Hat uns Corona verändert?

Wie werden wir im Neuen Jahr unser Leben gestalten? (Foto: Poss)

Das Coronavirus verfolgte uns im vergangenen Jahr und es stellte unsere Vorstellungen von einem Leben in Gesundheit, Freude und Wohlstand infrage. Hätte vor einem Jahr jemand gesagt, dass wir während eines Grossteils des Jahres 2020 mit einer Maske herumlaufen und nicht nur während ein paar Tagen in der Fastnachtszeit – man hätte ihn ausgelacht und als verschrobenen Propheten des Weltuntergangs abgestempelt und in irgendeine Anstalt abgeschoben.

Gemeinsam oder gar nicht
Und doch hat dieses kleine, für das menschliche Auge unsichtbare Virus es geschafft, dass wir unseren Lebensstil hinterfragen und ändern mussten, ob wir das wollten oder nicht – es musste sein. Die Corona-Pandemie hat uns «kalt erwischt», denn wohl niemand von uns war wirklich auf so ein Szenario vorbereitet. Wir lebten, als ob uns nichts passieren könnte, wir missbrauchten Menschen und Umwelt, wir zerstörten unsere Natur und vergassen, dass es eine Illusion ist zu meinen, wir könnten in einer kranken Welt gesund bleiben. Die Augen sind vielen von uns aufgegangen, dass wir Menschen mit unserer unstillbaren Sucht nach immer mehr, schneller und höher, am meisten uns selbst an Leib und Seele geschadet haben. Papst Franziskus nennt dies in seiner neuesten Enzyklika «Fratelli tutti» eine trügerische Illusion, die glaubt, dass wir allmächtig sind, und dabei vergisst, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Um diese Not zu wenden, ist es unumgänglich, zu erkennen, dass «wir die Probleme unserer Zeit nur gemeinsam oder gar nicht bewältigen werden». Der Papst setzt Solidarität gegen Egoismus – auch im Falle der Pandemie, die für den Heiligen Vater keine Strafe Gottes ist, sondern «die Wirklichkeit selbst, die seufzt und sich auflehnt». Dieses Seufzen gilt es ernst zu nehmen und daraus Konsequenzen zu ziehen, die aus dem Seufzen von Menschen und Natur ein Aufatmen werden lässt in einer Welt, in der es für alle Platz hat, eine Welt, in der alle einander als Brüder und Schwestern begegnen. Dazu gehört, nach der Vorstellung des heiligen Franz von Assisi auch die Schöpfung. Werden wir aber aus der Geschichte lernen, oder wird es auch diesmal wiederum so sein, dass wir schlechte Schüler und Schülerinnen der Geschichte sind? Das «Rette sich wer kann» würde dann zu einem «Alle gegen alle» – «und das wird schlimmer als eine Pandemie sein», so der Papst in seinem Schreiben.


Was ihr von den anderen erwartet, das tut auch ihnen. Skulptur von Thomas Hürner. Foto Poss

Für die Liebe geschaffen
Vielleicht sollten wir uns immer wieder vor Augen halten, was Papst Franziskus in «Fratelli tutti» schrieb: «Wir sind für die Liebe geschaffen!» Diese Liebe kennt drei Richtungen: Zu mir selbst, zum Mitmenschen, zu Gott. Schauen wir uns diese Richtungen ein wenig näher an.
Selbstliebe ist etwas ganz anderes als Egoismus. Dieser denkt nur an sein Wohlsein und sein Vorwärtskommen. Dafür ist er bereit alles zu opfern und selbst über Leichen zu gehen. Selbstliebe beginnt, indem ich mich und mein Leben so annehme wie ich bin und wie es ist. Gott hat mich erschaffen in meine ganz konkrete Existenz hinein. Er hat mir mein Leben geschenkt mit allen Verheissungen und Bedrohungen, mit meinem Stolz und mit meiner Lächerlichkeit, mit all meiner Intelligenz und mit meinen Grenzen und meinem Versagen. Aber auch mit meinen Träumen von Ehre, Schönheit, erfülltem Leben, menschlicher Nähe, Freundschaft und Liebe. All dies hat mir die Gnade Gottes geschenkt. Durch mein Leben wird der Wille Gottes für mich ersichtlich. Darum ist kein Ereignis in meinem Leben gleichgültig oder neutral. Jede Existenz ist würdig, so wie sie ist, weil sie die Liebe und Freundschaft Gottes zu jedem einzelnen Menschen sichtbar werden lässt. Die Bibel drückt das aus, indem sie deutlich macht, dass jeder Mensch Abbild Gottes ist (vgl. Gen 1, 26). Liebe zu sich selbst will letztlich dazu führen, dass der Mensch das aus sich selber macht, was er nach dem Willen Gottes sein soll: frei, glücklich, offen für andere, fähig, Gott und die Menschen zu lieben. Ohne diese Liebe zu sich selbst kann das Leben nicht gelingen. Deshalb: «Sei gut und lieb zu dir. Sei gnädig mit dir, selbst dann, wenn du versagt hast und immer wieder an deine Grenzen rennst. Gott hält unendlich viel von dir; deshalb darfst auch dir etwas zutrauen. Nimm dich jedoch nicht zu wichtig; begegne dir vielmehr mit Humor und Gelassenheit».

Sorge tragen zur Gesundheit
Im Blick auf die Corona-Pandamie kann Selbstliebe auch heissen, zu seiner eigenen Gesundheit Sorge tragen. Gott hat uns Menschen mit Leib und Seele geschaffen und als solche sind wir seine Abbilder. Deshalb müssen wir zu Leib und Seele Sorge tragen, ohne unseren Leib zu vergötzen, aber auch ohne ihn zu verachten, denn er ist uns als gottgeschenktes Gut anvertraut. Es war in den vergangenen Monaten immer wieder die Rede von Menschen, die gegen die vom Staat angeordneten Schutzmassnahmen protestierten und die Hygienemassnahmen nicht respektierten und auch keine Maske trugen. Andere wiederum wagten sich kaum noch auf die Strasse, schlossen sich angstvoll in ihren vier Wänden ein und verfielen dadurch oft in eine Depression. Beide Richtungen sind falsch! Jene, die meinen, ihnen könne nichts passieren, irren sich ebenso wie jene, die meinen, ihnen würde immer alles passieren. Es gilt auch hier, sich an die Vorschriften zu halten, jedoch ohne Angst, denn diese war schon immer ein schlechter Ratgeber. Wir dürfen darauf vertrauen, dass alles, was existiert, von Gott erschaffen worden ist und es war am Anfang sehr gut. «Das, wonach jedes Menschenherz sich bewusst oder unbewusst sehnt, wird von der Heiligen Schrift aufgegriffen, bestätigt und vertieft: Ja, unsere Welt kommt aus einer guten Quelle. Sie ist ein Projekt der Liebe. Und was immer uns widerfährt, letztlich liegt unser Leben in guten Händen. Das Widersinnige, Destruktive und Böse – kein Mensch kann ergründen, warum es geschehen darf – mag sich mächtig gebärden, aber es wird das, was wahrhaft gut und schön ist, nie ganz zerstören können!», schrieb Karl Veitschegger. Und der Apostel Paulus fasst zusammen: «Wir wissen, dass Gott bei denen, die ihn lieben, alles zum Guten führt» (Römer 8, 28).


