Junge Heilige für unsere Zeit


«Die Kirche lebt. Und die Kirche ist jung. Sie trägt die Zukunft der Welt in sich und zeigt daher auch jedem einzelnen den Weg in die Zukunft» (Benedikt XVI.). 
Wege in die Zukunft zeigen uns auch junge Menschen unserer Tage, die diesen Weg bereits gegangen sind. Sie zei­gen, dass es möglich ist, auch als junge und dynamische Menschen heilig zu werden. 

Chiara Corbella Petrillo 
(1984–2012)

Sie war eine selbstbewusste, entscheidungsfreudige Frau mit einem ruhigen Temperament, das sich vor allem in ihrem Dienst an den anderen zeigte. In der charismatischen Erneuerung ihrer Heimatstadt Rom lernte sie, sich an Jesus wie an einen Freund zu wenden und den Glauben in einer Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern zu leben. Als 18-Jährige lernte sie Enrico Petrillo kennen und lieben, 2008 heirateten sie. Leider erlitt Chiara zwei Fehlgeburten. «In unserer Ehe», schrieb Chiara in ihr Tagebuch, «hat der Herr uns besondere Kinder schenken wollen: Maria Grazia Letizia und Davide Giovanni, aber er hat uns gebeten, sie nur bis zur Geburt zu begleiten und er hat es uns ermöglicht sie zu umarmen, sie zu taufen und sie in Seine Hände zu geben, und all das mit einer unglaublichen Ruhe und Freude».

Foto: DD

Chiara wurde ein drittes Mal schwanger, diesmal mit ihrem Sohn Francesco. Al­­lerdings kam mit der freudigen Nachricht von ihrer Schwangerschaft auch die einer tödlichen Krebs-Diagnose für Chiara.  Chiara lehnte jede Behandlung ab, die ihr Leben während der Schwangerschaft hätte retten können, weil diese das Leben ihres ungeborenen Sohnes riskiert hätte. Nach der glücklichen Geburt ihres Sohnes konnte die Behandlung den Krebs nicht mehr stoppen, sodass ihre letzten Tage auf Erden unerträglich wurden, doch nahmen sowohl sie als auch ihr Mann Enrico im tiefen Glauben an Gottes Vorsehung die Tatsache an, dass Chiara und Enrico nicht gemeinsam alt werden würden, und sie niemals Francesco würde aufwachsen sehen. Das junge Paar zeigte, dass es der Sinn des Lebens ist, zu lieben und dass verheiratet zu sein ein wunderbares Aben­teuer sein kann, das einem auch bei sich Zuhause den Weg zum Himmel wei­­­sen kann. Die bemerkenswerte Ge­­schichte von Chiara und Enrico ist eine Ge­­schichte über die Erlösung, in der Gott sich als ein treuer Gott zeigt, auf den sie vertrauen und in dem sie nicht enttäuscht werden. Chiara war keineswegs eine besondere oder gar aussergewöhnliche Frau. Vielmehr kämpfte sie mit vielen menschlichen Ängsten und Sorgen, sie hatte die gleichen Fragen wie viele von uns auch, doch sie hatte die Fä­­higkeit, alles dem Vater anzuvertrauen, und die Gnade zu empfangen, die sie von ihm brauchte, um den nächsten Schritt zu gehen, den sie gehen musste. 2018 wurde ihr Seligsprechungsprozess eingeleitet.

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Guido Vidal França Schäffer
(1974 –2009)

Guido wurde in Brasilien in einer Familie deutscher Herkunft geboren. Schon in seiner Jugend galt er als lebensfroher Mensch. Er war von Natur aus sehr leutselig, fand schnell Freunde, liebte das Meer und begeisterte sich insbesondere für das Surfen! Immer auf der Suche nach einer besseren Welle, nach der zu­­sätzlichen Herausforderung. Durch das Surfen betrachtete er die Schönheit und Grösse Gottes, die sich in der Natur zeigen. Er lebte eine tiefe Freundschaft mit Foto: DRdem Herrn und einen leidenschaftlichen Dienst an den Armen und Leidenden. Schon in jungen Jahren zog er durch die Begeisterung, mit der er von Jesus sprach, viele Menschen an. Selbst wenn er Surfunterricht gab, begann er seine Aus­bildung mit einem gemeinsamen Ge­­bet mit seinen Schülern.
Guido schrieb sich an der medizinischen Fakultät in Rio de Janeiro ein und schloss dieses Studium 1998 ab. Er widmete sich insbesondere der Pflege von AIDS-Kranken und engagierte sich in der charismatischen Gebetsgruppe. Mit den Mis­­­sionarinnen der Nächstenliebe ging er zu den Armen und Ausgegrenzten in die Favelas von Rio de Janeiro, um dort me­­dizinische Dienste zu leisten und auch geistlichen Beistand zu geben. Seine tiefe Verbundenheit mit Christus durch das Gebet führte dazu, dass er den Ruf zum Priestertum verspürte. Im Jahr 2000 beschloss er, seinen Beruf als Arzt aufzugeben und seine Verlobte zu verlassen, um ins Priesterseminar einzutreten. Er studierte Philosophie und mach­te nach der Teilnahme am Welt­jugendtag in Köln 2004 seinen Bachelor-Abschluss, 2008 trat er in das Priester­seminar in Rio ein. Gleichzeitig nahm er weiterhin an Ge­­bets­­gruppen teil, widmete sich der Evange­lisierung, arbeitete als Mediziner und be­­­trieb seinen Lieblings­sport. 

