Der Taufstein

Taufstein in der Felsenkirche von Raron

In vielen Gesprächen drücken manche Leu­te ihr Unverständnis darüber aus, wa­rum man nur in der Pfarrkirche taufen kann und nicht in einer einsamen Ka­­pel­le oder sonst an einem x-beliebigen Ort, an dem man sich wohlfühlt. Als Argu­ment dafür, dass ein Kind in der Pfarr­kirche ge­­tauft werden sollte, wird darauf verwiesen, dass die Taufe die Aufnahme des Kindes, oder auch des Erwachse­nen, in die Gemeinschaft der Kirche be­­deute. Der Sitz dieser «Kirche vor Ort» sei die Pfarrkirche, in der der Tauf­stein ste­he. Wo­­ her kommt die grosse Bedeutung des Taufsteins?
Zu Beginn des Christentums wurde an natürlichen Wasserstellen getauft, denken wir an Jesus, der im Jordan getauft worden ist. Später taufte man zuhause in eigens dafür errichteten Taufbecken. Nach­­­­dem durch das Edikt von Kaiser Kon­stantin im Jahre 313 die Kirche auch öffentliche Bauten errichten konnte, entstanden bei den Kirchenbauten sehr bald einmal auch sogenannte Baptisterien mit entsprechenden Taufbecken für das Was­­ser, in das die Erwachsenen eingetaucht wurden. In der Schweiz gehört das Taufbecken in Riva San Vitale aus dem 5. Jahrhundert zu den ältesten noch erhaltenen Zeugnissen dieser Taufform. 
Durch das Schwinden der Erwachse­nen­taufe und der Praxis der Kindertaufe seit dem 6./7. Jahrhundert, sind auch die Taufbecken immer kleiner geworden, bis sie schliesslich in der Regel den kirchlichen Räumen angepasst, nur noch Taufsteine darstellten, die ein kleines Auf­fangbecken für das Taufwasser ent­hielt. Wie ein Taufstein auszusehen hat, ist heute nicht vorgeschrieben. Es soll künstlerisch der Würde der Taufe entsprechend gestaltet sein und sich für die Taufe eignen. Viele Taufbecken aus der Barockzeit, die in unseren Kirchen häufig anzutreffen sind, besitzen eine oft kunstvoll gestaltete Abdeckung, in der die Taufe Jesu im Jordan dargestellt ist.
Um die Wichtigkeit der Taufe zu unterstreichen, sollte der Taufstein nicht in einer finsteren Ecke der Pfarrkirche stehen, sondern in deren Zentrum, oder beim Eingang der Kirche, um dadurch zu sym­­bolisieren, dass den Menschen durch die Taufe die Türen zur Kirche, der Ge­­meinschaft aller Getauften geöffnet wird. In der Nähe des Taufsteins steht meistens auch die Osterkerze, die an Jesus Christus erinnert, der durch seinen Tod und seine Auferstehung das Dunkel der Sünde besiegt und dem Licht des neuen Lebens den Weg bereitet hat. In der Taufe werden wir Menschen mit ihm ver­­eint, wir werden zu seinen Schwes­tern und Brüdern und dadurch zur Ge­­meinschaft der Kirche verbunden.
Paul Martone / Foto: DR

Die Fusswaschung: der Dienst in Taten (Johannes 13,1-15)

Bei den Zisterziensermönchen und in anderen Kontexten wird die «Sakra­men­talie» der Fusswaschung regelmässig – manchmal wöchentlich – praktiziert. In man­chen Epochen gehörte sie sogar zu den Sakramenten. Bei Johannes nimmt sie denselben Platz ein wie die Ein­­set­zung der Eucharistie in den anderen drei synoptischen Evangelien (Matt­häus, Mar­­kus, Lukas). Sie folgt auf die Sal­­­bung der Füsse Jesu in Bethanien durch seine Jün­­­gerin Maria als Zeichen seiner bevor­­ste­­henden Grablegung (vgl. Johannes 12,1–11), auf den triumphalen Einzug des auf einem Esel reitenden Christus-Mes­­­sias in Jerusalem (12,12-19) und auf die Verkün­digung seiner Verherr­­lichung am Kreuz durch einen Donner­schlag, der auf den Unglauben der Juden stösst (12,20-50).
Diese Geste Jesu geht der Ankündigung des Verrats durch Judas (13,16-30) und dem Testament voraus, das er in seiner Abschiedsrede seinen Aposteln hintelässt (13,31–17), bevor er in sein Leiden und seine Auferstehung eintritt (13,18–21). Wir sollten die Geste der Fuss­wa­­­schung systematisch in den Gottesdiens­ten des Gründonnerstags in unseren Ge­­meinden aufgreifen, wie es das Ritual des Ostertriduums (die drei Tage vor Ostern) vorsieht. Denn er ist die Quelle des Dia­­konats und jedes Dienstes. Er entspricht dem Zeichen von Brot und Wein, das Jesus uns auffordert, «zu seinem Ge­­dächt­­­nis» zu tun. Es kann keine au­­then­tische Messe geben, die nicht in den Dienst an den Brüdern und Schwestern mündet! Indem er sich wie ein Diener bis zu den Füssen seiner Jünger herablässt, um sie ihnen zu waschen, nimmt der Meister seine endgültige Erniedrigung am Kreuz vorweg. Doch paradoxerweise ist er ge­­rade dann am grössten, wenn er sich zum Kleinsten macht.
Er fordert uns auf, uns von ihm waschen zu lassen. Tatsächlich erhält das Wasser der Fusswaschung eine Taufdimension: «Wenn ich dich nicht wasche, hast du kei­­nen Anteil an mir», sagt er zu Petrus (13,8). Und Anteil an ihm zu haben, bedeutet, in seinen Tod und seine Auferstehung einzutauchen, was die Taufe bedeutet. Chris­­tus verlangt dann, dass wir tun, was er getan hat: «Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.» (13,15) Der ständige Diakonat erscheint so als lebendige und konkrete Erinnerung an das, was jeder Getaufte zu verwirklichen berufen ist: eine vorbehaltlose brüderliche Lie­­­­be zu leben, die derjenigen Jesu gleicht, denn «der Knecht ist nicht grösser als sein Herr» (13,16).
François Xavier Amherdt / Image: DR

THEOLOGIE DER MEDAILLEN

Die Medaille des heiligen Padre Pio

In diesem Monat werfen wir einen Blick auf die Medaille des heiligen Padre Pio. Sein Leben war von übermenschlichen Schmerzen geprägt, die er mit Hilfe der Gnade Gottes ertrug. Aus diesem Grund bringt er Trost in unsere körperlichen, geistigen und spirituellen Prü­fungen.


1. Geboren als Francesco Forgione am 25. Mai 1887 in Pietrelcina, trat er 1903 in den Kapuzinerorden ein, wo er in Erinnerung an Papst Pius V. den Ordensnamen Pio erhielt.

2. Padre Pio trägt die Kutte, den Habit der Kapuziner. 1916 zog er in das Kloster San Giovanni Rotondo, wo er den Rest seines Lebens verbrachte.  Er setzte sich für den Bau eines Spitals ein, das 1956 eingeweiht werden konnte, die Casa Sollievo della Sofferenza.

3. Er wird gewöhnlich mit Fäust-lingen dargestellt, die seine Stigmata verbergen, blutende Wunden, die mit jenen von Christus identisch sind und von 1918 bis zu seinem Tod am 23. September 1968 an seinen Händen, Füssen und auf seiner Brust auftraten. Er zeigte auch Zeichen der Transverbation: Sein Herz soll von einem «Pfeil der Liebe» durchbohrt worden sein, wobei er tatsäch-lich blutete. Ihm werden die Gabe der Bilokation und zahl-reiche Wunderheilungen zugeschrieben, weshalb er schon zu Lebzeiten von der Bevölkerung sehr verehrt wur-de.

4. Die römische Kasel, die er trägt, erinnert daran, dass er ein unermüdlicher Priester war. 

Er konnte bis zu 19 Stunden am Tag in seinem Beichtstuhl verbringen. Dort verlor er regelmässig die Geduld mit den Büssern, die versuchten, sich vor ihren Sünden zu drücken. 

Pascal Ortelli / Photo : DR

Für Eltern von Kleinkindern

Die Eltern als Katecheten ihrer Kinder

Foto: © A. Weber

Der Aschermittwoch

Viele Kinder geniessen die Fasnachtszeit, schminken und verkleiden sich, machen an Umzügen mit und viel­­leicht gibt es sogar irgendwo eine Kinderparty, zu der sie eingeladen sind. Während der Fasnacht dürfen wir uns freuen, dass wir leben – und das ist auch gut so!