Foto: Poss

Mit den Augen Gottes sehen
Aus der Selbstliebe erwächst die Nächstenliebe! Nur wer sich selbst liebt, sich nicht als Mittelpunkt der Welt sieht, sich selbst riechen kann, kann dann auch den Mitmenschen lieben, denn: «Wer sich selbst nicht riechen kann, stinkt auch dem Anderen» (Bischof Franz Kamphaus). Was aber heisst eigentlich «Nächstenliebe»? Eine Antwort auf diese Frage ist gar nicht so einfach, obwohl verschiedene Suchmaschinen ganz unterschiedliche Definitionen bringen, die mehr oder weniger sinnvoll sind. Eine gute Definition ist wohl, dass die Nächstenliebe der Versuch ist, jeden Menschen mit den Augen Gottes zu sehen. Dazu muss man nicht gleich mit jedem Menschen «allerbeste Freunde» sein, aber wir sollen erkennen, dass jeder Mensch von Gott gewollt und geliebt ist und zwar mit all seinen Charakterstärken, aber auch mit seinen Schwächen. Dadurch kann es gelingen, jedem mit Respekt und einer richtig verstandenen Toleranz zu begegnen. Dem Gebot der Nächstenliebe werden wir nicht gerecht, solange ein Mensch in unserer Umgebung sa–gen muss: «Ich habe keinen Menschen!» Ladislaus Boros schrieb: «Die ganze Lebenshaltung des Christen wäre demnach: Tue das, was niemand an deiner Stelle tun kann und tun wird; halte dich bereit; entwickle in dir eine grundsätzliche Offenheit des Herzens; sei aufgeschlossen allem Leid gegenüber». Die Corona-Pandemie hat viele Menschen in körperliches und psychisches Elend gestürzt. Manchen von ihnen wäre geholfen, würden wir ihnen stärker unsere Liebe und Sympathie bezeugen. Das würde nicht einmal etwas kosten, wäre aber nicht umsonst: Ein frohes Gesicht machen, mit anderen freundlich umgehen, zuhören, mit ihnen lachen und weinen, Zeit für sie aufbringen, den Passanten auf der Strasse grüssen, Hilfe anbieten. Es gäbe noch mehr und jeder mit wachen Augen kann diese Liste weiterführen. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott bei allem Guten, das wir tun oder wenigstens zu tun versuchen, hinter uns steht und uns dabei hilft.

Gott im Menschen lieben
An erster Stelle des wichtigsten Gebotes der Bibel steht die Gottesliebe. Wie aber geht das: Gott zu lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit meinem ganzen Denken? Dr. Johannes B. Brantschen, mein liebenswerter Dogmatikprofessor in Freiburg schrieb in seinem Büchlein «Gott ist grösser als unser Herz», dass wir Gott lieben, wenn wir unseren Bruder, unsere Schwester lieben. «Wer sagt, er liebe Gott und seinen Bruder hasst, der ist ein Lügner, steht im Neuen Testament. Gott will im Menschen geliebt werden! Aber Nächstenliebe, ohne Kompromisse praktiziert, führt in der Welt, wie sie nun mal ist, ins Leiden. […] Wer sich ohne zu mogeln auf das so einfache Gebot der Nächstenliebe einlässt, der gerät unweigerlich in Not und ins Leiden. In der Welt muss man mogeln können, mit den Wölfen heulen können – dann bringt man’s zu etwas: denn Lügen haben lange Beine und unrecht Gut gedeiht prächtig. […] War Jesus naiv, wenn er Nächstenliebe forderte? Keineswegs, sondern Jesus wusste, dass sein Vater noch andere Hände hat als die unseren, und so kann Jesus allen, die wegen praktizierter Nächstenliebe in Not und Leiden geraten, zurufen: “Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden” (Mt 5, 10 und 6). Mein Vater, meint Jesus, wird der Liebe und der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen, denn mein Vater hat Freude an der Liebe, Freude an der Gerechtigkeit. Allerdings: damit Gott die Macht der Liebe, unsere oft mit Füssen getretene Liebe vollenden kann, muss sie hier und heute anfangen. Den Rest wird Gott besorgen. Das hat Jesus gemeint!»


Foto: Poss

Wenn wir durch die Corona-Pandemie wiederum gelernt haben, das Gebot der Gottesliebe, der Nächstenliebe und der Selbstliebe besser im Alltag umzusetzen, dann hat dieser unappetitliche Virus vielleicht doch noch etwas Gutes gebracht, wenn auch zu einem sehr hohen Preis.
Packen wir diese Chance und wählen wir eine Lebensgestaltung, die durchdrungen ist von der Liebe. «Wir werden in der Tat zu dem, was wir wählen, im Guten wie im Schlechten. Wenn wir uns entscheiden zu stehlen, werden wir zu Dieben, wenn wir uns entscheiden, an uns selbst zu denken, werden wir egoistisch, wenn wir uns entscheiden, Stunden mit dem Handy zu verbringen, werden wir abhängig. Aber wenn wir uns für Gott entscheiden, werden wir jeden Tag mehr geliebt, und wenn wir uns für die Liebe entscheiden, werden wir glücklich», so Papst Franziskus in seiner Predigt am Christkönigssonntag 2020.

Dieses Glück wünsche ich allen Leserinnen und Lesern an jedem Tag in diesem Neuen Jahr.                                                                                                                         Paul Martone

Januar 2021: Hat uns Corona verändert?

Kapelle Breite bei Nürensdorf      (Foto:© Brigitte Kreuzwirth_pixelio.de)

Wie werden wir im Neuen Jahr unser Leben gestalten?
Das Dogma, das Papst Pius IX. verkündet hat, stellt fest, dass Gott Maria vor der Erbschuld bewahrt und sie mit der Fülle der Gnade beschenkt und mit der Aufgabe betraut hat, seinem Sohn, dem Retter der Menschen in ihrem Schoss «eine würdige Wohnung zu bereiten»

BETEN IM ALLTAG

Herbei o ihr Gläubigen,
fröhlich triumphierend,
o kommet, o kommet nach Bethlehem!
Sehet das Kindlein,
uns zum Heil geboren!

O lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten
den König, den Herrn!

Du König der Ehren,
Herrscher der Heerscharen,
du ruhst in der Krippe im Erdental.
Gott, wahrer Gott,
von Ewigkeit geboren!

O lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten
den König, den Herrn!

Kommt, singet dem Herren,
singt, ihr Engelschöre!
Frohlocket, frohlocket, ihr Seligen!
Ehre sei Gottim Himmel und auf Erden!

O lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten,
o lasset uns anbeten
den König, den Herrn!

Text: Friedrich Heinrich Rankte (1798–1876);
nach dem Weihnachtshymnus Adeste fideles
Musik: John F. Wade (ca. 1711–1786) zugeschrieben
Foto © by Dieter Schütz. pixelio.de

Für jung und alt

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Diese Zeichnungen finden Sie im untenstehenden QR-Code (eine hübsche Erklärung zum Thema Sternsingen).

Sternsingen auch in Coronazeiten – anfangs Januar 2021
Wegen Covid-19 sind wir in diesem Jahr besonders herausgefordert. Die Not ist durch die Corona-Krise auf der ganzen Welt noch grösser geworden. Auch die Einsamkeit hat vielerorts zugenommen. Darum ist das Sternsingen heute wichtiger denn je. Denn die Sternsinger bringen den Menschen den Segen für das neue Jahr und machen damit deutlich, dass Gott mit uns ist. Er gibt Halt.
Organisieren Sie eine Solidaritätsaktion zu Gunsten der Sternsinger-Projekte in der Ukraine und weltweit. Fragen Sie Kinder und Jugendliche nach deren Ideen!
Versenden Sie Segenspäckchen, Kreiden, Segenskleber, Lieder, ein Segensgebet usw. in die Haushaltungen oder organisieren Sie mit den Sternsinger-Kindern eine Verteilaktion in die Briefkästen. Vgl. https://www.missio.ch/shop
Siehe: www.sternsingen.ch

« Ut unum sint » (Johannes 17, 21)

Foto: DR

Auch für Papst Franziskus ist die ökumenische Annäherung das Herz der Evangelisierung.
Angesichts des immer grösser werdenden Zerfalls christlicher Gemeinschaften und angesichts der Ermüdungserscheinungen in der ökumenischen Bewegung, setzen sich einige heutzutage bereitwillig für ein reines Nebeneinander von Kirchen ein und freuen sich über den Reichtum in der Verschiedenheit.

Jesu Gebet
Dies würde meines Erachtens dem berührenden Appell, den Jesus an seinen Vater richtet, nicht genügend entsprechen, denn dies ist sein Testament, das er seinen Jüngern im Herzen des 4. Evangeliums hinterlässt. Nachdem Jesus ihre Füsse gewaschen hat, sagt er: «Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.» (Johannes 17, 21) Das Vorbild für die Einheit der Christen bleibt die Heiligste Dreifaltigkeit, diese Liebesgemeinschaft in der Verschiedenheit der göttlichen Personen, dieser Kreislauf des Lebens innerhalb der Familie des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Ein Zeugnis
«Alle sollen eins sein!» Dies ist der Aufruf in der grossen Enzyklika von Johannes Paul II. «Ut unum sint» über den ökumenischen Dialog, der im Jahr 1995 erklang, 30 Jahre nach dem Erlass des Zweiten Vatikanischen Konzils. Und die Massnahmen, die der heilige polnische Papst sowie sein Vorgänger und sein Nachfolger gegenüber unseren christlichen Brüdern und Schwestern ergriffen haben, fordern uns auf, weiterhin unsere ganze Energie dafür einzusetzen. Die Glaubwürdigkeit des Christentums steht in der zeitgenössischen religiösen Pluralität auf dem Spiel. Wenn die katholische (mit Rom vereinte) und die orthodoxe Kirche der Ukraine mit einem Herzen sprechen würden, würde dies zweifellos zum Frieden in dieser unruhigen Region unseres Pla–neten beitragen!

