Zeichen der Auferstehung (Johannes 11)

Christus hat zwei Tage gewartet, bevor er seinen kranken Freund besuchte

Sicherlich ist das Vorgehen Jesu angesichts des Todes von Lazarus kein Mo­­dell, das man für die Trauerbegleitung einfach eins zu eins übernehmen könnte. So wartet der Rabbi beispielsweise zwei Tage, bevor er seinen kranken Freund be­­­sucht (V. 6), nachdem dessen zwei Schwes­­tern Christus rufen liessen und ihn anflehten, an das Krankenbett ihres Bru­ders zu kommen (V. 3). Ausserdem erklärt Jesus den Aposteln, dass er froh sei, nicht dabei gewesen zu sein, als La­­zarus starb: Es sei zu ihrem Heil, damit sie zum Glau­ben kommen, fügt er hinzu (V. 15). Denn aus seiner Sicht sind die Krankheit und der Tod dazu bestimmt, «die Verherr­li­­chung des Vaters und seines Sohnes»
(V. 4) zu offenbaren. Der Tod ist nicht das Ende von allem, sondern nur ein Schlaf, aus dem uns Chris­tus erwecken wird, so wie er es mit dem Bruder von Martha und Maria getan hat (V. 11).
Dennoch: Diejenigen, die mit trauernden Familien unterwegs sind, sind aufgerufen, in allen Phasen der Trauer, vor, wäh­­rend und nach dem Tod, Gesten und Worte der Auferstehung zu setzen:

– eine echte Nähe zu den Angehörigen und der Familie inmitten von Weinen und Traurigkeit (V. 17);

– ein aufmerksames und diskretes An­­hören des Leidens und der Erwar­tun­gen, trotz möglicher Vorwürfe (Vv. 21.32);

– ein Wunsch zu trösten, im ursprünglichen Sinn des lateinischen cum-solus, nicht allein lassen (V. 28);

– eine Fähigkeit, sich einzufühlen, sich im Innersten berühren zu lassen und mit den Weinenden zu weinen als Zeichen der Unterstützung und wahren Zuneigung (V. 33.35);

– konkrete Zeichen körperlicher und spiritueller Nähe (Vv. 38–39);

– ein Zeugnis der Hoffnung durch wah­re, starke und einfühlsame Worte, die in der «Ich-Form» ausgedrückt werden und Horizonte der Solidarität und des Lichts eröffnen (Vv. 23.25.26.39.40.42–43).

Wir haben nicht die vom Vater an den Sohn übergebene Macht, durch den heiligen Geist die Toten auferstehen zu lassen. Dennoch können die Menschlichkeit und die spirituelle Tiefe unserer Haltun­gen und Äusserungen den Trauernden eine wirksame Hilfe sein. Ihre Rück­mel­dungen am Le­­bensende, im Moment des Todes, beim Treffen mit der Familie, bei der Toten­wa­che, der Feier und der Beerdigung, in den Wochen, Monaten und Jahren danach, be­­stätigen uns dies. Immer dann, wenn wir in demjenigen handeln und sprechen, der die Aufer­ste­hung ist (V. 25).

François Xavier Amherdt

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