Dann aber kommt der Aschermittwoch. An diesem Tag erinnern wir uns, dass nicht nur die Fasnacht einmal ein Ende hat, sondern auch unser Leben. Wir erinnern uns daran, dass unser Leib nach dem Tod im Grab verfallen und wie Staub und Asche wird, so wie Holz im Ofen verbrennt. Das macht vielen Menschen Angst, doch das Kreuz, das uns der Priester in der Messe vom Aschermittwoch auf die Stirn zeichnet, weist darauf hin, dass Gott uns neues Leben schenken wird und wir bei ihm glücklich sein werden. Deshalb müssen wir keine Angst haben, wenn wir eines Tages sterben. Wir werden weiterleben wie Jesus! Er, der am Kreuz gestorben, an Ostern aber auferstanden ist, hat uns versprochen, dass auch wir, wie er, zu Gott in ein ewiges Leben kommen können, wenn wir so leben, wie Gott es für gut hält.

In der Bibel ist die Asche ein Zeichen da­­für, dass es im Leben nicht immer nur fröhlich zugeht, und auch ein Zeichen für Busse. Daher kommen auch die Redens­arten «In Sack und Asche gehen» oder «Asche auf mein Haupt streuen». Damit ist ge­­meint, dass jemand sich falsch verhalten hat und seinen Fehler bereut. Die Asche soll also den Menschen an seine eigene Vergänglichkeit erinnern und symbolisiert, dass Altes vergehen muss, damit Neues entstehen kann, denn in der Asche steckt auch neues Leben. Asche ist ein gutes Düngemittel. Streut man Asche auf die Erde, dann wird dort Neues wachsen, schnel­ler und kräftiger als zuvor. So ist es zum Beispiel, wenn es in der Natur brennt. Ein Waldbrand ist etwas Schreckliches. Tiere müssen vor dem Feuer fliehen und die Flammen zerstören Pflanzen und Bäume. Manchmal sterben dabei sogar Menschen. Danach sieht alles schwarz und tot aus. Doch nach einem oder zwei Jahren wächst dort neues Leben, kräftig und grün. So ist die Asche auch für uns ein Symbol, dass aus dem Tod neues Leben kommen kann.
Man sollte das Aschenkreuz auf der Stirn nicht sofort nach der Messe abwaschen, denn mit diesem Kreuz zeigen wir öffentlich unsere Bereitschaft zu Umkehr und Busse. Gleichzeitig symbolisiert die Asche in Kreuzesform, dass für Christen Kreuz und Tod nicht das Ende bedeuten, sondern den Anfang eines ewigen Lebens bei Gott.
Paul Martone / Foto: © Poss

THEOLOGIE DER MEDAILLEN

Die Medaille des Heiligen Josef

In diesem Monat werfen wir einen Blick auf die Medaille des Heiligen Josef. Als Beschützer der Familien und Schutzpatron der Väter wird er angerufen, um Frieden und Nächstenliebe in unsere Häuser zu bringen und um dem Tod gelassener entgegenzusehen.


1. Josef wird oft als älterer Mann dargestellt, als Zeichen der Weisheit. Für die Katholiken hatte er sich bereits vor seiner Heirat Gott geweiht, während er für die Orthodoxen Witwer und Vater mehrerer Kinder gewesen sein soll, bevor er Maria heiratete. Unabhängig davon, welcher Ansatz gewählt wird, symbolisiert Josefs hohes Alter die Erfüllung der Ge–stalt der Patriarchen des Alten Testaments.

2. In seiner Hand hält er eine Lilie, deren Weiss Reinheit und deren Blüten die Hingabe an die Vorsehung symbolisieren.

3. Als Adoptivvater Jesu ist sein Blick auf das Kind gerichtet, das er liebevoll trägt, in einer Geste des Schutzes und der Aufmerksamkeit, die er den Seinen entgegenbringt. Josef verkörpert die sieben Eigenschaften eines guten Familienvaters, wie sie von Papst Franziskus beschrieben werden: Weisheit, Reife, Nähe, Geduld, Gross-mut (nach einem Misserfolg präsent sein können, wenn das Kind zurückkehrt), Standhaftigkeit und Glaube.

Pascal Ortelli / Photo : DR

Das Kreuz in der Kirche

Keine Kirche ohne mindestens ein Kreuz, denn im Kreuz ist Heil und Leben. Dieses Schandmal, an das im römischen Reich die grössten Verbrecher auf brutalste Weise zu Tode gebracht wurden, ist durch Jesu Tod am Kreuz zu einem Zeichen der Erlösung und des Sie­­ges geworden. Die ersten Christen haben dieses Symbol des Todes nicht verwendet. Für sie war das Zeichen für Christus der Fisch, der griechisch «Ichthys» heisst. Mit den einzelnen Buch­­staben dieses Wortes bezeugten sie, dass sie an «Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser» glauben. Erst die Anerkennung des Christentums als Staatsreligion durch Kaiser Konstantin im Jahr 391 gab den Christen dann wohl den Mut, den Kreuzestod nun auch öffentlich zu bekennen. Die erste Kreuzesdarstellung findet sich auf einem Elfenbeinkästchen, das um das Jahr 420 entstand.
Im Christentum wurde das Kreuz allmählich weniger als Zeichen des Todes verstanden, sondern als Siegeszeichen, das Jesus der ganzen Welt aufgedrückt hat. Und sein Zeichen ist eine universelle Liebe, die alles miteinander verbindet. In diesem Sinn hat auch schon das Johannesevangelium das Kreuz verstanden: Am Kreuz vollendet Jesus die Liebe zu den Menschen. Da siegt die Liebe Jesu über allen Hass dieser Welt. Jesus umfasst und umarmt die ganze Welt und alle Menschen mit seiner Liebe. Aus seiner Seitenwunde, die ihm der römische Hauptmann nach dem Tod zugefügt hatte, flossen Blut und Wasser. Diese führen uns zurück in den Kirchenraum, denn Wasser und Blut waren nicht nur damals Gottes Zeichen und Zeugnisse, als sie aus Jesu Seite flossen; wir haben diese Zeichen vielmehr bis zum heutigen Tag. Sie stehen für die Sakramente Taufe und Eucharistie. In der Taufe werden wir in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen und in der Eucharistie erhalten wir Kraft für unser Leben als Christen.
Das Kreuz als Siegeszeichen, denn zum ersten Mal hat der Tod einen Menschen nicht festhalten können. Christen glauben: Damit wurde die Macht des Todes grundsätzlich durchbrochen. Der Tod ist auch für uns nicht mehr endgültig. Er ist seither Durchgang zu Gott. Jesus sagt: «Wer an mich glaubt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag.» Papst Benedikt schrieb dazu: «Das Ereignis des Todes und der Auferstehung Christi ist das Herz des Christentums, der tragende Mittelpunkt unseres Glaubens, der mächtige Antrieb unserer Gewissheit, der starke Wind, der alle Angst und Unsicherheit, jeden Zweifel und jede menschliche Berechnung vertreibt». Um diesen Glauben auch in der Kirche sichtbar zu machen, soll auf dem Altar oder in seiner Nähe ein Kreuz mit dem Abbild des gekreuzigten Christus stehen. Diesen Glauben bezeugen wir auch jedes Mal, wenn wir uns in der Kirche und zu Hause bekreuzigen.
Paul Martone / Foto: DR

Den Götzen geweihtes Fleisch

Die Frage nach dem Verzehr von Fleisch, das Götzen geopfert wurde, hat für Diskussionen gesorgt.

Paulus fordert uns zur Freiheit auf, eben­­so wie zum Respekt vor den Brüdern und Schwestern, die nicht über das nötige Wissen verfügen, um konkrete Probleme zu erkennen. In der Ge­­meinde von Korinth, dem damaligen New York, war das überschüssige Fleisch, das den heidnischen Götzen («Götzen­dienern») geopfert wurde, ein Problem. Es wurde auf dem Markt verkauft, und die Christen fragten sich, ob sie es kaufen und verzehren durften, ohne mit den falschen Göttern zu paktieren.

Der Stein, der einen zu Fall bringt
Für die «Starken» war das kein Problem. Da Götzen in Wirklichkeit «nicht existieren» und die Getauften in Jesus Chris­tus die volle Freiheit erlangt haben, gibt es somit keine Schwierigkeiten, dieses «götzendienerische» Fleisch zu essen. Kein falsches äusseres Gesetz darf die innere Freiheit behindern. Für die «Schwa­chen», d. h. die Skrupulösen, die sich Sorgen machten und Angst davor hatten, auf diese Weise zu sündigen, war es hingegen besser, darauf zu verzichten, um der Reinheit willen.
Der Völkerapostel setzt den seelsorgerischen Grundsatz des «Skandals der Schwachen» durch. Es ist besser, wenn die «Starken» aus christlicher Nächsten­liebe auf die Ausübung ihrer souveränen Freiheit verzichten, als wenn sie die «Schwachen» in Gewissensnöte stürzen und sie zu Fall bringen – das ist die grie­chische Bedeutung des Wortes «skandalon», der Stein, der zu Fall bringt. 