Die Freude an der Einheit
Auch Papst Franziskus stellt daher die ökumenische Annäherung in den Mittelpunkt der Evangelisierung. «Wir müssen uns immer daran erinnern, dass wir Pilger sind und dass wir gemeinsam pilgern. Dafür soll man das Herz ohne Ängstlichkeit dem Weggefährten anvertrauen, ohne Misstrauen, und vor allem auf das schauen, was wir suchen: den Frieden im Angesicht des einen Gottes.» (Die Freude am Evangelium, Nr. 244) Die Gemeinschaften, die für sich den Namen Jesu Christi beanspruchen, sind ständig eingeladen aus der Quelle des einen Gottes in drei Personen zu schöpfen, um eines Tages zu einer vollen «wohlklingenden Gemeinschaft» zu gelangen.

François-Xavier Amherdt

Epiphanie – Erscheinung des Herrn

Fresko aus dem 15. Jahrhundert, Friedhofkapelle Obergesteln

Am 6. Januar feiern wir das Epiphaniefest. Können Sie mir sagen, was das ist?
Dieses Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet «Erscheinung».

Wer erscheint denn da?
Im römischen Reich verwendete man diesen Ausdruck, als der Herrscher nach einer erfolgreichen Schlacht wieder in seiner Hauptstadt «erschien», aus der ihm das Volk in freudiger Erwartung entgegenlief, das dann zu einem grossen Festmahl in den Palast eingeladen wurde.

Und was hat das mit dem Glauben zu tun?
In sehr vielen Religionen kennt man die Epiphanie als plötzliches Sichtbarwerden oder ebenso plötzliches Wiederverschwinden der Gottheit.

Auch im Christentum?
In der Heiligen Schrift bedeutet Epiphanie den geschichtlich greifbaren Einbruch des persönlichen Gottes in die Welt. Im Neuen Testament wird das ganze Erdenleben von Jesus als Epiphanie gesehen, bei der die göttliche Herrlichkeit Jesu hervorleuchtet, wie dies besonders bei der Verklärung geschieht.

Und was hat das mit dem Einzug des Kaisers in Rom zu tun?
Für die ersten Christen lag es nahe, den Einzug des siegreichen Christus in seine Welt als Epiphanie zu feiern und die Bilder des Einzuges des Kaisers auf den Erlöser und sein heiliges Volk zu übertragen.

Und was hat das mit dem Fest der Heiligen Drei Könige zu tun?
Dieses Fest feiert, dass die heidnischen Weisen aus dem Morgenland das Jesuskind als Messias, als König und Retter erkannt haben. An diesem Tag und dann später auch bei der Taufe Jesu und bei der Hochzeit zu Kana zeigte sich, dass Jesus nicht nur Mensch, sondern auch Gott ist.

Besten Dank für die Auskunft.

pam

Für jung und alt

Deckengemälde in der St. Martinskirche von Galgenen SZ

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So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heisst; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine grosse Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein grosses himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.
Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war. Lukasevengelium 2, 4–20

«Herr, Ich bin nicht würdig…»

In jeder Messe vor der Kommunion beten wir: «Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach». Ich habe mit diesen Worten Mühe, denn ich fühle mich durch sie degradiert und wertlos. Muss mir die Liturgie ständig und auch an dieser Stelle noch einmal mein Ungenügen, meine Sünde in Erinnerung rufen?

Diese liturgische Formel geht auf eine Erzählung im Neuen Testament zurück: der Hauptmann von Kafarnaum begegnet Jesus und bittet ihn, seinen gelähmten Diener zu heilen.

Das ist mir bekannt, aber was soll dieser Satz in der Messe?
Dieser Satz will sie sicher nicht klein machen oder ihnen die Würde nehmen. Von seinem Ursprung her bedeutet er auch keine moralische Disqualifizierung. Mit dem Stehen zu meinen menschlichen Grenzen und Fehlern wird vielmehr die Würde und Grösse Gottes und seines Messias gepriesen.


Foto Kirchgemeinde Wohlen

Der Satz geht aber noch weiter: «…aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund!» ich bin aber nicht seelisch, sprich psychisch krank.
Wir müssen den Begriff «Seele» in diesem Zusammenhang weiter fassen. «Seele» bedeutet hier unsere ganze menschliche Person, die geheilt werden soll. Jeder braucht eine solche Heilung, da kein Mensch ohne Wunden durchs Leben geht.

Könnte man dieses Gebet nicht umformulieren, damit es verständlicher wäre?
Man könnte schon, denn dieses Gebet zeigt, dass der menschenfreundliche Gott umfassende Befreiung und das Heil der Welt ermöglicht. In moderner Sprache könnte man dieses Gebet wie folgt umformulieren: «Christus Jesus, mein Bruder und mein Herr, ich bin nicht imstande, dich bei mir aufzunehmen, doch schon ein Wort von dir schenkt mir Frieden mit den Menschen und göttliches Heil!»
Eine gute Erklärung zu diesem Gebet gab der Theologe Ralf Staymann mit einer an–gepassten Formulierung des Gebetes: «“Ich bin ja nicht genug, dass du unter mein Dach kommst.” Diese Übersetzung hilft mir, das Gebet annehmen zu können, es zu meinem Gebet werden zu lassen. Ich bin nicht genug. Ich bin mir selber nicht genug. Ich weiss um meine Unvollkommenheit. Ich bin nicht genug, so kann ich gut beten. Ich bin nicht genug, aber wenn du, Herr, das, was mir zum Menschsein noch fehlt, auffüllst, dann erfahre ich Heilung. “Herr, ich bin nicht würdig.” Dieses kurze Gebet macht mir immer wieder neu bewusst, wer ich bin und wer Gott ist. Es ist ein Gebet des Vertrauens in Gottes heilendes Wirken – hinein in mein unvollkommenes und unvollendetes Leben. Die-ses Leben ist mir geschenkt, um es zu gestalten. Aber, sei es noch so schön, es bleibt eine Lücke, etwas Unvollendetes und Unheiles in meinem Leben. Und in diesem Gebet bitte ich Gott, diese Lücke aufzufüllen: “Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, sprich nur ein Wort so wird meine Seele gesund.”»

Besten Dank für die Auskunft.

pam

« Die Leuchte des Leibes ist das Auge »

Die Augen seines Herzens für das Licht öffnen

Weil Christus sich als das Licht der Welt darstellt (Johannes 8, 2) können wir ihm auf dem Weg der Wahrheit und des Lebens folgen (Johannes 14, 6). Dafür ist das von der Seele ausgehende Licht noch notwendiger als dasjenige, das von unserem Auge wahrgenommen wird.

In der Bergpredigt des Matthäusevangeliums stellt Jesus drei Bilder gegenüber: das Gleichnis von den wahren Schätzen, jene des Himmels und der echten Beziehungen, in die wir unser Herz (Matthäus 6, 19–21), als das Zentrum unserer Persönlichkeit hineingeben; das des Herrn, dem wir mit unserem ganzen Leben dienen, entweder ist es Gott, der uns glücklich macht, oder es sind das Geld und die Götzen, die uns versklaven (6, 24); und dazwischen das Bild des Auges, die Leuchte des Leibes (6, 22–23). Die Augen sind die «Pforten der Seele»: Wenn unser inneres Wesen in Dunkelheit getaucht ist, hat unser Auge nicht die notwendigen Fähigkeiten zur Unterscheidung. Unser ganzer Körper ist dann blind in der notwendigen Beurteilung der Wirklichkeit, sodass wir riskieren zu fallen oder verloren zu gehen.

