 8. Dezember unbefleckt empfangen und drei Wo­­chen später schon geboren worden sei.
Dieses Dogma sagt jedoch nichts darüber, dass Jesus «unbefleckt» empfangen worden sei. Es besagt vielmehr, dass Ma­­­ria im Schoss ihrer Mutter Anna unbefleckt empfangen wurde. Das heisst, dass sie im Gegensatz zu allen anderen Men­­schen vom ersten Augenblick ihres Da­­seins an ohne Erbschuld war. Logi­scher­­weise feiern wir den Geburtstag von Maria neun Monate nach ihrer Empfäng­nis, also am 8. September.
Dieses Geheimnis der unbefleckten Emp­fängnis hat sich im Glaubensbewusstsein der Kirche erst in einer längeren Entwick­lung durchgesetzt und wurde 1854 von Papst Pius IX. definiert. Über diese Glau­benswahrheit wird in der Bibel nichts über­liefert wird. Die Kirche hat aber den Ansatz dieses Ge­­heimnisses der Auser­wählung von Maria im Buch Ge­­nesis ge­­sehen, in dem die Feindschaft zwi­­schen Eva und der Schlange, zwischen dem Nach­­wuchs der Frau und dem Nach­wuchs der Schlange ausgedrückt ist. Schon die frühen Kirchenväter haben in die­­sem Nachwuchs der Frau Christus ge­­sehen, der durch seinen Tod am Kreuz den «Schuldbrief zerrissen hat». In engster und immerwährender Verbundenheit mit ihrem Sohn hat Maria die Schlange mit ihrem Fuss zertreten. «Eine solche durch­gehende und grundsätzliche Geg­nerschaft Marias zur Macht des Bösen enthält aber schon die Wahrheit in sich, dass Maria eigentlich von dieser Macht niemals unterjocht und angetastet sein konnte». Sie war «voll der Gnade», wie es der Engel Gabriel bei der Verkündigung in Nazareth gesagt hat. 
Karl Veitschegger beschreibt Maria im Blick auf dieses oft missverstandene Dog­­­­ma: «als einen Menschen, der in mo­­ralischer Hinsicht “kern-gesund” ist, nicht infiziert von der allgemeinen Immun­schwä­­­che gegenüber dem Bösen, von der “Erbsünde”, wie die Theo­logen sa­­gen. Katholischer Glaube bekennt: Vom ersten Augenblick ihres Lebens (Emp­fängnis) an durfte Maria ungetrübt (unbefleckt) in der Freundschaft mit Gott leben. Das ist der Sinn des missverständlichen Aus­drucks “Unbefleckte Empfängnis”. Ein un­­glückliches Wort für eine glückliche Sache!»

Foto: © Poss

Veitschegger stellt dann auch die Frage, was das Fest der unbefleckten Emp­fäng­nis Mariens für unser Leben bedeutet, und gibt dann sechs Antworten:

* Nicht nur Marias Leben, auch unser Leben ist von Gottes Liebe gewollt. In diesem Sinn ist jeder von uns ein “Wunschkind” (auch, wer es für seine Eltern nicht gewesen sein sollte). Mensch sein heisst: geliebt werden und dadurch selber lieben lernen.

* Gott bietet uns seine Freundschaft an, und diese Freundschaft kann uns be­­fähigen, unsere Lebensaufgabe zu er­­fül­­len, wie Maria ihre Aufgabe erfüllt hat. 

* Gottes “Methoden”, das Böse in der Welt zu überwinden, haben wenig mit Härte und Gewalt, aber sehr viel mit Anmut, Milde und innerer Kraft zu tun. Bilder zum Fest des 8. Dezembers zeigen Maria sehr oft als junge, zarte Frau, der die Schlange der Bosheit ent­­machtet zu Füssen liegt (als Hoff­nungs­­zeichen für uns alle: vgl. Römer 16, 20) 

* Recht verstandene Marienverehrung darf nicht mit “Sexualfeindlichkeit” in einen Topf geworfen werden (was leider immer wieder passiert). Denn am 8. Dezember feiern wir die Zeugung Marias, und diese geschah auf ganz natürliche und gottgewollte Weise: durch die körperliche Liebe ihrer Eltern Anna und Joachim.