Evangeliumsgemässe Nüchternheit
Heutzutage können wir aufgrund der vom Herrn gewährten Freiheit essen, was wir wollen. Wir unterliegen keinen Speiseverboten. Es gibt keinen Zwang, Vegetarier oder Veganer zu werden. Aber wenn wir dazu beitragen können, die Schöpfung zu bewahren und das Wohlergehen von Völkern und Bauern zu fördern, die unter dem Druck der Markt­gesetze zu Monokulturen oder Massentierhaltung gezwungen werden, wenn wir uns in einer guten Weise mit denen vereinen können, die eine glückliche, sehr evangelische Nüchternheit befürworten, dann sollten wir weniger Fleisch kaufen und fair konsumieren. Unsere Freiheit wird dadurch gestärkt!
François Xavier Amherdt / Image: DR

Fasten – wozu, wer, wie lang, was und warum?

Foto: Katoliška Cerkev Koroška

Am 5. März beginnt mit dem Ascher­mitt­woch die diesjährige Fastenzeit – für die einen eine Zeit des Verzichts, für die anderen eine Zeit der Busse und Um­­kehr. In der Kirche gibt es viele Regeln, die alle ein Ziel haben: Eine gute Vorbe­reitung auf Ostern. 

Wozu gibt es die Fastenzeit?
Die Fastenzeit dient der Vorbereitung auf die Feier des Todes und der Aufer­ste­hung Christi – also auf Ostern. Daher heisst sie auch «österliche Busszeit». Im Katechismus der katholischen Kirche heisst es dazu: «Wie schon die Auf­for­derung der Propheten zielt auch der Ruf Jesu zu Umkehr und Busse zunächst nicht auf äussere Werke, “Sack und Asche”, Fasten und Abtötungen, sondern auf die Bekehrung des Herzens, die innere Bus­se. Ohne sie bleiben Buss­werke un­­fruchtbar und unehrlich.»

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Wie lange dauert die Fastenzeit?
Das ist einfach: 40 Tage ab Ascher­mitt­woch. Dann ist Ostern. Zählt man im Ka­­lender nach, ist es aber plötzlich gar nicht mehr so einfach: Der 40. Tag ab Aschermittwoch ist Palmsonntag, also der Sonntag vor Ostern. Dann wäre die Karwoche kein Teil der Fastenzeit mehr. Zählt man die Sonntage nicht mit, landet man beim Karsamstag. Das ist schon besser. Aber dann wären die untrennbar zusammengehörenden drei österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung Christi in verschiedenen kirchlichen «Jahreszeiten».
Eine klare Definition gibt es im liturgischen Kalender: «Die Fastenzeit dauert von Aschermittwoch bis zum Beginn der Abendmahlsmesse am Donnerstag in der Karwoche», liest man in der «Grund­ordnung des Kirchenjahres» – also 44 Tage. Mehr als 40, dafür stimmt der Kir­­chenjahreszeitenübergang.
Mit der Faustregel «40 Tage ab Ascher­mittwoch» liegt man daher nicht so falsch: Die Zahl ist symbolisch viel besser als rechnerisch zu verstehen. Sie nimmt Be­­­zug auf die 40 Tage, die Jesus in der Wüste gefastet hat, die 40 Tage der Sint­­flut, die 40 Tage, die Mose auf dem Berg Sinai bei Gott war, und die 40-tägige Frist, die der Prophet Jona der Stadt Nini­­ve setzte, um sich durch Fasten und Büs­sen zu bekehren.

Gehören die Sonntage zur Fastenzeit?
Liturgisch gehören die Sonntage zur Fas­­tenzeit. Dennoch ist es üblich, die für die Fastenzeit gefassten Vorsätze am Sonntag auszusetzen, weil auch die Sonntage der Fastenzeit Feste sind.
Jeder der sechs Sonntage hat einen eige­nen Namen. Die ersten fünf werden – wie die Sonntage in der Adventszeit – nach dem ersten Wort des Eröff­nungs­­verses der Messe vom jeweiligen Sonn­tag benannt: Invocabit, Reminiscere, Oculi, Laetare und Judica. Der fünfte Fastensonntag trägt auch den Namen «Passionssonntag», der sechste Sonn­tag ist der Palmsonntag. Die Namen wer­den aber – mit Ausnahme von Laetare und Palmsonntag – eher selten verwendet. 

Welche Besonderheiten gibt es 
in der Liturgie in der Fastenzeit?

Als erstes fällt die liturgische Farbe auf: Auf das Grün des Jahreskreises folgt ab Aschermittwoch violett. Ab dann hängt in vielen Kirchen das Fastentuch vor dem Altar. In manchen Kirchen sind die Hoch­altäre so gestaltet, dass sie sich zuklappen lassen und zur Fastenzeit passende Motive zeigen. Ausserdem fällt in Got­tesdiensten das Halleluja vor dem Evan­gelium aus, das Gloria wird nur an Fes­ten und Hochfesten gesungen. Die Orgel wird nur zur Begleitung von Liedern gespielt, oft wird auch nicht mit vollem Geläut geläutet. Blumenschmuck gibt es nur am vierten Fastensonntag Laetare – das ist einer von nur zwei Tagen im Kir­­chenjahr, an denen die liturgische Far­­be rosa zum Einsatz kommt. (Weil diese Far­be so selten zum Einsatz kommt, leis­ten sich nicht alle Gemeinden rosafarbene Gewänder. Daher ist auch violett erlaubt.)
Die Feier der Heiligen fällt kleiner aus: Ge­­botene Gedenktage werden wie nicht gebotene Gedenktage begangen, höchs­­tens das zum Gedenktag gehörende Tagesgebet wird verwendet, nicht die anderen liturgischen Texte. Am fünften Fastensonntag, dem Pas­sionssonntag, werden vielerorts Kreuze und Stand­bilder mit violetten Tüchern behängt.

Welche Regeln gelten in der Fastenzeit?
Das vierte der fünf Kirchengebote lautet «Halte die von der Kirche gebotenen Fast- und Abstinenztage!» Heute stellt die Kirche relativ wenige Regeln für das Fasten auf. Zuständig dafür sind die Bischofskonferenzen; die konkreten Re­­geln sind also je nach Land unterschiedlich. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Fasten und Absti­nenz. Fasten bedeutet in der Fach­sprache die Be­­schränkung auf eine einmalige Sätti­gung am Tag, Abstinenz der Verzicht auf Fleisch­speisen. Fasten und Abstinenz sind kirchenrechtlich am Aschermitt­woch und am Karfreitag geboten.
Abstinenz ist grundsätzlich an allen Frei­tagen des Jahres geboten, nicht nur in der Fastenzeit. Die Partikularnormen der Schweizer Bischofskonferenz über die Fastenordnung von 1988 sehen dabei folgendes vor: «Während der österlichen Fasten- und Busszeit enthalten sich die Gläubigen am Aschermittwoch und am Karfreitag von Fleisch und beachten zu­­gleich das Fastengebot. Nach Möglich­keit reservieren sie an diesen Tagen zu­­dem eine bestimmte Zeit für das persön­liche Gebet, Lesen in der Heiligen Schrift oder den Besuch des Gottesdienstes. Wer aus wichtigen Gründen (z. B. krankheitsbedingt) diese Gebote nicht einhalten kann, ist eingeladen eine Ersatzform zu wählen, wie etwa Werke der Nächs­ten­liebe, z. B. Almosen, Krankenbesuche, treue Pflichterfüllung usw.Dazu kommt noch die Pflicht zum Fas­tenopfer: Christen sollen je nach ihrer wirtschaftlichen Lage einmal im Jahr, am besten zum Ende der Fastenzeit, ein «spürbares» Geldopfer für Hungernde und Notleidende geben. Die Schweizer Bischöfe laden alle Gläubigen ein, in der Gestaltung der Fastenzeit den Anliegen der Fastenaktion gebührend Rechnung zu tragen und deren Kampagne aktiv zu unterstützen.
Wichtig ist, dass man die Fastenzeit be­­wusst gestalten soll. Der Katalog der Mög­lichkeiten für das Freitagsopfer zeigt Möglichkeiten auf, wie das geht. Im Ka­­techismus heisst es zu den Buss­zeiten: «Diese Zeiten eignen sich ganz besonders zu Exerzitien, Bussliturgien und Buss­wallfahrten, zu freiwilligen Ver­­zich­ten etwa durch Fasten und Almo­sen­geben, und zum Teilen mit den Mit­men­schen (karitative und missionarische Werke).»

Der Hochaltar in der Kathedrale Sitten ist ein Flügelaltar (auch «Tryptichon» genannt), den man während der Fas­tenzeit schliessen kann.