«Ändere deinen Blick auf die Welt und die Welt wird sich ändern», heisst es in einem Lied. Wenn meine Seele verdunkelt ist, wird diese Blindheit noch schlimmer sein als eine körperliche Blindheit. Alles ist miteinander verbunden, weil der Mensch eins ist: Geist, Seele und Körper werden von ein und demselben Licht bewohnt. In der christlichen Kunst geht dieses Strahlen von Jesus, den Heiligen und den biblischen Figuren aus. Es ist sichtbar in dem Blick, den die Maler ihnen zuschreiben, und im Heiligenschein, mit dem sie geschmückt sind.

Alle, die die Augen ihres Herzens für das Licht öffnen, das von den Zeugen des Evangeliums stammt, beginnend mit dem Sohn Gottes, dem wahren Menschen, werden selbst fähig sein, dieses auszustrahlen. Nach dem Vorbild des Mose im alten Bund, der erleuchtet ist durch die Herrlichkeit des Herrn, sind auch wir verklärt durch den Glanz der Taufe und erfüllt mit dem Feuer des Geistes des neuen Bundes (vgl. 2. Korinther 3, 4–18).

François-Xavier Amherdt

Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria

Ein oft falsch verstandenes Fest

Foto Poss

Das Dogma, das Papst Pius IX. verkündet hat, stellt fest, dass Gott Maria vor der Erbschuld bewahrt und sie mit der Fülle der Gnade beschenkt und mit der Aufgabe betraut hat, seinem Sohn, dem Retter der Menschen in ihrem Schoss «eine würdige Wohnung zu bereiten»

In seinem Büchlein «Die wunderbare Welt der Katholiken. Eine Art Liebeserklärung» schreibt Peter Modler: «Geheimnisse – Die ganze Welt ist voll davon. Manche lassen sich sofort verstehen, manche erst nach langer Zeit, und manche überhaupt nicht auf Erden. Dass Menschen von einer Welt umgeben sind, die voller bedeutsamer Geheimnisse steckt, ist für Katholiken keine sonderlich originelle Feststellung. Gott hinterlässt seine Spuren überall, und die muss man eben finden und deuten. Es ist darum für katholische Christen nicht immer nötig, alles rational zu begreifen. Man kann da auch ganz gut etwas in der Schwebe lassen».
Zu diesen Geheimnissen zählt der Autor auch die Unbefleckte Empfängnis. «Versteh ich nicht, aber ich muss auch nicht alles durchschauen. Mein katholisches Leben kann ich trotzdem leben.»

Dogma seit 1854
Versuchen wir im Folgenden ein wenig dieses Geheimnis der «Unbefleckten Empfängnis» zu entschlüsseln.
Dieses Dogma wurde zwar erst 1854 von Papst Pius IX. verkündet, aber bereits seit dem 7. Jahrhundert ist es liturgisch gefeiert worden. Es besagt, dass Maria vom ersten Augenblick ihres Lebens an (d.h. als sie von ihrer Mutter Anna empfangen wurde) vor jedem Makel der Erbsünde bewahrt wurde, von der sonst alle Menschen betroffen sind. Es geht also um die Erwählung Marias, die wir jedes Jahr am 8. Dezember feiern. Der Name «Unbefleckte Empfängnis» (Lateinisch Immaculata) öffnet leider allzu oft dem falschen Verständnis Tür und Tor, Maria sei ohne Zutun eines Mannes empfangen worden. Dies wird zwar von Jesus, aber nie von Maria gesagt. Es handelt sich bei diesem Dogma somit nicht um eine Glaubenswahrheit über Jesus Christus. Der Anlass dieses Festtages am 8. Dezember ist nicht, dass Jesus unbefleckt empfangen und dann bereits am darauffolgenden 25. Dezember geboren wurde, was schon rein biologisch nicht möglich wäre. Die Empfängnis Jesu im Schoss von Maria feiern wir neun Monate vor Weihnachten, also am 25. März, dem Fest Mariä Verkündigung, als der Engel Gabriel zu Maria kam und ihr verkündete, dass sie die Mutter Jesu werden soll.
Das Dogma, das Pius IX. verkündet hat, stellt fest, dass Gott Maria vor der Erbschuld bewahrt und sie mit der Fülle der Gnade beschenkt und mit der Aufgabe betraut hat, seinem Sohn, dem Retter der Menschen in ihrem Schoss «eine würdige Wohnung zu bereiten». Die Sündenlosigkeit der Muttergottes, um die es am «Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria» geht, muss von Christus her begründet und verstanden werden.


Engel mit Flammenschwert, Glasfenster von  L. Carnessali,
Kirche Mariä Himmelfahrt, Meran. © Foto Poss

Die Erbsünde
Damit wir dies richtig verstehen, müssen wir bis zu Adam und Eva, also bis in die Anfänge der Menschheit zurückgehen. Die biblische Schöpfungsgeschichte ist nicht als historische Tatsache zu betrachten, die erklären will, wie die Welt entstanden ist. Vielmehr will sie in Bildern zeigen, dass Gott alles erschaffen hat, ohne jedoch über das «Wie» dieser Schöpfung zu spekulieren. Dennoch ist auch dieser Teil der Bibel «Wort des lebendigen Gottes» und es ist auch als solches ernst zu nehmen!
Das Buch Genesis im Alten Testament beschreibt in Bildern, wie das erste Menschenpaar im Garten Eden leben durfte. Es machte sich im Auftrag Gottes alles untertan und war nur Gott gegenüber Gehorsam und Rechenschaft schuldig. Eine Einschränkung hatte das Leben im Paradies jedoch: Adam und Eva durften nicht vom Baum der Erkenntnis essen, der mitten im Garten stand. Doch der Mensch lässt sich von der Schlange verführen. Gegen Gottes Gebot greift er nach dem Baum der Erkenntnis und verfällt damit dem Tod. «Bei dieser ersten Sünde geht es nicht um eine Bagatelle, dass der Mensch nach einer verbotenen Frucht gegriffen und sie unerlaubterweise gegessen hätte… Es geht um mehr!»

Es geht um das erste Gebot: «Gott allein ist der Herr des Menschen und die Quelle des Lebens.» Der Mensch hat die Grenze überschritten, die Gott seinem Geschöpf gesetzt hat. Er wollte sich nicht dem Plan Gottes unterordnen, misstraute ihm und wollte sein wie Gott und alles selber in die Hand nehmen. Damit wählte er den Tod: er musste das Paradies verlassen, Mord und Totschlag kamen in die Welt, die künftigen Menschen werden in Schmerzen geboren; sie müssen ihr Brot im Schweiss ihres Angesichtes essen, verlieren den Respekt vor Gott und missbrauchen, ja zerstören die Erde. Die Folgen davon spüren wir bis heute, ja gerade heute, auch ohne und schon lange vor «Fridays for Future», denn der Sündenfall im Paradies löst eine ganze Kettenreaktion an Sünden aus, die die Menschheit also solche befällt und damit eine soziale Dimension annimmt. «In Adam haben alle gesündigt», schreibt der Apostel Paulus (Röm 5, 12ff). Mit der Erbsünde ist damit nicht eine persönliche Sünde ge–meint, sondern die Schwäche und Sündhaftigkeit der gesamten Menschheit als Nachkommen Adams: «Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod», schreibt Paulus, der diese «Theologie der Erbsünde» vor allem entwickelt hat. Sie entspringt nicht einem pessimistischen Menschenbild dieses Apostels, sondern der persönlichen Erfahrung des Apostels: «Ich weiss nämlich, dass in mir, das heisst in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt: Das Wollen ist bei mir vorhanden, aber ich vermag das Gute nicht zu verwirklichen. Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will, das vollbringe ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, dann bin nicht mehr ich es, der es bewirkt, sondern die in mir wohnende Sünde. Ich stosse also auf das Gesetz, dass in mir das Böse vorhanden ist, obwohl ich das Gute tun will» (Römer 7, 18–21). Deshalb, so lehrt unser Glaube, kann unsere Rettung nur durch Gott kommen, denn kein Mensch kann sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen.


