«Pilger der Hoffnung»

Am 24. Dezember 2024 beginnt das Heilige Jahr


2025 wird ein Heiliges Jahr sein. Es ist ein sogenanntes ordentliches Heiliges Jahr, das alle 25 Jahre stattfindet. Da­­ne­­ben gibt es immer wieder auch aus­serordentliche Heilige Jahre, wie 2015 das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, oder dann 1983 das ausserordentliche Hei­lige Jahr der Erlösung.  
Papst Franziskus hat festgelegt, dass das neue Heilige Jahr mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom am 24. De­­zember 2024 beginnt und am 6. Januar 2026 endet. 

Foto: © Paul Martone

Freiheit schenken
Biblisches Vorbild für das Heilige Jahr ist das Jobeljahr, das auf das alttestamentliche Buch Levitikus (25, 8-55) zu­­rückgeht. Von ihm erwartete man, dass die Geschichte einen neuen Anfang mache. Da die Zahl 7 im Volk Israel als heilige Zahl galt, sollte nach sieben mal sieben Jahren ein Jubeljahr ausgerufen werden. Das 50. Jahr sollte ein Jahr der Ruhe zur Ehre des Herrn sein. Doch nicht nur das Land und die Menschen durften ruhen, sondern alle Menschen sollten in Freiheit einstimmen können in das Jubeljahr. Um in diesen Jubel einstimmen zu können, sollten die Israeliten ihren untergebenen Volksangehörigen einen vollständigen Schuldenerlass ge­­währen, ihnen ihr Erbland zurückgeben und Schuldsklaverei aufheben. «Die Schuld ist für alle Zeit getilgt, unabhängig ob die Schulden als Sklave abgearbeitet, bezahlt sind oder nicht. Die aus der Sklaverei Entlassenen dürfen aber nicht mit leeren Händen fortgeschickt werden, da sonst der Teufelskreis von Armut und Neuverschuldung von Neuem beginne. Mit diesem Gesetz soll deutlich werden, dass wirklich ein Neuanfang gewährt und ermöglicht wird. Niemand soll auf Dauer in Not und von anderen Menschen abhängig leben müssen. Dies ist ein Grund zum Jubel, zur Freu­de. Hinter dieser Vorschrift des Schul­den­erlasses steckt die Auffassung, dass niemandem Land und Leben gehören. Sie sind dem Menschen von Gott anvertraut. Er ist der Herr über alles Lebende. Er ist der Besitzer aller Güter. Gott allein ist der Eigentümer des Landes und seiner Menschen.» (Sr. Marie-Catherine Mül­ler, Kloster Siessen). Bei der Über­set­zung des hebräischen Wortes ins La­­teinische hat man aus dem «Jobel­jahr» lautmalerisch das «Jubeljahr» ge­­macht. Papst Bonifaz VIII. führte im Jahr 1300 in Rom das erste förmliche Heilige Jahr durch.

Schuldenerlass
Das alttestamentliche Erlassjahr ist eigentlich etwas sehr Modernes, spricht man ja auf politischer Ebene immer wieder von Schuldenerlass: Die reichen Länder sollen den armen und verschuldeten des Südens ihre Schulden ganz oder teilweise erlassen. Papst Johannes Paul II. hat immer daran erinnert, dass «das Heilige Jahr eine günstige Ge­­le­­gen­heit für Gesten des guten Willens sein kann […], um im Interesse des Ge­­meinwohls Schulden zu erlassen oder zumindest zu verringern». Auch Papst Franziskus hat im Blick auf das kommende Heilige Jahr zu einem solchen Schuldenerlass aufgerufen. Weltweit an­­wendbar. Leider seit Jahren nur wenig erfolgreich.
Im Heiligen Jahr soll also etwas Neues entstehen, ein Aufbruch zu neuen Ufern und neuen Möglichkeiten. Oder wie Pau­­lus an die Philipper (3,13) schrieb: «Ich vergesse, was hinter mir liegt und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist». Was für eine Chance für unser Le­­ben als Einzelne, aber auch als Staat und Kirche, würden wir dies in die Tat umsetzen. Dazu müssen wir «die empfangene Hoffnungsfackel weiter brennen lassen und alles tun, damit alle wieder die Kraft und die Gewissheit zurückgewinnen, um mit offenem Geist, Zu­­versicht und Weitsicht in die Zukunft zu blicken. «Wir müssen auf das viele Gute in der Welt achten, um nicht in die Ver­suchung zu geraten, das Böse und die Gewalt für übermächtig zu halten», schrieb Papst Franziskus. Er will durch das kommende Heilige Jahr «dazu beitragen, ein Klima der Hoffnung und des Vertrauens wiederherzustellen, als Zei­chen eines neuen Aufbruchs, dessen Dringlichkeit wir alle spüren».