Wer muss fasten?
Auch hier gibt es wieder eine klare kirchenrechtliche Vorgabe: Das Abstinenz­gebot verpflichtet alle Katholiken ab 14 Jahren, das Fastengebot alle Katholiken ab dem erfüllten 18. Lebensjahr bis zum Beginn des 60. Lebensjahres.
Die kirchenrechtlichen Regelungen sind aber nur ein Rahmen, der Menschen schüt­­zen soll. Beim Fasten geht es nicht darum, Regeln zu erfüllen, sondern sich gut auf Ostern vorzubereiten. Deshalb ist es auch sinnvoll, mit jüngeren Kin­dern je nach Alter zu überlegen, wie man die Fastenzeit gut gestaltet, und auch Über-60-Jährige dürfen an Aschermittwoch und Karfreitag das Fastengebot halten, wenn sie es können. Im Gegenzug ist nie­­­mand an die Gebote gebunden, wenn sie schaden würden, etwa aus gesundheitlichen Gründen.

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Gibt es Ausnahmen?
Liturgisch ist es so, dass kirchliche Fes­te und Hochfeste Vorrang vor den Wo­­chentagen haben, also auch vor dem Frei­tag. Das bedeutet unter anderem, dass dann nicht die liturgische Farbe der Kirchenjahreszeit (also etwa violett für die Fastenzeit), sondern die zum Fest gehörende (also etwa rot für Mär­tyrerfeste) getragen wird.
Ausnahmen vom Freitagsgebot gibt es nur an Hochfesten. Bischöfe haben die Mög­lichkeit, vom Freitagsgebot zu dispensieren. Das machen sie vor allem dort häufig, wo populäre Heiligenfeste oder kulturelle Feste in die Fastenzeit fallen, wie beispielsweise das Hochfest des heiligen Josef, am 19. März. An diesem Tag entfällt das Abstinenzgebot. Auch wenn das keine liturgische oder kir­chenrechtliche Regel ist: den eigenen Namenstag kann man wohl auch guten Gewissens als Eigenhochfest feiern. Tra­­ditionell gibt es noch weitere Aus­­nahmen, die aber heute nicht rechtlich festgelegt sind, beispielsweise eine Aus­nahme vom Fasten für Reisende. Auch hier gilt wieder: Es geht nicht darum, Regeln zu erfüllen, sondern sich gut auf Ostern vorzubereiten.

Was kommt nach der Fastenzeit?
Liturgisch endet die Fastenzeit mit Grün­­donnerstag, wer Fastenvorsätze gefasst hat, hält sie in der Regel bis Oster­sonn­tag. Mit Gründonnerstag beginnt das Tridu­um, die drei heiligen Tage. Mit dem Ostersonntag beginnt die Osteroktav, eine Woche bis zum nächsten Sonntag, dem Weissen Sonntag, in der jeder Tag wie ein Hochfest gefeiert wird.
Von Felix Neumann, ergänzt von Paul Martone

 

Für Eltern von Kleinkindern

Die Eltern als Katecheten ihrer Kinder

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Meine Mitschülerin darf nicht zur Erstkommunion

Es ist immer wahrscheinlicher, dass ein Kind in seiner Schule oder bei seinen Kameraden auf Buben und Mäd­­chen trifft, die eine andere Religion als sie selbst haben. Wie können die Eltern auf die Fragen ihrer Kinder antworten? Warum trägt meine Mitschülerin Nadira einen Schleier? Warum gehen sie am Freitag in ihr Gotteshaus und nicht am Sonntag wie die Christen? Warum isst mein Mitschüler David kein Schweinefleisch? Warum dürfen meine protestantischen Mitschüler keine Erstkommunion feiern? Die Liste der Fragen liesse sich beliebig verlängern.

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Als Eltern ist es wichtig, auch auf diese Fragen ihrer Kinder zu antworten. Das setzt aber voraus, dass die Eltern sich bereits Wissen über die anderen Religionen und Gemeinschaften angeeignet haben, denn Unwissenheit und erst recht Halbwissen bringen nur noch mehr Abneigung und Misstrauen hervor. Wichtig ist im Gespräch mit Menschen anderer Religionen und Konfessionen sicher einmal eine grundsätzliche Wertschätzung. Dieses Wort sagt, dass jeder Mensch, egal welcher Glau­bens­überzeugung er anhängt, wertvoll ist und ich ihn schätze. Basis dafür ist der Res­pekt, den ich meinem Gegenüber entgegenbringe und die Toleranz gegenüber Über­­zeugungen und Praktiken. Auch wenn ich nicht alles verstehe oder auch nicht gutheissen kann, nimmt die Wertschätzung den Gesprächspartner bedingungslos an. Diese Wertschätzung kann entstehen und wachsen, wenn ich etwas an meinem Ge­­genüber suche, das ich vielleicht ein bisschen bewundere, oder etwas, das mich in seinen religiösen Überzeugungen oder in der Art des Denkens und Argumentierens beeindruckt und ich daher wertschätzen kann. Jeder von uns merkt, wie gut es tut, wenn uns jemand Wertschätzung entgegenbringt. Diese bildet Vertrauen und eine Ausgangsbasis für hilfreiche Gespräche, die helfen können, Missverständnisse auszuräumen. Je mehr alle übereinander wissen, desto leichter und schöner kann das Zusammenleben werden. Dafür braucht niemand so zu tun, als ob jede Religion und Konfession gleich sei. Wir dürfen bleibende Gründe der Trennung wahrnehmen, aber auch sehen, dass man dennoch zusammenarbeiten kann – im gemeinsamen Streben nach Ge­­rech­tigkeit in der Welt, in der Hilfe für Men­­schen in Not, in der Ar­­beit für den Frieden und der Bewahrung der Schöpfung. Die Einheit unter den Kir­­chen und Religionen besteht noch nicht. Da hinken wir dem Wunsch von Jesus, dass alle eins sein sollen, noch weit hinterher. Es bleibt ein langer Weg zur Einheit, aber alle können dazu beitragen, dass zumindest die Christen untereinander nicht uneins sind. Das ist vermutlich der wichtigste Aufruf der Ökumene: Lernt euch kennen!
Paul Martone

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THEOLOGIE DER MEDAILLEN

Die Medaille des Heiligen Antonius

Diesen Monat steht die Medaille des Heiligen Antonius von Padua im Mittelpunkt. Dieser «Wundertäter», der angerufen wird, wenn man einen Gegen­stand verliert oder eine Sache aussichtslos erscheint, ist ein guter Führer im täglichen Leben, weshalb seine Medaille gerne zur Taufe geschenkt wird.

1. Antonius (geboren um 1195 in Lissabon, gestorben 1231 in Padua) trägt das Ordenskleid der Franziskaner, der an dem als Gürtel dienenden Strick zu erkennen ist. Er verfügt über eine solide theologische Ausbildung und ist ein hervorragender Prediger. 

2. Wohlwollend trägt er das Jesuskind in seinen Armen, als würde er über das Kind wa-chen.

3. Die Lilie, die ihn begleitet, ist ein Symbol für Reinheit und des Kampfes gegen den Teufel. In einer Pfarrei Österreichs, legte man an seinem Festtag, am 13. Juni 1630 eine Lilie in die Hand der Statue des Heiligen. Die Blume behielt das ganze Jahr über ihren Duft, weshalb Papst Leo XIII., der ihn gerne «der Heilige der gan-zen Welt» nannte, eine besondere Segnung der Lilien des Heiligen Antonius einführte.

4. Auf dem Tisch liegt sein Psal-ter, den ein Novize, der das Ordensleben verlassen wollte, stahl. Auf Antonius‘ Gebete hin tat er Busse, gab ihn ihm zurück und trat wieder in den Orden ein. Daraufhin wurde eine Hymne verfasst: 
«Wenn du nach Wundern suchst, sag, dass der heilige Antonius denjenigen, die ihn darum bitten, die verlorenen Glieder und Kräfte zurückgibt», auf Lateinisch: «membra viresque perditas». Im Laufe der Zeit verschwand die erste Silbe von vires aus den Manuskripten und wur-de durch res ersetzt. Aus den Kräften (vires) wurden die Dinge (res), weshalb er auch heute noch angerufen wird, wenn man einen Gegenstand verloren hat.

Pascal Ortelli / Photo : DR

Der Ambo – Ort der Verkündigung des Wortes des lebendigen Gottes

Ambo in der Pfarrkirche von Brig

Gott ernährt seine Kirche mit zwei Spei­sen: mit dem Wort und mit dem Brot. Bei jeder Messe werden denn auch zwei Tische für die Gläubigen gedeckt: der Tisch des Brotes (Altar) und der Tisch des Wortes, der Ambo genannt wird.  Das Zweite Vatikanische Konzil sagt, dass die Kirche «vom Tisch des Wortes Gottes wie des Leibes Christi ohne Un­­terlass das Brot des Lebens nimmt und den Gläubigen reicht» (Dei Verbum 21). Brot des Lebens empfangen die Gläu­­bigen vom Leib Christi in der Kommunion, aber auch vom Tisch des Wortes. Sie bilden in der Liturgie eine Ein­­­heit. Die neu erkannte Be­­deu­tung des Wortes Got­­tes hat sich auch in den Kirchen­räumen niedergeschlagen und zur Errichtung von Pulten geführt, von denen aus das Wort Gottes verkündet wird. 

