
In der Bibel höre ich immer wieder, dass wir Gott, den Herrn fürchten sollen. Wie kann ich denn Gott fürchten, wenn er ein liebender Vater ist?
Ich verstehe Ihre Bedenken, wenn Sie die Furcht vor Gott mit Angst verbinden, denn wenn man sich vor jemanden fürchtet, flüchtet man vor ihm, statt sich ihm vertrauensvoll zuzuwenden.
Genau das ist mein Problem!
Furcht hat im Verständnis der Bibel nichts mit Angst zu tun. Gottesfurcht hat etwas zu tun mit dem Bewusstsein der Grösse und Autorität Gottes und das tiefe Bewusstsein seiner Heiligkeit. Dies führt uns zum Wunsch, ein Leben zu führen, das die völlige Zustimmung Gottes findet und seinen Willen und seine Ehre über alles zu stellen, alles zur grossen Ehre zu tun, wie es der heilige Ignatius gesagt hat.
Dann heisst es auch dass die Furcht des Herrn der Anfang der Weisheit sei (Psalm 111, 10). Was ist damit gemeint?
Damit ist gemeint, dass wir anerkennen, wer Gott ist und wer wir sind, und wir dankbar den Platz einnehmen, den er uns zuweist. Im Vertrauen darauf, dass Gott mein Leben in seiner Hand hält, ohne dessen Willen nicht ein einziges Haar von meinem Kopf fällt.
Und diese Weisheit hilft mir im Alltag?
Ich denke schon, denn der Mensch, der Gott fürchtet, verliert alle Angst! Er fürchtet nicht den ungünstigen Stand der Ster-ne; er ist nicht von der Meinung der An–deren abhängig, er hat keine Angst, im Le–ben zu kurz zu kommen, wenn er sich nicht alles erlaubt, sondern er kann vertrauensvoll und daher glücklich seinen Weg gehen.
Kann ich das wirklich glauben?
Probieren Sie es aus! Vielleicht hilft Ihnen das Wort von Dietrich Bonhoeffer, das auch heute noch topaktuell ist: «Das Wort der Bibel, dass die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei, sagt, dass die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzig wirkliche Überwindung der Dummheit ist… Was wir heute brauchen, sind nicht Genies, Zyniker, Menschenverächter, sondern schlichte, einfache, gerade Menschen.»
Besten Dank, Herr Pfarrer. (pam)