«Pilger der Hoffnung» 
Daran erinnert auch das Motto des Hei­ligen Jahres: «Pilger der Hoffnung». Ein Pilger zu sein, bedeutet für Papst Fran­ziskus, sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens zu machen und Wege des Glaubens zu finden. Das Logo des Heiligen Jahres erklärt, was damit ge­­meint ist: es «zeigt vier stilisierte Per­so­­­nen, die auf die Menschheit hinweisen, die aus vier Regionen der Erde stammt. Sie umarmen sich gegenseitig, um die Solidarität und Geschwisterlichkeit zu betonen, die die Völker verbindet. Eine Per­son klammert sich an das Kreuz. Es soll nicht nur das Zeichen für den Glau­ben sein, das die Person umarmt, sondern es steht auch für

die Hoffnung, die niemals aufgegeben werden darf. Denn wir brauchen sie immer und besonders in schwierigen Zeiten. Die Wellen, in de­­nen sich die Personen bewegen, sind aufgewühlt, um zu zeigen, dass man auf dem Pilgerweg des Lebens nicht immer in ruhigen Wassern geht. Oft verstärken und intensivieren persönliche Schicksale und weltweite Ereignisse den Ruf nach Hoffnung. Deshalb wurde der untere Teil des Kreuzes betont, der sich verlängert und zu einem Anker wird, der sich der Wellenbewegung entgegensetzt. Der Anker steht für die Hoffnung. Auch See­leute verwenden den Begriff «Anker der Hoffnung» für den Reserveanker, der von Schiffen für Notmanöver genutzt wird, um das Schiff in Stürmen zu stabilisieren.
Darüber hinaus soll das Logo verdeutlichen, dass der Pilgerweg keine individuelle, sondern eine gemeinschaftliche Unternehmung ist, die von einer wachsenden Dynamik geprägt ist, die immer mehr zum Kreuz hinstrebt. Das Kreuz selbst ist nicht statisch, sondern ebenso dynamisch: Es beugt sich der Mensch­heit entgegen, als ob es ihr entgegenkäme und sie nicht allein liesse, indem es die Gewissheit der Gegenwart und die Sicherheit der Hoffnung bietet. Gut sicht­bar ist schliesslich in grüner Farbe das Motto des Heiligen Jahres 2025 zu sehen: «Pilger der Hoffnung». (Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zum Logo)

Foto: © Paul Martone

Heilige Pforte
Die Heilige Pforte, die Papst Franziskus im Petersdom öffnen wird, ist ein Ge­­schenk der Gläubigen des Bistums Ba­­sel. Bischof Franziskus von Streng über­­reichte sie 1949 als Geste der Dank­bar­keit, dass die Schweiz im Zweiten Welt­krieg verschont blieb. 
Leider befindet sich die Welt gerade jetzt «wieder einmal inmitten der Tragödie des Krieges». Deshalb erbittet Papst Fran­ziskus in seinem Schreiben, mit dem er das Heilige Jahr angekündigt hat, den Frie­­den: Die geschichtsvergessene Mensch­heit werde «von einer neuen, schwierigen Prüfung heimgesucht, bei der viele Völker von der Brutalität der Ge­walt getroffen werden». Die Dring­lich­keit des Friedens fordere alle heraus und verlange «konkrete Projekte», so der Papst: «Die Diplomatie darf in ihrem Bemühen nicht nachlassen, mutig und kreativ Verhandlungsräume für einen dauerhaften Frieden zu schaffen», be­­tont er und fragt: «Ist es ein zu grosser Traum, dass die Waffen schweigen und aufhören, Zerstörung und Tod zu bringen? Das Heilige Jahr möge uns daran erinnern, dass man diejenigen, die “Frie­den stiften”, “Kinder Gottes” wird nennen können (Mt 5, 9).»
Auch in den anderen Hauptkirchen Roms gibt es Heilige Pforten, die alle zu Be­­ginn des 21. Jahrhunderts erneuert wurden. Auch diese sind ein Zeichen für einen Neubeginn. Einerseits verlassen wir mit dem Durchschreiten dieser Pfor­t­en un­­ser bisheriges Leben mit all seinen Dun­­kelheiten, Fehlern, Sorgen und Prob­­lemen und treten ein in das Haus Gottes, das uns «Zuflucht und Zelt» (Ps 61.5) ist. Der Durchgang bedeutet auch, dass der eigene Weg der Beke­hrung zur Bege­g­nung mit Christus ge­­führt hat, der die «Tür» ist, die uns mit dem Vater verbindet. Mit dem Durch­schreiten der Hei­ligen Pforte ist ein Ablass verbunden, also die Vergebung der Sündenstrafen. Dem muss jedoch die persönliche Beich­te vorausgehen. Dadurch kann jeder und jede sich mit Gott versöhnen und da­­durch dem Leben eine neue Wendung geben, sich dem Leben neu öffnen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Franziskus wirbt dafür, im Heiligen Jahr beichten zu gehen und die Schönheit des «Sakra­mentes der Heilung und Ver­­gebung» wie­derzuentdecken. «Das Ver­ge­­ben än­­dert nicht die Vergangenheit, es kann nicht ändern, was bereits ge­­schehen ist; und doch kann Vergebung es ermöglichen, die Zukunft zu verändern und anders zu leben, ohne Groll, Ver­­bitterung und Rache.»

Foto: © Paul Martone

Wallfahrt
Traditionell lädt jedes Heilige Jahr ein, eine Pilgerfahrt nach Rom zu unternehmen. Auch im kommenden Heiligen Jahr ist das nicht anders. Alle sind eingeladen, als Pilger der Hoffnung in die Ewige Stadt zu reisen auch und gerade wegen der vielen Probleme, die wir aktuell se­­hen: Krieg und Ohnmacht, fehlende So­­li­darität und dem Gefühl, all die­sen Din­gen ausgeliefert zu sein. 

Zahlreiche Diözesen organisieren Pilger­züge, damit möglichst viele als Gemein­schaft die Möglichkeit erhalten, in die Heilige Stadt zu kommen. Das Bistum Genf-Lausanne-Fribourg organisiert drei Wallfahrten: eine im Frühling (21. bis  
26. April 2025), eine weitere im Sommer (27. Juli bis 3. August 2025) und schliesslich die letzte im Herbst (12. bis 18. Ok­­tober 2025). Das Bistum Sitten lädt zur Heilig­jahrwallfahrt vom 17. bis 22. Oktober 2025 ein. Sinn dieser Wallfahrten ist es, die Hei­­lige Pforte der grossen Basiliken zu durchschreiten, an den Gräbern der Apos­­tel Petrus und Paulus zu beten, und den eigenen Glauben, die Hoffnung und die Nächstenliebe zu erneuern.

Paul Martone

 

Foto: Paul Martone

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