Dieses Pult wird Ambo genannt (das grie­­chische Wort anabainein, von dem Ambo abgeleitet ist, heisst hinaufsteigen), feststehend, würdig und gut be­­leuchtet. Da­­durch sollen die Gläubigen erkennen, dass hier nicht einfach ein ge­­­­wöhnliches Wort zu hö­­­ren ist oder aus einem Ro­-man vorgelesen wird, sondern eine alles entscheidende Botschaft, die gute Botschaft von Gottes gros­sen Taten. Das ist eine Frohe Bot­schaft, das ist ein Evangelium. Es ist ein Wort, dem ich mich stellen muss, das mich fordert, auch richtet, aber zu­­letzt rettet, wenn ich mich ihm öffne. Dann aber ist es le­­ben­dige Wahr­­heit, die nährt, denn Gott hat uns Sein Wort gegeben, da­­mit es Nah­­rung für uns ist. Indem wir das Wort Gottes essen, können wir geistlich ge­­­­­nährt und in unserem christ­lichen Le­­­ben gestärkt werden. Durch das Hö­­ren und Lesen der Wor­te aus der Hei­­­­ligen Schrift nehmen wir Jesus Chris­­­tus in uns auf, der das Wort ist, durch das er Fleisch angenommen hat.

«Der Ambo ist also keineswegs nur ein Lesepult mit Mikrofon, sondern an ihm muss auch sichtbar werden, dass das, was da gesprochen und verkündet wird, ein besonderes Wort ist: Gottes Wort. Ausgestaltung, Schmuck und Haltung der Vortragenden müssen dies zum Aus­druck bringen. Nichts anderes hat hier seinen Platz als die Lesungen aus der Heiligen Schrift einschliesslich dem Antwortpsalm und der Predigt. Ja, auch die Predigt, die ja im Gottesdienst eine Homilie sein soll – Auslegung der Hei­­ligen Schrift, ist so sehr aus ihr gespeist, dass auch ihr die Würde dieses Ortes gebührt» (Herder Verlag, Liturgisches Lexikon). Eröffnungsworte, Auskündigungen, aber auch Gebete und Medita­tionen sollen an anderen Orten geschehen. «Mit dem Ambo ist es wie mit dem Altar: Alles, was dort nicht hingehört, verringert sei­ne Würde als Ort eines heiligen Gesche­hens».       Paul Martone / Fotos: Sr Catherine

Interreligiöse Ehen im Alten Testament

Es stimmt, dass das Alte Testament eher Eheschliessungen innerhalb des jüdischen Volkes empfiehlt. So heiratet Ruth Boas in einem fremden Land aus demselben Clan wie ihre Schwiegereltern Elimelech und Noomi; Tobias nimmt Sara, die Tochter des Raguël, eine nach Medien verbannte Jüdin, zur Frau und tut dies trotz des frühen Ablebens der ersten aufeinanderfolgenden Ehemänner seiner Frau in vollem Vertrauen, weil er weiss, dass er sich auf den Gott Israels stützen kann; in fortgeschrittenem Alter lässt Abraham seinen ältesten Diener schwören, seinen Sohn Isaak davon ab­­zuhalten, sich mit einer kanaanäischen Frau zu vermählen, und ihm eine Frau aus seiner Verwandtschaft zu su­­chen: es wird Rebekka sein. (Genesis 24) Weitere Beispiele liessen sich auflisten! 
Und doch gibt es viele Ehen mit Aus­­­ländern aus anderen religiösen Tradi­tio­nen, als ob die Bibel ihre eigenen Regeln brechen und damit relativieren würde. Ausserdem sind die Personen, die eine solche Verbindung «eingehen», keine Ne­­­­benfiguren, sondern gehören zu den wichtigsten Schutzfiguren des jüdischen Glaubens.
Zwei Beispiele: Zunächst der Patriarch Josef, Jakobs Lieblingssohn, den seine Brüder beseitigen wollen und der schliess­lich nach Ägypten verkauft wird, wo er Karriere macht, zum Vorbild des treuen Verwalters wird und Asnath heiratet, die Tochter von Potifera, einem ägyptischen Priester des On – eines Sonnenkults. Das hindert ihn jedoch nicht daran, Christus erahnen zu lassen. Ganz im Gegenteil: er öffnet sich ständig dem Willen Gottes und vergibt seinen Peinigern (Genesis 37– 50).
Was Moses, den grössten Propheten der Heilsgeschichte, betrifft, so nimmt er Zippora, die Tochter Jitros, des Priesters von Midian, zur Frau. Und dort, im Her­zen seines Exils, begegnet er Gott im brennenden Dornbusch und empfängt die Offenbarung des Namens jenseits aller Namen: «Ich bin, der ich sein wer­de.» (Exodus 2-3)
Das Mindeste, was man sagen kann, ist, dass interreligiöse Ehen die grossen biblischen Zeugen nicht daran hindern, ihre Mission zu erfüllen. Im Gegenteil, sie er­­halten durch die fremde Kultur eine echte Horizonterweiterung und verkünden so den Gott des ganzen Universums, vorausgesetzt, sie bleiben ihm treu.
François Xavier Amherdt / Image: DR

Die Anglikanische Kirche

Am 12. November 2024 wurde bekannt, dass das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, Erzbischof Justin Welby (68) vom Amt des Erzbischofs von Canter­bury zurücktrete. 
Mit diesem Rücktritt und auch 2022 mit den Feierlichkeiten der Beerdigung von Queen Elisabeth II. und 2023 durch die Krönung von Charles III. rückte eine Kir­­che in den Fokus des Interesses, die in der Schweiz nicht sehr bekannt ist: Die Anglikanische Kirche.

Ein Blick in die Geschichtsbücher
Die Anglikanische Kirche hat eine reiche Geschichte. Sie entstand im 16. Jahr­hun­­­dert nach dem Bruch von König Hein­­­-rich VIII. und dem Papst. Der König sagte sich von der rö­­misch-katholischen Kir­­che los, um seine Schei­­­dung von Ka­­tharina von Aragon zu erreichen, damit er Anne Boleyn heiraten und mit ihr Nach­­kommen zeugen kann. Er selbst wurde Oberhaupt der neu gegründeten Kirche, die er nach seiner eigenen In­­terpretation der Bibel gestaltete. Die heutige Form der Ang­likanischen Kirche ist geprägt von einer Vielzahl von Ge­­mein­schaften, die sich innerhalb der Kirche gebildet haben, z. B. die High Church (stark katholisch ge­­prägt), Low Church (eher evangelisch geprägt) und Broad Church). Welt­weit zählt die anglikanische Kirche nach unterschiedlichen Angaben zwischen 77 und 85 Millionen Mitglieder in rund 500 Diöze­sen. Die Bi­­schöfe werden auf Vor­schlag des Pre­mierministers vom britischen Mo­­narchen ernannt. 
In der Schweiz existieren heute neun ständig betreute Gemeinden (permanent chaplaincies) in Basel, Zürich, Bern, Genf, Lausanne, Vevey, Montreux, La Côte (Gingins) und Lugano einen Swiss Arch­deaconry genannten Sprengel der Diö­zese Europa mit Sitz in Gibraltar, die 1980 als eigenständiges Bistum der Kir­che von England errichtet wurde.

Der ökumenische Rat der Kirchen
ÖRK-Mitgliedskirchen finden sich in allen Regionen der Welt. Auch die anglikanische Kirche gehört dazu.

Der Oberste Gouverneur der Kirche von England (englisch: Supreme Go­­ver­nor of the Church of England) ist das nominelle Oberhaupt der Church of England (Kirche von Eng­land). Das Amt wird vom britischen Mo­­­­narchen bekleidet.Auch wenn die Autorität des Mo­­narchen über die Church of England weitestgehend ze­­remoniell ist, so ist die Po­­­­­sition noch immer von grosser Bedeutung für die Kirche und wird meistens symbolisch wahrgenommen. Als Oberster Gouverneur der Church of England ernennt der Monarch formell hochrangige Kirchenvertreter, aufgrund der Vor­­schlä­­ge des Premierministers, welcher wiederum von Kirchenoberen beraten wird. (Wikipedia)

Logo der Church of England

Kathedrale von Canterbury, Sitz des anglikanischen Primas. Foto: © by_tokamuwi_pixelio.de

Gemeinsamkeiten und grosse Unter­­­schiede

1. Bibelverständnis
Die wichtigste Glaubensquelle ist für alle Christen die Bibel. Diese wird in der an­­glikanischen und in der römisch-ka­tho­lischen Kirche durch zwei «Brillen» gelesen, die Brille der Tradition – was die Kir­­chenväter und Kirchenmütter bereits aufgeschrieben haben, die altkirchlichen Glaubensbekenntnisse – und auch durch die Brille der Vernunft. Die anglikanische Gemeinschaft lehrt, dass neben der Hei­ligen Schrift zugleich die römisch-katholische Tradition für Christen bindend ist.