Weihnachtsdarstellung, Glasfenster von L. Carnessali,  Kirche Mariä Himmelfahrt,
Meran, Südtirol. © Foto Poss

Heil durch Christus
Als die Menschen im Ungehorsam die Freundschaft mit Gott verloren und der Macht des Todes verfielen, hat Gott sie dennoch nicht verlassen, sondern ihnen «immer wieder einen Bund angeboten und sie durch die Propheten gelehrt, das Heil zu erwarten». Nachdem alle diese Versuche gescheitert sind, sandte Gott seinen Sohn, der in Maria Fleisch geworden ist. Durch die Geburt Jesu, seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung ist es den Menschen nun möglich, wieder das Heil zu erlangen. Kam durch einen Menschen (Adam) der Tod in die Welt, so kam durch einen Menschen (Jesus Christus) das Heil, das alle Menschen durch die Taufe gewinnen können, in der sie sich mit ihrem Retter verbinden. Gott hätte sicher auch entscheiden können, seinen Sohn Jesus durch einen Menschen zur Welt kommen zu lassen, der wie alle anderen von der Erbschuld befallen ist. Er hat anders entschieden, vielleicht auch um uns zu zeigen, dass ein reines, unbeflecktes Leben zuerst ein Geschenk ist. Man kann es nicht einfach programmieren und sich selber verdienen. Es ist ein Geschenk des erlösten Lebens, das all diejenigen empfangen, die auf das Wort Christi hin an das Reich Gottes glauben und bereit sind im Glauben Jesus nachzufolgen. «Wer, wie Maria, sich ganz Gott zur Verfügung stellt und sein gewiss nie ganz reines und unbeflecktes Herz dem Vater im Himmel anvertraut und dann nicht allzu sehr auf sich blickt, dem wird am ehesten etwas vom Glanz eines reinen und vollen Lebens geschenkt werden können, inmitten einer Welt, die nicht unbedingt den Titel einer “reinen Welt” verdient. Wer sich Gott anvertraut und dann im Glauben und Vertrauen im Geiste Christi handelt und seinem Mitmenschen ohne Hintergedanken dient, den Armen und Notleidenden ein gutes Wort und damit eine vielleicht kleine, aber frohe Botschaft bringt, und ein wenig Trost und Heil den Trauernden, einem solchen Menschen wird am ehesten etwas vom unbefleckten Glanz des erlösten Lebens geschenkt werden, der uns in Maria anschaulich geworden ist.» Dann kann ich mein katholisches Leben wirklich leben, auch wenn ich nicht alles durchschaue.

Paul Martone


Detail aus dem Marienfenster (1956), Glasfenster im Chor des Liebfrauenmünsters zu Strassburg. Foto © Poss

BETEN IM ALLTAG

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Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem!
Sieh, dein König kommt zu dir,
ja, er kommt, der Friedefürst.
Tochter Zion, freue dich, jauchze laut, Jerusalem!
Hosianna, Davids Sohn,
sei gesegnet deinem Volk!

Foto: © by_Helene Souza_pixelio.de

 

Sich auf das Sterben vorbereiten

Ein Gebot der Nächstenliebe

Bild oben: © by_Peter Franz pixelio.de

Das erste und wichtigste Gebot der Bibel besteht darin, dass ich Gott mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit meinem ganzen Denken und mit meiner ganzen Kraft liebe und auch meinen Nächsten liebe wie mich selbst.

Worin aber besteht die Liebe zu meinem Nächsten? Als Antwort auf diese Frage liesse sich nun ein ganzer Katalog von Möglichkeiten auflisten, die unsere Nächstenliebe konkretisieren würden. Ich lade Sie heute aber ein, über einen ganz besonderen Aspekt der Liebe nachzudenken, der auf den ersten Blick vielleicht befremdlich ist und den wir sehr oft aus unserem Denken verdrängen, sei es, weil wir meinen dafür zu jung zu sein, oder einfach, weil er uns beunruhigt, ja ängstigt. Ich meine die Sterbevorsorge als Ausdruck der Liebe zu meinem Nächsten, vor allem zu meinen engsten Angehörigen, Freunden und Kindern.

Ich muss sterben
«Das Leben ist das Wartezimmer des Todes». Wir wissen von Anfang an, dass wir sterben werden – auch wenn wir nicht wissen wann, wo und wie, aber wir wissen, dass wir eines nahen oder fernen Tages sterben werden und zwar jeder einzelne von uns ganz direkt und persönlich. Hier gibt es keine Stellvertretung und niemand kann sich vor diesem Schritt drücken, ein Schritt, der manchen von uns schwerfällt, da wir Dinge und Personen, die uns viel bedeuten, loslassen müssen. Niemand beschäftigt sich gerne mit dem Tod. Und doch ist dies irgendwann unumgänglich.

Die Erfahrung zeigt, dass manche Familien, die jahrzehntelang in Frieden und Harmonie miteinander gelebt haben, nach dem Tod eines Angehörigen zerbrechen, ja gegeneinander teure Prozesse führen, weil sie das Gefühl haben, sie seien bei einer Erbschaft betrogen oder hintergangen worden. Nach Meinung des St. Galler Juristen Thomas Geiser haben diese Auseinandersetzungen vor Gericht «meist gar nichts damit zu tun, wie viel vorhanden ist. Da kann es um ganz un–bedeutende Dinge oder aber um Millionen gehen. Bei sehr vielen Erbstreiten geht es auch nicht ums Erben selbst, viel-mehr ist es die letzte Möglichkeit, in der Familie Rechnungen zu begleichen». Auch hier, ja besonders hier, wäre mehr Nächstenliebe gefordert!


Foto: aymane jdidi/pixabey

Mein Testament
Jeder Mensch kann vorübergehend oder auf Dauer die Fähigkeit verlieren, den eigenen Willen zu äussern, Entscheidungen zu treffen und Geschäfte abzuschliessen. Wer für diesen Fall nicht vor-sorgt, kann sich selbst, seine Familie oder auch seine Firma in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Dies zu verhindern und zum Erhalt des Friedens in der Familie oder in seiner Firma beizutragen, ist ein letzter Liebesdienst, den jemand seinen Nach–kommen machen kann. Jeder soll sei-ne Angelegenheiten vor seinem Tod möglichst gerecht und fair regeln und seinen letzten Willen klar ausdrücken, sei es durch ein Testament, sei es durch ein anderes notariell beglaubigtes Schreiben, in dem er/sie für den Todesfall Be–stimmungen trifft, auch im Blick auf bestimmte Personen, mit denen man besonders verbunden war, und auch um gewisse Streitigkeiten zu vermeiden oder um be-stimmte Personen von der Erbberechtigung auszuschliessen.

Wer sich mit seinem letzten Willen, sei-nem Testament, befasst, realisiert, dass es nicht einfach ist, dies zu formulieren. Es geht darin ja im wahrsten Sinn des Wortes «ans Lebendige», es handelt von Dingen, Wertgegenständen, oder auch von Liegenschaften, in die man vielleicht viel Zeit und Energie investiert hat, die einem dadurch auch lieb und teuer wurden, und die man nun zurücklassen muss. Es ist aber auch ein Abschiednehmen von Hoffnungen, Wünschen und Erwartungen. Wem es aber gelingt all dies loszulassen, kann dadurch zu einem grossen inneren Frieden und zu Gelassenheit finden, die hilft, ohne Angst dem entgegenzugehen, was auf den Sterbenden zukommt. Es ist wichtig gemeinsam mit Vertrauenspersonen darüber zu reden, dass das Leben endet – und dann gemeinsam zu überlegen, wo man sterben möchte, wer dabei sein soll, ob die Medizin alles Machbare tatsächlich durchführen muss. Diese wichtigen Fragen sollte man aber nicht erst in der letzten Lebenswoche besprechen, denn manchmal braucht es Zeit, um alles zu organisieren und die letzten Wünsche zu erfüllen.

Das Reden über seine Bedürfnisse und letzten Wünsche ist eine Umsetzung des grössten und ersten Gebotes der Bibel, nämlich der Eigenliebe.

Die Bestattung
Im Zusammenhang mit dem Loslassen stellt sich auch die Frage nach lebensverlängernden Massnahmen. Diese sind zuzulassen, doch besteht aus ethischer Sicht keine Verpflichtung, diese medizinischen Behandlungsmöglichkeiten bis zum Letzten auszuschöpfen. Wenn die Behandlung nur das Sterben verlängert, ist es an der Zeit, loszulassen. Wer selbstbestimmt sein Leben gestaltet, wird dies auch in Zeiten der Krankheit und beim eigenen Sterben wollen. Es ist möglich z. B. in einer Patientenverfügung festzulegen, welche medizinischen Massnahmen ergriffen und welche vermieden werden sollen.