* In Maria zeigt uns Gott, was reifer Glau­­­be ist: Maria ist kein «armer Wicht», sondern eine Frau, die Gott durchaus kritische Fragen stellt (Lukas 1, 34 u. 2,48.), ihren Sohn Jesus nicht immer versteht (Lukas 2, 41– 51), sehr dunkle Stunden erleben muss (Johannes 19, 25), aber in all dem bleibt sie ein offener und lernfähiger Mensch, weil sie sich ganz und gar von Gottes Lie­­be getragen weiß (Lukas 1,45, 46).

* Echter Glaube ist daran zu erkennen, dass er uns menschlich reifen lässt.

Foto: Poss

Gottesgebärerin
Wir verehren Maria als die Mutter Jesu. Da wir glauben, dass Jesus sowohl Mensch als auch Gott ist, können wir sagen, dass Maria auch die Mutter Gottes ist, denn sie hat in Jesus Gott geboren. Maria hat also nicht nur einen Menschen geboren, der dann nach seiner Geburt Gott «ge­­worden» wäre, sondern schon in ihrem Leib ist ihr Kind der wahre Sohn Gottes. Es geht also beim Titel «Gottes­ge­bärerin» nicht zuerst um Maria, sondern um die Frage, ob Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich ist. Wir finden zwar in der Bibel bereits Aussagen darüber, dass Jesus von Na­­zaret der «Mensch gewordene Sohn Gottes» und der «Erl­öser der Menschen» ist. Im Laufe der Zeit entstanden jedoch Diskussionen über die Frage, ob Jesus von Anfang an Gott ge­­wesen sei, oder erst später von Gott aufgrund seiner Verdienste als sein Sohn adoptiert worden sei.  Im Jahr 431 schuf das Konzil von Ephesus in dieser Frage Klarheit, indem es feststellte, dass Jesus nicht nur ganz Mensch, sondern auch ganz Gott ist. Deshalb darf Maria auch Gottesgebärerin genannt werden. Das Konzil stützte sich bei dieser Aussage auf die Hei­lige Schrift, wo im Johannesevangelium (1,14) die Re­­de davon ist, dass das «Wort» Fleisch geworden ist, und im Brief des Apostels Paulus an die Galater steht zu lesen, dass «Gott seinen Sohn sandte, geboren von einer Frau» (4,4). Für unser Leben bedeutet das, dass im Menschen Jesus Gott selbst zu uns gekommen ist. Gott kennt unser Leben nicht nur von den Höhen des Himmels aus, sondern auch vom Staub der Erde aus, oder wie es der heilige Augustinus sagte: «Gott wurde Mensch, damit der Mensch Gott werde».

Weitere Dogmen über Maria
Es gibt noch zwei weitere Mariendogmen, die wir hier nur kurz streifen können:

Immerwährende Jungfräulichkeit
Dieses Dogma, das auf dem 2. Konzil von Konstantinopel im Jahr 553 anerkannt wurde, besagt dass Maria immer Jung­frau geblieben ist – auch während und nach der Geburt Jesu. Dies ist für das Le­­ben Jesu grundlegend, denn es hält fest, «dass er von einer Frau geboren wur­de, aber keinen menschlichen Vater hat. Jesus Christus ist ein von oben ge­­stifteter neuer Anfang der Welt» (Youcat Nr. 80). 

Foto: © Poss

Maria Aufnahme in den Himmel
Dieses ist das jüngste Dogma und wurde 1950 von Papst Pius XII. verkündet. Es sagt, dass Maria nicht gestorben, sondern entschlafen ist. Der zentrale Ge­­­dan­ke dieses Dogmas liegt darin, dass Maria als einziger Mensch nach Christus und in seinem Gefolge mit Seele und Leib in die Vollendung des Himmels einging, als sie ihren irdischen Lauf vollendet hatte. Für uns bedeutet dies, dass unser Leben, auch unser leibliches, für Grosses be­­stimmt ist. In Maria zeigt Gott uns exemplarisch unsere eigene Zukunft: Wir ha­­ben Anteil an der Auferstehung Jesu Christi, an der Herrlichkeit Gottes.

Paul Martone

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Ihr Kommentar wird nach unserer Freigabe angezeigt. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet