
Taufstein in der Felsenkirche von Raron
In vielen Gesprächen drücken manche Leute ihr Unverständnis darüber aus, warum man nur in der Pfarrkirche taufen kann und nicht in einer einsamen Kapelle oder sonst an einem x-beliebigen Ort, an dem man sich wohlfühlt. Als Argument dafür, dass ein Kind in der Pfarrkirche getauft werden sollte, wird darauf verwiesen, dass die Taufe die Aufnahme des Kindes, oder auch des Erwachsenen, in die Gemeinschaft der Kirche bedeute. Der Sitz dieser «Kirche vor Ort» sei die Pfarrkirche, in der der Taufstein stehe. Wo her kommt die grosse Bedeutung des Taufsteins?
Zu Beginn des Christentums wurde an natürlichen Wasserstellen getauft, denken wir an Jesus, der im Jordan getauft worden ist. Später taufte man zuhause in eigens dafür errichteten Taufbecken. Nachdem durch das Edikt von Kaiser Konstantin im Jahre 313 die Kirche auch öffentliche Bauten errichten konnte, entstanden bei den Kirchenbauten sehr bald einmal auch sogenannte Baptisterien mit entsprechenden Taufbecken für das Wasser, in das die Erwachsenen eingetaucht wurden. In der Schweiz gehört das Taufbecken in Riva San Vitale aus dem 5. Jahrhundert zu den ältesten noch erhaltenen Zeugnissen dieser Taufform.
Durch das Schwinden der Erwachsenentaufe und der Praxis der Kindertaufe seit dem 6./7. Jahrhundert, sind auch die Taufbecken immer kleiner geworden, bis sie schliesslich in der Regel den kirchlichen Räumen angepasst, nur noch Taufsteine darstellten, die ein kleines Auffangbecken für das Taufwasser enthielt. Wie ein Taufstein auszusehen hat, ist heute nicht vorgeschrieben. Es soll künstlerisch der Würde der Taufe entsprechend gestaltet sein und sich für die Taufe eignen. Viele Taufbecken aus der Barockzeit, die in unseren Kirchen häufig anzutreffen sind, besitzen eine oft kunstvoll gestaltete Abdeckung, in der die Taufe Jesu im Jordan dargestellt ist.
Um die Wichtigkeit der Taufe zu unterstreichen, sollte der Taufstein nicht in einer finsteren Ecke der Pfarrkirche stehen, sondern in deren Zentrum, oder beim Eingang der Kirche, um dadurch zu symbolisieren, dass den Menschen durch die Taufe die Türen zur Kirche, der Gemeinschaft aller Getauften geöffnet wird. In der Nähe des Taufsteins steht meistens auch die Osterkerze, die an Jesus Christus erinnert, der durch seinen Tod und seine Auferstehung das Dunkel der Sünde besiegt und dem Licht des neuen Lebens den Weg bereitet hat. In der Taufe werden wir Menschen mit ihm vereint, wir werden zu seinen Schwestern und Brüdern und dadurch zur Gemeinschaft der Kirche verbunden.
Paul Martone / Foto: DR