2. Kirchenverständnis
Die Anglikaner sehen sich als Teil der einen, heiligen, katholischen (allumfassenden), apostolischen Kirche. Sie be­­trachten jedoch – ebenso wie die evan­­gelischen Kirchen – alle Kirchen als gleich­berechtigt und gleichwertig.
Ganz anders die katholische Kirche: Sie versteht sich als alleinige wahre Kirche, die «die Fülle der Heilsmittel besitzt». Die katholische Kirche hält jedoch fest, dass auch ausserhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche bedeutende Elemente oder Güter, aus denen insgesamt die Kirche erbaut wird, existieren können: das geschriebene Wort Gottes, das Leben der Gnade, Glaube, Hoffnung und Liebe und andere innere Gaben des Heiligen Geistes und sichtbare Elemente.

3. Papstamt
Katholiken sehen im jeweiligen Papst den Nachfolger des Apostels Petrus – und somit das von Jesus Christus be­­stimmte Oberhaupt ihrer Kirche und den Granat der Einheit. 
Eine solche zentralisierte weltweite Struk­­­­tur der Autorität kennt die Angli­ka­nische Gemeinschaft nicht. Jedes Land, jede Provinz hat einen Bischof als Kir­chen­oberhaupt, dem die tägliche Lei­tung obliegt. Ihnen ist jedoch ein Be­­ratungs- und Entscheidungsgremium aus Pries­tern und Laien zur Seite ge­­stellt. 

Der Erzbischof von Canterbury als der oberste geistliche Leiter der Kirche be­­sitzt kein Weisungsrecht gegenüber den anderen Kirchen der Anglikanischen Ge­­meinschaft. Er beruft jedoch wichtige Kon­­ferenzen der Bischöfe aller anglikanischen Kirchen ein.

4. Amtsverständnis
Die apostolische Sukzession oder apostolische Nachfolge hat eine generelle Bedeutung für das geistliche Amt in der katholischen Kirche. Mit dem Weihe­sakrament erhalten Bischöfe, Priester und Diakone für immer eine besondere Prä­gung Gottes für ihren Dienst. Diese Wei­he kanne in der römisch-katholischen Kir­­­che nur Männern gespendet werden.
Auch die Anglikanische Gemeinschaft hat diese Weihekette. Sie wird von der römisch-katholischen Kirche jedoch nicht anerkannt. Die kirchlichen Ämter (Dia­kon, Priester, Bischof) sind in den meisten anglikanischen Kirchen für Männer und Frauen offen. 

5. Eucharistie oder Abendmahl
Ganz eng beieinander sind Anglikaner und Katholiken mit Blick auf die Eucharistie. 
In beiden Kirchen darf der Eucharistie nur ein geweihter Priester bzw. Priesterin vorstehen. Nur er/sie kann im Namen Jesu Brot und Wein verwandeln in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Während in der katholischen Kirche Nicht-Katholiken nicht zur Eucharistie zugelassen sind, dürfen in anglikanischen Got­tesdiensten alle getauften Christen da­­ran teilnehmen. 

6. Sakramente
In der römisch-katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente: Tau­fe, Eucha­ris­tie, Firmung, Beichte, Ehe, Priester­weihe und Krankensalbung.
Bei den Anglikanern existieren zwei Sak­ramente und fünf sakrale Handlungen. Taufe und Eucharistie sind von Christus selbst eingesetzt worden. Die fünf anderen sind zwar besondere, aber spezielle Handlungen, die vielleicht nicht jeder in Anspruch nehmen möchte.

7. Persönliche Lebensführung
Die Ehe ist sowohl in der katholischen als auch in der anglikanischen Kirche ein Bund zwischen einem Mann und einer Frau. Nach katholischem Verständnis wird dieser Bund vor Gott geschlossen und dauert bis zum Tod. Deshalb kennt die katholische Kirche keine Eheschei­dung, sondern nur eine Annulation der Ehe, d. h. eine Ehe wird aus rechtlichen Gründen als ungültig erklärt. Eine Ehe­schliessung zwischen zwei Menschen desselben Geschlechts ist nicht möglich, seit 2023 können Priester gleichgeschlechtliche Paare jedoch segnen.
Seit 2002 ist es in der Anglikanischen Kir­­che möglich, nach geschiedener Ehe wieder kirchlich zu heiraten, falls die neue Beziehung nicht zum Zusammenbruch der ersten Ehe beigetragen hat. Seit 2023 können in Gottesdiensten der Church of England homosexuelle Paare gesegnet werden.

Die Anglikanische Gemeinschaft befindet sich nicht nur in England. Heute bilden neun ständig betreute Gemeinden (permanent chaplaincies) in Basel, Zürich, Bern, Genf, Lau­­­sanne, Vevey, Montreux, La Côte (Gringins) und Lugano einen Swiss Arch­deaconry genannten Sprengel der Diözese Europa mit Sitz in Gibraltar, die 1980 als eigenständiges Bistum der Kirche von England errichtet wurde.

8. Marien- und Heiligenverehrung
Die römisch-katholische Kirche verehrt Maria, die Mutter Jesu, als «Him­mels­königin» Muttergottes und Mutter der Kirche. Eine Marienverehrung gibt es auch in der Anglikanischen Kirche, be­­sonders in der High Church. Anglikaner sehen Maria als Beispiel der Heiligkeit, des Glaubens und des Gehorsams und daher als Vorbild für alle Christen. Die Dogmen von der Unbefleckten Empfäng­nis und der leibhaftigen Aufnahme Ma­­riens in den Himmel sind für Anglikaner nicht bindend. Bei der Hei­li­­genverehrung in der katholischen Kirche wer­­den verstorbene Glau­­bens­­­vor­bilder, die von der Kirche hei­lig­gesprochen wur­­den, gebeten, bei Gott Fürsprache für den Gläubigen zu halten. In der anglikanischen Kirche wer­­den die Heiligen verehrt für das, was sie getan haben, doch werden sie nicht als Mittler be­­­­trachtet, sondern als Vor­bilder.

zum Beispiel: Thomas Morus

9. Zölibat
In der katholischen Kirche ist der Zölibat für Priester und Ordensleute als Zeichen der ungeteilten Nachfolge Christi verpflichtend. 
Diese Verpflichtung zum priesterlichen Zö­­libat gibt es in der Anglikanischen Kir­che nicht: Priester können heiraten und eine Familie gründen. Priester, die anglikanischen Orden angehören, leben je­­doch zölibatär.

10. Ökumene
Geschichtlich bedingt war das Verhältnis zwischen beiden Kirchen lange sehr angespannt. Die Katholiken verloren alle ihre staatlichen Rechte, und die Gleich­berechtigung von Katholiken wurde erst im 19. Jahrhundert durchgesetzt. 2015 wurde ein Gesetz von 1701 angepasst, das jeden von der britischen Thronfolge ausschloss, der «die päpstliche Religion bekennt oder einen Papisten heiratet». Seit fünf Jahren dürfen englische Kö­­ni­ginnen und Könige einen Katholiken oder eine Katholikin heiraten – sie selbst müssen jedoch weiterhin Anglikaner sein.
Heute liegt die Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Anglikanern beiden Kirchen am Herzen. Zwischenzeitlich gehegte Hoffnungen auf eine Wieder­ver­einigung beider Kirchen wurden jedoch in den letzten Jahren durch Entscheide der Anglikanischen Kirche gedämpft, wie die Zulassung von Frauen zur Priester- und Bischofsweihe und auch die Mög­lichkeit der zweiten Eheschliessung nach einer Scheidung. «Der Herr ruft jeden von uns auf, ein Baumeister der Einheit zu sein, und auch wenn wir noch nicht eins sind, darf uns unsere unvollkommene Gemein­schaft nicht daran hindern, gemeinsam zu gehen», so Papst Franziskus.
Paul Martone

 

Die Sprache der sakralen Kunst

Die sakrale Kunst ist auch in der Schweiz reich an Epochen und Stilen. Heute erzählt sie uns von dem, was in den Herzen unserer Vorfahren lebte. 