Nützliche Hinweise zur Sterbevorsorge sind auf folgenden Internetseiten zu finden:
https://vorsorge.redcross.ch
www.patientenverfuegung-srk.ch (vom schweizerischen Roten Kreuz)

Wenn ein Mensch stirbt, müssen die Angehörigen oder Vertrauenspersonen über die Art der Bestattung, die Form der Mitteilung zu ihrem Tod und die Trauerfeier entscheiden. Manchmal beginnt der Streit in der Familie oft schon damit, wie jemand begraben werden soll – ob man kremiert oder nicht. Solche Uneinigkeiten können sich später in einem Erbstreit manifestieren. Man kann vieles davon vermeiden, wenn dies schon zu Lebzeiten geregelt wird indem man seine Wünsche festhält und die wichtigsten Dokumente geordnet hinterlässt. Dadurch werden die Angehörigen unterstützt und entlastet. Es spielt dabei keine Rolle, ob sich jemand für eine Erdbestattung oder eine Kremation entscheidet. Beide sind nach katholischem Verständnis möglich, sofern eine Verbrennung kein Ausdruck da–für ist, dass jemand nicht an ein Weiterleben nach dem Tod glaubt. Der Glaube eines Menschen kann für die Angehörigen auch bei der Suche nach dem letzten Willen eines Verstorbenen eine grosse Hilfe sein. Sie können sich dann fragen: Von welcher Hoffnung hat der schwerkranke, sterbende Mensch gelebt und wie würde er sich jetzt in dieser Situation entscheiden? Was ist sein mutmasslicher Wille? Ein glaubender Mensch, der eine Hoffnung auf die Ewigkeit hat, wo er die Menschen trifft, die ihm vorausgegangen sind, wird anders sterben als ein nur im und am Leben orientierter Mensch. Ein gelebter Glaube setzt immer auch Zeichen der Liebe so–wohl zu Gott als auch dem Nächsten gegenüber.


Foto: Poss

Organspende
Eine weitere Möglichkeit, über den Tod hinaus Nächstenliebe zu praktizieren, sehen die christlichen Kirchen insgesamt in der Organspende. Selbstverständlich muss jeder Organverpflanzung eine sorgfältige Prüfung vorausgehen. Papst Franziskus nannte die Organspende eine «edle und verdienstvolle Tat» wenn sie aus freien Stücken und «auf ethisch akzeptable Weise» geschieht. Eigene Organe für Kranke zur Verfügung zu stellen, entspreche nicht nur der sozialen Verantwortung, sondern sei auch ein Zeichen umfassender Solidarität und Nächstenliebe. Ausdrücklich ermunterte er Christen zur Organspende. Es handle sich um «ein Geschenk für den leidenden Herrn, der sagte, dass wir alles, was wir für einen notleidenden Bruder getan haben, für ihn getan haben», so Franziskus. Bei aller kontroversen Diskussion über die Frage, wann ein Mensch denn eigentlich tot sei und ihm die Organe entnommen werden können, bleibt festzuhalten, dass Voraussetzung für eine legitime Organspende ist, dass auf den Spender kein Druck aus-geübt wird, kein Geld fliesst, mit dem Körper des Verstorbenen pietätvoll umgegangen und die Verteilung der Organe vor möglichem Missbrauch geschützt wird. Bereits Papst Benedikt XVI. sagte bei einer Ansprache im Jahr 2008, «Der Akt der Liebe, der durch die Spende der eigenen lebenswichtigen Organe zum Ausdruck kommt, bleibt ein echtes Zeugnis der Nächstenliebe, die über den Tod hinaus zu blicken weiss, damit immer das Leben siegt».

Gutes zu Lebzeiten tun
Viele Menschen haben in ihrem Leben Gutes erfahren und möchten andere an diesem Glück teilnehmen lassen. Sie möchten über ihr Leben hinaus ein wirkungsvolles Zeichen der Nächstenliebe setzen, indem sie in einem Testament auch Menschen in Not berücksichtigen, denen sie etwas von ihrem Vermögen zukommen lassen wollen, denn nachdem Angehörige und Freunde gut versorgt sind, bleibt ihnen noch etwas übrig, das ihre tätige Nächstenliebe über die irdische Lebenszeit weiterleben lässt. Manchmal scheint es aber angeraten, schon zu seinen Lebzeiten sein Vermögen unter seinen Angehörigen aufzuteilen oder auch an wohltätige Institutionen zu spenden. Oft kann ein nachträglicher Erbstreit verhindert werden, wenn die Mutter oder der Vater einen Grossteil ihrer/seiner Güter bereits auf die Kinder verteilt und nur mehr das behalten hat, was für ein gutes und sorgloses Leben im Alter nötig ist.
                                                                                                                                       Paul Martone

Die Caritas Vorsorgemappe enthält eine Patientenverfügung, einen Vorsorgeauftrag, Anordnungen für den Todesfall sowie einen Leitfaden zum Testament. Alle Dokumente sind auch einzeln und in den Sprachen Französisch und Italienisch erhältlich.
Caritas Schweiz. Unter https://www.caritas.ch/de/startseite.html finden Sie den Shop, und da unter Vorsorge: die Vorsorgemappe – «Selbstbestimmt leben»

Für jung und alt

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Allerseelen (2. November)

An Allerseelen (lateinisch [Dies] in commemoratione omnium fidelium defunctorum, «Tag des Gedenkens an alle verstorbenen Gläubigen») begeht die römisch-katholische Kirche das Gedächtnis ihrer Verstorbenen. Das Gedächtnis aller Seelen wird im Kirchenjahr am 2. November begangen, einen Tag nach dem Hochfest Allerheiligen. Durch Gebet, Fürbitte, Almosen und Friedhofsgänge gedenken die Menschen aller Armen See-len im Fegefeuer und wenden ihnen Ablässe zu. In der römisch-katholischen Kirche hat der Allerseelenablass daher eine besondere Bedeutung.

Wo die Gräbersegnung nicht bereits am Nachmittag von Allerheiligen stattgefunden hat, findet sie an Allerseelen statt, wohin sie eigentlich gehört.

Der Allerseelentag am 2. November geht auf Abt Odilo von Cluny zurück; er hat diesen Gedenktag in allen von Cluny abhängigen Klöstern eingeführt. Das Dekret Odilos aus dem Jahr 998 ist noch erhalten. Bald wurde der Allerseelentag auch ausserhalb der Klöster gefeiert. Für Rom ist er seit Anfang des 14. Jahrhunderts bezeugt. Von Cluny aus verbreitete sich der Allerseelentag in der ganzen lateinischen Kirche. Er steht theologisch in enger Verbindung mit der Lehre vom Fegefeuer (Reinigungsort, Purgatorium) als Ort der Läuterung der Verstorbenen, die Hilfe von den Lebenden durch Gebet, Fasten und Almosen erhalten. Allerseelen ist vor allem in den Alpenländern mit zahlreichen Volksbräuchen verbunden.

BETEN IM ALLTAG

Foto: Sr Catherine, «Verbundenheit durch die Brücke»; Dolceaqua in Ligurien

Wer trauert, sagt mit seinen Augen,
seiner Haltung, vielleicht auch mit seinen Tränen:
Uns hat die Liebe verbunden.

ls Jesus beim Tod seines Freundes Lazarus weinte,
erkannten die, die dabei standen:
Seht, wie sehr er ihn geliebt hat!
Trauer ist eine Form,
dem Weggegangenen Liebe hinterherzutragen,
Liebe zu wahren über den Tod hinaus.
Wolfgang Bader

Text aus «Gedanken für die Zeit der Trauer», Verlag Neue Stadt

Das Auge Gottes


Foto: © olga meier-sander/pixelio.de

Immer wieder stosse ich in Kirchen auf Bilder, die ein Dreieck mit einem Auge in der Mitte zeigen. Was hat das zu bedeuten?
Sowohl das Dreieck als auch das Auge sind ein Zeichen für Gott, das viel älter ist als das Christentum. Das Dreieck steht für die Dreieinigkeit Gottes und das Auge darin bedeutet die Gegenwart Gottes.

Dieses Bild weckt bei mir aber Horrorvorstellungen von einer ständigen Überwachung.
Ja, dieses Zeichen ist für viele, vor allem ältere Katholiken, tatsächlich zu einem Schreckenszeichen geworden. Den Kindern wurde im Religionsunterricht und auch Zuhause von den Eltern eingetrimmt, dass sie machen können, was sie wollen: Gott sieht sie bei all ihrem Tun. Vor ihm können sie keine Dummheit und keine «Schandtat» verheimlichen und Gott verrät dann auch gleich alles den Eltern, die ihre Kinder dann entsprechend bestrafen. Das Auge Gottes wurde auf diese Weise zu einem frühkindlichen Terror-Begriff.