Am 1. Mai 2009 ging Guido gemeinsam mit seinem Bruder Maurício und anderen Freunden zum Surfen an den Strand in Rio de Janeiro. Dabei wurde er von seinem Surfbrett am Kopf getroffen und ertrank. Er hatte seinen Freunden oft gesagt, dass er gerne an dem Ort sterben würde, an dem er die Gegenwart Gottes am meisten spürte. Sein Leben kann eine Inspiration für viele junge Christen sein, denn Guido zeigt: Du kannst jung sein, wie am Strand, Surfen, Singen und gleichzeitig dein Herz auf Gott setzen, ein Zeuge von Christus sein. Seit dem Jahr 2023 kann Guido als ehrwürdiger Diener Gottes verehrt werden. 

Fto: DR

Maria Cristina Ogier (1955–1974)

Bei der in Florenz geborenen Italienerin wurde im Alter von vier Jahren ein Tumor an der Hirnbasis diagnostiziert, so dass sie nur eine kurze Lebenserwartung hatte. Maria Cristina litt viel, doch sie ver­­lor nicht ihre Lebhaftigkeit und Le­­bensfreude. Sie lebte einen tiefen Glau­­ben, indem sie die Krankheit, die ihr er­­hebliche motorische Schwierigkeiten bereitete, annahm und das Leiden zu einem Mittel machte, um dem Herrn nä­­her zu kommen. Und das in einer Zeit, in der das Leiden selbst abgelehnt und als sinnlos betrachtet wird. Sie war eine jugendliche Heilige, die das Evangelium jung machte. Sie schrieb in ihrem Ta­­ge­buch: «Herr, ich fühle mich des Leidens nicht würdig, denn das Leiden ist das der Heiligen, und ich fühle mich nicht heilig oder gar gut, aber ich werde diesen Weg weitergehen, den Weg der kleinen und grossen Leiden, die Du mir zeigst. Tu mit mir, was Du willst, wisse, dass ich Dich liebe, Jesus, und dass ich von Dir alles annehme, alles, was Du willst». Maria Cristina interessierte sich für die sozialen und politischen Fragen ihrer Zeit und setzte sich in der Debatte um eine Legalisierung der Abtreibung nach Kräften für das Leben ein. An­­ge­­steckt von der Freude, die aus ihrer Freund­schaft mit dem Herrn erwuchs, widmete sie sich der Beschaffung von Mitteln für Werke der Nächstenliebe, die schwer zu erreichen schienen. Ihr Zeug­nis und ihr Einsatz für einsame und be­­dürftige ältere Menschen fanden gros­sen Widerhall. 
Das kurze, aber intensive Leben von Ma­­ria Cristina Ogier verkörpert die Bot­schaft eines Menschen, der zum Zeugen der Gegenwart des Herrn geworden ist, der uns auf den Wegen des Lebens be­­gegnet und uns auffordert, ihn aufzuneh­men und ihn in den Menschen zu begleiten, die in Leid und am Rand der Ge­­sellschaft leben. Das Leben von Maria Cris­tina, ihr Engagement und ihr spiritueller Weg stellen noch immer viele in Fra­­ge, die versuchen, dem Leben, dem Schmerz und dem Leiden einen Sinn zu geben. Seit März 2023 gilt sie als ehrwürdige Dienerin Gottes, womit eine wichtige Hürde auf dem Weg zu ihrer Seligsprechung genommen ist.

Schwester Thea Bowman
(1937–1990)

Auch die katholische Kirche in den USA beteiligte sich lange an der Sklaverei. Nach dem Ende der Sklaverei 1865 blieben katholische Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner nicht nur in der Ge­­sellschaft, sondern auch in ihrer Kirche Menschen zweiter Klasse. Ordens­schwes­­ter Thea Bowman kämpfte für die Gleich­­berechtigung aller Menschen. Sie tat dies jedoch nicht mit Gewalt, sondern durch ihre Ausstrahlung und ihre Ähn­lichkeit mit Jesus. Deshalb waren die Menschen gerne in ihrer Nähe und hörten ihr zu.
Schwester Thea Bowman war die En­­kelin eines Sklaven und wurde als Bertha Bowman in Yazoo City, Mississippi, geboren. Mit neun Jahren trat sie in die katholische Kirche ein und mit 15 bei den Franziskanerinnen von der Ewigen Anbetung. Mit enormem Charisma, tiefer Frömmigkeit und einer grossen Courage entwickelte sie eine eigene Form der Spi­­ritualität für die afroamerikanischen Katholiken. «Ich weiss, dass Gott mich auf eine Weise braucht, die mein Vor­­stel­­lungsvermögen übersteigt», sagte sie ein­­mal und in ihrem ganzen Leben hat sich dies bewahrheitet. Bowman wurde eine bekannte Vortragsrednerin, reiste durch das Land und sprach über den Rasse-Begriff und den katholischen Glau­­ben. Im Alter von 51 Jahren war sie die erste afroamerikanische Frau, die vor der US-Bischofskonferenz sprach. Sie war an den Rollstuhl gefesselt und kämpf­te gegen eine Krebserkrankung. Den US-Bi­­­schöfen rief sie zu: «You got to move together to do that». (Ihr müsst euch aufeinander zubewegen). «Was bedeutet es, schwarz und katholisch zu sein?» fragte Schwester Thea. «Es bedeutet, dass ich mich selbst, mein schwarzes Ich, mitbringe. Ich bringe meine ganze Geschichte, meine Traditionen, meine Erfahrung, mei­­ne Kultur, meinen afroamerikanischen Ge­­­sang und Tanz, mei­ne Gestik und Be­­wegung, meine Lehre und Predigt, meine Heilung und Ver­antwortung als Geschenk an die Kirche ein.» Ihr Seligspre­chungs­verfahren wur­de 2018 von der Diözese Jackson eröffnet.

Zusammengestellt von Paul Martone

Foto: DR

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