Die Flucht nach Ägypten (um 1150), Kapitell  in Saint-Andoche, Saulieu, Frankreic. Foto Poss 

In der romanischen Epoche (11./12. Jh.) führt die Neuorganisation des religiösen Lebens zu einer Erneuerung des Bau­we­sens. Man baute, um die Präsenz des Papstes oder von religiösen Orden wie Cluny, die eine aussergewöhnliche Aus­strahlung hatten, sichtbar zu machen. Raoul Glaber, ein Benediktinermönch (ca. 985 –1047), schrieb dazu: «Im ganzen Universum … werden Kirchen neu gebaut … es schien, als ob die Erde, sich schüttelnd, ihre alten Kleider ab­­streifte und hier und dort einen weissen Mantel aus Kirchen anlegte.»
Die Gebäude sind nun «geostet», d. h. der Chor mit dem Altar befindet sich im Osten. Beim Betreten verlässt der Gläu­bige den Westen, die Seite der untergehenden Sonne, die den Tod symbolisiert, und schreitet zur Seite der aufgehenden Sonne, die die Auferstehung sym­bolisiert.

Die romanische Abteikirche von Payern.
Foto A. Salina

Die Spur der Jahrhunderte
In der französischsprachigen Schweiz gibt es keine rein romanischen Kirchen mehr. Die Jahrhunderte haben ihre Spuren hinterlassen.
Die Abteikirche von Romainmôtier, die Kirche von Saint-Pierre-de-Clages oder der Tempel von Saint-Sulpice zeugen von dem, was uns hauptsächlich aus die­­ser Zeit erhalten geblieben ist: eine Form von Gelassenheit und Nüchtern­heit.
Ab dem 13. Jahrhundert wird die Kirche monumental. Die Ausrichtung nach oben ist ein Bild für den Wunsch, sich zu Gott zu erheben. Es ist eine Zeit der Erneue­rung, die Wohlstand, Innovation und Lei­denschaftlichkeit miteinander verbindet. Die romanische Kunst wird allmählich durch einen neuen Stil aus Nord­frankreich ersetzt. Es beginnt die Zeit der Gotik.
Das Thema des Jüngsten Gerichts ist zwar sehr präsent, aber es ist nicht das Böse, das dominiert. Die Angst wird von der Hoffnung auf Erlösung begleitet. Wenn man die Werke betrachtet, nimmt das Paradies oft mehr Raum ein als die Hölle. Die Anwesenheit von betenden Hei­ligen zeigt Vertrauen auf ihre Für­sprache.

Die Kathedrale von Sitten. Foto P. Martone

Symbolische Sprache
Es wurde zwar viel darüber gesprochen, dass Kunst notwendig sei, weil das Volk nicht lesen konnte, doch das bedeutet nicht, dass es ungebildet war. Ganz im Gegenteil: Es verstand eine symbolische Sprache, die uns heute manchmal entgeht.
Die Kunst der Glasmalerei erlebte ihre Blü­­tezeit. Suger, der Abt von Saint-Denis, spricht vom «Geheimnis des Lichts als göttlicher Offenbarung».
Die Wände waren nicht so nüchtern, wie sie es heute sind. Das Seitenportal der Kathedrale von Lausanne bewahrt einige Spuren der Malereien, die damals die Skulpturen bedeckten. Die Makkabäer­kapelle in der Kathedrale von Genf vermittelt uns eine (wenn auch unvollkommene) Vorstellung davon, wie die Kir­chen ausgesehen haben könnten.

Triumphierender Katholizismus
Nach den Erschütterungen der Refor­ma­tion im 16. Jahrhundert versuchte das Kon­zil von Trient, auf die damals als «pro­­­testantische Bedrohung» wahrgenommene Situation zu reagieren. Die Kunst spielte dabei eine wichtige Rolle und wur­­de eingesetzt, um die zögernden Gläu­­­bigen zurückzugewinnen.Angesichts der reformierten Strenge wur­­den führende Künstler herangezogen,
um die Schönheit des Glaubens zu zeigen. Der Katholizismus wird dargestellt als eine triumphierende Religion, die die Herrlichkeit Gottes feiert.
In der Stadt Freiburg sind unter anderem das Altarbild der Augustinerkirche, oder im Oberwallis die Pfarrkirche von Reckin­gen Kostproben des Barockstils. Die schönsten Zeugnisse dieser Epoche finden sich jenseits der Saane, wie die Klosterkirche von Einsiedeln oder die Jesuitenkirche in Luzern.

Wer kennt sie nicht, die barocke Klosterkirche 
von Einsiedeln. Foto Sr Catherine.

Ein Weg zu Gott
Erst im 19. Jahrhundert tauchte der Be­­griff der Erhaltung der Kulturgüter auf. Damals wurde man sich dessen Reich­tums bewusst. Es geht nicht mehr um Innovation, sondern um Klassifizierung und Erhaltung. Eugène Viollet-le-Duc meinte: «Ein Gebäude zu restaurieren bedeutet nicht, es zu erhalten, zu reparieren oder wieder aufzubauen, sondern es in einen vollständigen Zustand zu versetzen, der zu einer bestimmten Zeit vielleicht nie bestanden hat.» Während in der Barockzeit die grössten Namen herangezogen wurden, wird vom Künst­ler nun verlangt, sich selbst zurückzunehmen. Das Werk sollte zu Gott führen.
Der neugotische Stil ist vorherrschend. Das Mittelalter wird als Beispiel für das vollkommene Christentum herangezogen. Die Basilika in Genf ist ein Beispiel für die Architektur der damaligen Zeit. 
Alexandre Cingria veröffentlicht 1917 La décadence de l’art sacré (Der Verfall der sakralen Kunst). Er prangert eine Kunst an, die einen gleichgültig lässt und somit ihre Aufgabe verfehlt. Der Künstler ist nämlich davon überzeugt, dass die Kunst zu Gott führen kann, der die Quelle der Schönheit ist. Der Mensch ist nicht reine Intelligenz. «Es ist unmöglich, als Mensch im reinen Geist zu urteilen, zu lieben, zu beten und anzubeten, so idealistisch man auch sein mag. Alle Be­­ziehungen des Menschen zu Gott gehen immer von den Sinnen aus.»
Unter den vielen Kritikpunkten, die Cin­gria anführt, findet sich auch der folgende: «Und wegen dieser Scheidung zwischen der Kunst und der religiösen Kunst (Art sacré) werden religiöse Geis­ter zu Feinden der Schönheit. Die Schön­heit, wenn sie sich ihren Augen in der modernen Kunst offenbart, stellt für sie die Sünde dar.» Es stimmt, dass es viele Widerstände gibt. Aber, der Domini­kanerpater Marie-Alain Couturier hat Recht, wenn er schreibt: «Es ist besser, sich an geniale Männer ohne Glauben zu wenden als an Gläubige ohne Talent […] Jede wahre Kunst ist heilig».

Die Zeit der Kontemplation
Wie sieht es heute aus? Das 2. Vati­ka­nische Konzil (1962–1965) sagte: «Freu­de und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. 
Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus ge­­eint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilger­schaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist.» Sind die Kirchengebäude noch immer der Ort der Freuden und Hoffnun­gen, der Trauer und Angst der Menschen der heutigen Zeit? Spricht die Sprache der sakralen Kunst zu uns auch heute noch? 
Sicher ist, dass die Kunst auch heute noch spricht, die Schönheit hat ihre An­­zie­hungs­kraft nicht verloren. Sie zu verstehen braucht vielleicht eine Einführung, oder ein­­fach nur Zeit, um sie zu betrachten.
Amandine Beffa

Ringackerkapelle. Foto P. Martone

Prunk statt Einfachheit
Viele Menschen heute haben Mühe mit prunkvollen Kirchen, die oft eher der Verherrlichung der Stifter und Erbauer dienen, statt der Verherrli­chung Gottes.
Gott, der als Kind in einem Stall geboren wurde, werde in einem goldenen Käfig eingesperrt, um ihn von den Menschen, die ihn su­­chen, zu trennen. Deshalb soll man keine prunk­vollen Kirchen bauen. Mit diesem Geld könne man vielen Armen und Notleidenden helfen. Diese Frage hatten schon die Apostel damals bei der Sal­bung Jesu in Betha­nien auf den Lippen
Es geht bei allem nicht darum, den Reich­tum der Kirche zu zeigen, sondern es geht um die Anbetung Gottes. Für Christus ist nichts kostbar genug. Nicht der Mensch steht im Mittelpunkt, sondern das Haus, das dem lebendigen Gott geweiht ist. So haben es die Bau­meister und Künstler gesehen, die prunk­volle Kirchen errichtet und ausgestattet haben. Kirchen, kostbare Kelche und Messgewänder waren und sind Zeichen der Verehrung – und damit auch des Gottesdienstes im ganz sprichwörtlichen Sinne. Sie selbst stellen nicht den zentralen Wert dar, sondern verweisen auf die noch wertvolleren Gaben von Brot und Wein. Es ist wohl eine ganz natürliche Regung, dass man Dinge, die für jemanden wertvoll sind, auch rein äus­serlich wertvoll ausgestaltet. Martin Luther und dann vor allem Jean Calvin in Genf und Ulrich Zwingli in Zürich ha­­ben das anders gesehen:  «Dem katholischen Prunk und der Augenlust haben die Pro­tes­tan­ten das Ohr als Medium für Gottes Wort entgegengesetzt. Die Pre­­digt und der Gesang bestimmen die Li­­turgie, und die Kanzel rückt architektonisch in den Mit­­telpunkt» (Johann Hein­rich Claussen).
Die Kirche hat aber neben der Verschö­nerung der Kirchenbauten nicht die Men­schen vergessen, die arm sind. Die Kir­che als Gemeinschaft der Glaubenden führt seit­­ jeher zahlreiche Hilfswerke, Schu­len und Spitäler, die den Armen zugutekommen. – Auch hier gilt, dass man das eine tun soll, ohne das andere zu lassen.