Foto: Auge Gottes auf einer Grabplatte, alter Friedhof, Moskau, Foto Poss

Warum hat man dieses Symbol denn trotzdem verwendet?
Gedacht war dieses Symbol anders. Jemand schrieb dazu einmal: «Wie gerne würden Menschen so gesehen, wie sie wirklich sind, von jemandem, der sie würdigt und ihnen gerecht wird! Und wie selten erleben sie das. Dieses Zeichen mit dem Dreieck und dem Auge darin kann Katholiken die Zuversicht geben, dass sie mit dem liebevollen Blick einer Mutter oder eines Vaters wahrgenommen werden. Davor muss und will man sich dann gar nicht verstecken.

Besten Dank für diese Auskunft!

pam

Das Streben nach der Errettung aller Menschen

Statue Jesu, des göttlichen Erlösers und Retter aller Menschen (Foto DR)

«Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen» (1 Timotheus 2, 4). Diese zentrale Aussage des Paulus lädt uns ein, weiterhin zu hoffen, dass alle Wesen von überall, von allen Glaubensrichtungen und Religionen teilhaben an der Errettung Gottes in Jesus Christus. Somit besteht kein Widerspruch zwischen Dialog und Mission. Im Gegenteil, die Mission beinhaltet notwendigerweise einen Dialog, und der Dialog öffnet sich zu einer herzlichen und respektvollen Verkündigung. Nachdem wir im Oktober den «Missionsmonat» gefeiert haben, sind wir daher eingeladen, in der ersten Novemberwoche die «Woche der Religionen» voll und ganz zu leben.

Denn der Herr der Bibel ist einzigartig, er ist «der lebendige Gott, der Retter aller Menschen» (1 Timotheus 4, 10b). Christus ist «der Weg, die Wahrheit und das Leben: niemand kommt zum Vater ausser durch mich», sagt er seinen Jüngern im Johanneseveangelium (Jo 14, 6).

Im Dienst der Wahrheit
Gleichzeitig ist es die Liebe in der Tat und in der Wahrheit, nach der jeder Mann und jede Frau guten Willens beurteilt wird, wenn der Menschensohn uns allen sagen wird: «Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben: Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen. Ich war nackt und ihr habt mir Kleider gegeben. Ich war krank oder im Gefängnis und ihr habt mich besucht. Was ihr einem meiner Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan» (Matthäus 25, 31–46).

Wir können uns also nicht damit zufriedengeben, es uns miteinander gemütlich zu machen. Papst Franziskus drängt uns an die Peripherie anderer religiöser Traditionen, damit wir der Welt den «Dienst der Wahrheit» erweisen, denn diese hat das Recht sie zu kennen. Damit wir uns auch durch die Keime der Wahrheit bereichern lassen, die in allen Religionen vorhanden sind und wir gemeinsam die Wege des Königreichs des Friedens, der Gerechtigkeit und des Schutzes der Schöpfung frei legen. Deshalb ist der interreligiöse Dialog ein wesentlicher Bestandteil der Verkündigung der Freude am Evangelium und der Sendung Christi (vgl. Evangelii gaudium, Nr. 247–254). In einen authentischen Dialog einzutreten bedeutet, das Heil aller unserer Gesprächspartner anzustreben.

François-Xavier Amherdt

Weltmissionsmonat

Hier bin ich, sende mich!

Gastland Guinea

Lassen Sie sich mitnehmen auf eine Reise in unsere Weltkirche! Dieses Jahr geht es nach Guinea, in Westafrika. Lernen Sie eine Kirche kennen, die, wie wir, die Spuren Gottes im Leben sucht. Die Geschichte der Kirche Guineas ist jung und ganz anders als unsere, und doch auf überraschend vielfältige Weise mit unserer Geschichte verwoben. «Hier bin ich, sende mich!» heisst das Leitmotiv des diesjährigen Monats der Weltmission und schliesst an den Ausserordentlichen Monat der Weltmission 2019 an. Die Frage, die Jesaja hier b-antwortet, geht auch an uns: Sind wir bereit, eine Sendung anzu-nehmen, aufzubrechen und uns auf das Abenteuer des Glaubens einzulassen? Der Sonntag der Weltmission ist dieses Jahr am 18. Oktober. Nehmen Sie sich etwas Zeit und lassen Sie sich von unserer weltweiten Kirche faszinieren und inspirieren!

In Verbundenheit: Diakon Martin Brunner-Artho, Direktor missio Schweiz

COVID -19
Wenn aufgrund der Covid-19 Krankheit während des Monats Oktober erneut einschränkende Massnahmen für die Durchführung kirchlicher Aktivitäten eingeführt werden müssen, besuchen Sie uns auf der Internetseite:
www.missio.ch/wms

Guinea – Das Wasserschloss Westafrikas
In diesem kleinen Land waren in der Vergangenheit zahlreiche Schweizer Missionarinnen und Missionare im Einsatz.
Wenn die Schweiz das Wasserschloss Europas ist, dann ist Guinea das Wasserschloss Westafrikas! Der Landesname kommt von den vielen Flüssen, die dort ihre Quelle haben. Die Guineer unterscheiden vier natürliche Regionen: Nieder-Guinea (Küstengebiet), Mittel-Guinea (Gebirge), Ober-Guinea im Nordosten des Landes (Savanne) und Wald-Guinea im Südosten. Guinea ist sechsmal so gross wie die Schweiz und hat eine Bevölkerung von fast 12 Millionen Menschen. Wie in vielen afrikanischen Ländern sind seine Einwohner jung: Die Hälfte ist unter 19 Jahre alt. Die Amtssprache ist Französisch. Daneben gibt es mehr als 20 lokale Sprachen. Etwa 7% der Bevölkerung sind Christen.

Bischof Eugène Maillat
Ein unermüdlicher Missionar – in Guinea und ehemaliger Direktor von Missio
Sämann, Menschenfischer… Sein ganzes Leben hat er für Gott und die Mitmenschen gegeben! Mit diesen wenigen Worten kann man vielleicht Bischof Eugène Maillat, den ersten Bischof der Diözese N’Zérékoré in Guinea, in Kürze beschreiben. Sie reichen aber nicht aus, um zu erzählen, wie aus dem jungen Mann aus dem Schweizer Jura, der im Sommer 1944 bei den Weissen Vätern eintrat, allmählich ein mustergültiger Jünger Christi wurde. 1945, 26-jährig, wurde Eugène Maillat zum Priester geweiht und reiste im April 1946 nach Guinea aus. Nur sechs Monate später predigte und verrichtete er seine Arbeit in der Landessprache! 1951 wurde er zum jungen Apostolischen Präfekten von N’Zérékoré ernannt und 1959 zum Bischof geweiht. Damals gab es in der Diözese 26 Priester und 500 000 Gläubige. Er kümmerte sich vorbildlich um sie und trieb sie zur Selbstversorgung an. Er investierte seine ganze Kraft in die Ausbildung von Katechisten und forderte, sie sollten echte Katechisten und nicht «billige Religionslehrer» sein. Er stellte sein Bischofsamt unter den Schutz von Gobu Yaza, dem ersten Märtyrer Guineas. Im ganzen Land stiess er die Gründung von Pfarreiräten und Pastoralzentren an.

1967 erlebte er den schwierigsten Moment seines Lebens: die Ausschaffung der ausländischen Missionarinnen und Missionare aus Guinea. Von der Schweiz aus führte er seine Diözese weiterhin dank der gut ausgebildeten Katechisten vor Ort. 1973 wurde er Direktor von Missio in Freiburg. Alle waren beeindruckt von seinem Enthusiasmus und seiner Art, mit den Mitarbeitenden umzugehen. 1979 übergab er mit Freude den Bischofsstab in Guinea an einen einheimischen Bischof. Trotzdem: Sein Herz hat nie aufgehört für Afrika zu schlagen! 1988 ist er unerwartet gestorben, im Wissen, dass ihm unzählige Säfrauen und -männer nachfolgten.

Die Kirche in Guinea – Eine bewegte Geschichte

Die Geschichte der Kirche in Guinea ist jung.
Erst 1927 werden in N’Zérékoré, wo heute die meisten Christen leben, die ersten Taufen gefeiert.