Paul Martone

 

THEOLOGIE DER MEDAILLEN

Die Medaille des Hl. Benedikt

«Die Volksfrömmigkeit ist ein Schatz für die Kirche», sagt Papst Franziskus. Das Pfarrblatt entschlüsselt dieses Jahr, was sich hinter den wichtigsten Medaillen, die wir tragen, verbirgt. Werfen wir einen Blick auf die Medaille des heiligen Benedikt, die aus dem Mittelalter stammt und verwendet wird, um sich vor den Nachstellungen von Dämonen zu schützen».

1. Benedikt, Vater des Mönchtums, dar­­gestellt mit dem Kreuz und dem Buch, das die Benediktinerregel enthält.
2. Zu seinen Füssen: ein vergifteter Kelch, der zerbrach, als er ein Kreuzzeichen machte (2a), und ein Rabe mit einem vergifteten Laib Brot, den die Mönche ihm geben wollten, um ihn zu töten (2b).
3. Am Rand die lateinische Inschrift: «Mö­gen wir in unserem Tod durch seine Ge­genwart ge­­­stärkt werden».
4. Im Hintergrund: «Vom heiligen Monte Cassino aus, 1880».

5. Die Buchstaben, die das Kreuz um­­ge­­ben: «Das Kreuz des heiligen Vaters Benedikt».
6. Crux Sacra Sit Mihi Lux: «Das heilige Kreuz sei mein Licht. »
7. Non Draco Sit Mihi Dux: «Nicht der Dra­che sei mein Führer».
8. Vade Retro Satana: «Weiche Satan.»
9. Non Suade Mihi Vana: «Führe mich niemals zur Eitelkeit».
10. Sunt Mala Quae Libas: «Böse ist, was du mir einträufelst».
11. Ipse Venena Bibas: «Trink selbst deine Gifte».
12. Pax: «Frieden».

Für Eltern von Kleinkindern

Die Eltern als Katecheten ihrer Kinder

Foto © Sr Catherine

Was bedeutet eigentlich der Name Jesus?

Josef und Maria haben ihrem Sohn den Namen Jesus gegeben. Warum ausgerechnet diesen Namen und was bedeutet er? Eine Frage, die sich Kinder und auch Erwachsene jeweils am 3. Januar stellen können, wenn die Kirche den Gedenktag des Namens Jesu feiert.
Jeder von uns hat einen Namen, den die Eltern für uns ausgesucht hatten, noch bevor sie geboren wurden. Einige haben ganz moderne Namen ausgesucht, andere ent­schieden sich für einen alten Namen, um an den Grossvater oder die Tante zu erinnern. 
Die Eltern von Jesus konnten seinen Namen nicht selber aussuchen, denn der Engel Gabriel hat bei seinem Besuch bei Maria gesagt, dass ihr Baby, das sie in neun Mo­­naten bekomme, den Namen Jesus haben werde. 
Den Vornamen Jesus gab es damals in Israel ziemlich oft. Jesus war ein gewöhnlicher Name wie Stefan, Thomas oder Robin. Aber so gewöhnlich dieser Name auch war – Jesus wurde bewusst «Jesus» genannt, denn dieser Name heisst übersetzt: Der Herr ist Rettung. Damit wollte Gott zeigen, dass dieses Kind mit dem Namen Jesus, der Erlöser ist, der die Welt retten und alle Menschen vom Bösen erlösen wird. Seit dem ersten Weihnachten tut dies Jesus auch und daher ist das mehr als nur ein Name. Jesus hat den Menschen gezeigt, wie sie ein gutes Leben führen können. Jesus greift heute nicht mehr durch Wunder und Zeichen ein, wie er es tat, als er auf Erden lebte, aber er gibt uns die Kraft gut zu sein. Er ist der Freund an unserer Seite, der uns nie im Stich lässt, sondern uns in allen Schwierigkeiten beisteht und trägt. Jesus ist der Herr, der uns liebt und es gut mit uns meint. Er ist mächtiger als alle Präsidenten und wichtiger als alle Stars. Und trotzdem hat er immer für uns Zeit, denn er will unser Bruder sein. Er ist der Retter aus unseren Sünden. Der Name Jesus ist wirklich etwas Besonderes. Mö­­ge er uns nicht nur etwas bedeuten, sondern alles.

Übrigens darf man auch heute noch einem Kind den Namen Jesus geben. In spa­nisch­sprechenden Län­dern ist dieser Name geläufig. In deutschsprachigen eher weniger und er könnte von einigen vielleicht als Gotteslästerung angesehen werden. Haben die Eltern aber einen persönlichen Bezug zu diesem Namen, bleibt es letztlich ihre Entscheidung, welchen Namen ihr Sprössling trägt und vielleicht kann das für den Träger dieses Namens auch ein Ansporn sein, Jesus nachzufolgen.
Paul Martone

Die Schönheit des Tempels

Das geopferte Lamm wird zum glorreichen Tempel des himmlischen Jerusalems, das vom Himmel herabgestiegen ist.

Wenn Papst Franziskus uns in seinem Schreiben «Die Freude des Evangeliums» (Nr. 167) auffordert, in Seelsorge und Ka­­techese den Weg der Schönheit (via pulchritudinis) zu beschreiten, dann deshalb, weil die Person des fleischgewordenen Christus’ unser Leben mit neuem Glanz und tiefer Freude erfüllt.
Die sakrale Kunst, sei es im Reichtum des vergangenen Erbes oder in der Blüte der modernen Kunstwerke, ist somit in der Lage, eine symbolische Sprache an­­zubieten, die in der Linie der Gleichnisse des Neuen Testaments liegt. Denn der Leib Christi lässt die Gegenwart Gottes in vollem Umfang erkennen, wie es bereits der vom Propheten Ezechiel (Kapitel 47) besungene Tempel Israels tat. 

Lebendiges Wasser
Wie das lebendige Wasser aus der rechten Seite des Heiligtums hervorrieselte, um die Na­­tur auf seinem Weg erblühen zu lassen und das Tote Meer zu reinigen, so lässt Jesus am Kreuz aus seiner Seite Wasser und Blut fliessen, die den Geist Gottes durch die Jahrhunderte hindurch an die Menschheit weitergeben. In seinem auferstandenen Leib, der in drei Tagen wieder aufgerichtet wurde (Jo­­hannes 2,19), lässt Christus die Fülle der Gottheit wohnen, die sich über das ganze Universum ausbreitet.
Die Pracht des alten Tempels von Eze­chiel strahlt auf den Neuen Tempel ab, den der Gekreuzigte und Verklärte auf Golgatha darstellt. Den Feinden seines Liebesplans ist es nicht gelungen, die Schön­heit des leidenden Gottesknechts zu entstellen, denn sein offenes Herz um­­fasst die gesamte Menschheit in der gross­zügig angebotenen Erlösung. So sehr, dass das geopferte Lamm selbst zum glorreichen Tempel des himmlischen Jerusalems wird, das vom Himmel herabgestiegen ist (Offenbarung 21, 22). Es strahlt so sehr in der Schönheit seiner Herrlichkeit, dass es als Fackel für die vollkommene Stadt, seine Braut (Offen­barung 21,9), dient, flankiert von zwölf Toren, die aus ebenso vielen Perlen bestehen (Offenbarung 21, 21), und in deren Herzen die Scharen der Nationen Platz nehmen. Und diese heilige Stadt, die vom siegreichen Lamm erleuchtet wird, «leuchtet wie ein kostbarer Stein, wie ein kristallklarer Jaspis» (Offenbarung 21,11).
Die Grundsteine der Stadtmauer glänzen mit den faszinierendsten Juwelen (Offen­barung 21,18-21) und sind die Krönung aller Fähigkeiten menschlicher Kunst. Mögen wir uns alle dort wiederfinden, um ihren Glanz zu bewundern!
François Xavier Amherdt / Image: DR

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