Die Anfänge sind für die Weissen Väter alles andere als einfach. 1958 entscheidet sich Guinea für die Unabhängigkeit von Frankreich. 1959 wird der Jurasser Pater Eugène Maillat erster Bischof von N’Zérékoré. Maillat legt grossen Wert auf die Ausbildung der Laien. Das sollte sich als sehr weitblickend erweisen, denn 1967 werden alle Ausländer von Sékou Touré des Landes verwiesen. Darunter Bischof Maillat und der Walliser Jean-Baptiste Coudray, welcher der Diözese Kankan im Nordosten Guineas vorstand.

Dort leben die Christen als kleine Minderheit in einem mehrheitlich muslimischen Umfeld. Im ganzen Land gibt es 1967 erst sehr wenige einheimische Priester, doch sie können auf die Laien zählen. Sie halten den Glauben und die Kirche in der langen und schwierigen Zeit der Diktatur unter Touré lebendig. Das spürt man bis heute! In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich die Situation für die Kirche verbessert und sie blüht förmlich auf. «Als ich vor zwanzig Jahren hier ankam, hatten wir in der Stadt eine Pfarrei, heute sind es vier und die Kirchen sind voll», bestätigt Generalvikar Abbé Jean-Marie Guemou. In der Liturgie kann die gute Stimmung in überschwängliche Freude, in Gesang und Tanz münden, dass sich die Priester gezwungen sehen einzugreifen, damit die Liturgien nicht unendlich lang werden. Die Kirche engagiert sich wieder in der Bildung, hat eine nationale und diözesane Caritas aufgebaut, macht Gesundheitsarbeit und vieles mehr, auch wenn ihr nur 7 % der Bevölkerung angehören.

Die Kollekte am Sonntag der Weltmission
Diese Kollekte ist einzigartig! Sie wird weltweit gleichzeitig in allen katholischen Pfarreien der Welt durchgeführt! Das gesammelte Geld bildet den Solidaritätsfonds der Weltkirche. Dieser ermöglicht die gerechte Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel zugunsten der finanziell noch nicht eigenständigen Ortskirchen. Nur durch den gemeinsamen Solidaritätsfonds von Missio kann vermieden werden, dass gewisse Ortskirchen womöglich ohne jede Hilfe bleiben, weil sie keine direkte Verbindung nach Europa haben. Missionarische Projekte der eigenen Pfarrei dürfen nicht mit dieser Kollekte für Missio vermischt werden. Die Schweizer Bischofskonferenz ruft alljährlich die Wichtigkeit dieser offiziellen Kollekte in Erinnerung.

«Die Laien sind die Eckpfeiler der Kirche»

Ihr Männer in der Gemeinde, übernehmt eure Verantwortung: verteidigt die Frauen und respektiert sie! Das ist eine Frage der Erziehung. Ihr seid aufgerufen, Vorbilder zu sein.»    Marie Suzanne Mane

Missio: Welche Aufgaben haben die Laien, Frauen und Männer, in den Pfarreien? Marie Suzanne Mane: Die Laien sind in allen Strukturen, Bewegungen und Gruppen (Messdiener, Frauen) der Pfarrei eingebunden und informieren den Pfarrer oder seine Sekretärin über ihre Aktivitäten und Initiativen. Die Kommission Feste und Veranstaltungen ist für die Koordination aller Aktivitäten in der Pfarrei zuständig. Die Kommission Gerechtigkeit und Konflikte schlichtet Streitigkeiten, die zwi-chen Pfarreiangehörigen entstehen können. Die Kommission Familie und Berufung sensibilisiert die Jugendlichen für die Notwendigkeit, sich dem geweihten Leben oder der Ehe zu verpflichten; sie organisiert auch Gebetsnovenen. Die Pfarrei ist in kleine christliche Gemeinschaften (Basic Christian Communities, BCC) unterteilt, die jeweils einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten haben. Einige BCCs müssen fusionieren, weil die Mieten zu teuer sind oder es an Gläubigen mangelt. Die BCCs treffen sich entsprechend ihrer Aufgaben: allgemeine Organisationsfragen, Mitgliedsbeiträge für den laufenden Bau der Kirche, Reinigung der Kirche, Rosenkranzgebet (in Gruppen von drei, vier oder fünf Familien) und samstags die Frühmesse mit dem Pfarrer. Die BCCs übernehmen auch Aufgaben wie das Kochen an kirchlichen Festtagen. Der Priester betreut Austauschgruppen, Gebets- und Solidaritätsgruppen (zum Beispiel Taufvorbereitung, Liturgien, Gebetsnacht, Weiterbildungsangebote, usw.).

Wie definieren Sie den Auftrag eines Laien in der Kirche?
Die Laien sind die Eckpfeiler der Kirche. Sie schaffen Harmonie und Verständnis im Pfarreileben. Sie sind in den Räten der Pfarrei, im Pastoralteam, im Chor, in der Katechese, im finanziellen Bereich und in karitativen Werken tätig. Selbst die Vorbereitung auf die Erwachsenentaufe, Eheschliessungen und vieles mehr ist den Laien anvertraut. Die Laien sind ein starkes Bindeglied in der Pfarrei: im karitativen Bereich, in der Mobilisierung von Resourcen und in der Unterstützung.

Nehmen Frauen an den Überlegungen in der Pfarrei teil und haben sie das Recht zu sprechen?
Die Dynamik hat sich verändert: Frauen sind stark in die Entscheidungen eingebunden. In den Ausbildungs- und Exerzitienhäusern sind sie in die Ausbildung und Weiterbildung unserer Priester und Seminaristen mit einbezogen. Die Frauen sind in allen Entscheidungsgremien und den sozialen Einrichtungen vertreten und sie leiten auch mehrere Kommissionen und Verbände. Natürlich kümmern sie sich auch um die Dekoration und Reinigung der Kirche! Sie besuchen die Kranken in den Familien und in den Krankenhäusern und spenden oft an die Kirche.

Wird die wachsende Zahl von Priestern die Rolle der Laien verändern?
Das glaube ich nicht. Priester und Diakone sind berufen, ihren eigenen Dienst in Zusammenarbeit mit den Laien zu leben. Sie tun es ohne Trennung oder Vermischung der je kirchlichen Sendung.

Marie Suzanne Mane aus Conakry, Guinea
engagiert sich in ihrer Pfarrei Saint Michel de Coleah.

Um die Erde zu pflegen und zu bewahren

«Das gesamte Schöpfungswerk in Genesis 1 feiert als grosse Liturgie die Einführung der Vielzahl von Arten an Pflanzen, Tieren, Fischen und Vögeln. In den Dienst dieser unendlichen Blüte, ist der Mensch gestellt.»

Gott vertraut die Erde dem Menschen an, um sie zu pflegen und zu bewahren.

Die Bibel und die christliche Theologie wurden oft fälschlicherweise beschuldigt, die Ausbeutung des Planeten durch den Menschen zu fördern. Aber, «damit er ihn bearbeite und hüte», vertraut der Herr «Adam den Garten der Schöpfung an». Gott «nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden» (Genesis 2:15). Er, dessen Name «schlammig» bedeutet (von Adamah, der roten Erde auf Hebräisch), kann nicht zu seinem eigenen Profit an sich reissen, was er als Geschenk erhalten hat und von dem er selbst stammt: «Da formte Gott, der Herr, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.» (Genesis 2:7). Das Wort Eva meint dasselbe, nämlich die Lebende. Menschen (der Begriff stammt vom lateinischen Humus, der Erde) sind daher von Natur aus mit dem Kosmos verbunden und sie sind aufgerufen, alle Kreaturen als Liebkosung göttlicher Zärtlichkeit zu respektieren.

Die beiden ersten Berichte der Genesis müssen daher zusammen betrachtet werden. Die Aufforderung an den Mann und die Frau, die nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen sind (Genesis 1,27, wo beide „bereits“ vorhanden sind), klingt daher wie ein Aufruf zur Verantwortung. «Seid fruchtbar und mehret euch, füllt die Erde und unterwerft sie» (1,28a) bedeutet in keiner Weise «den Erdball ausbeuten, seine Ressourcen so weit missbrauchen, dass er zerstört wird, mit der Atmosphäre so spielen, dass die Existenz des Planeten bedroht wird». Ganz im Gegenteil: «pflegt ihn, bepflanzt ihn, denn ihr seid meine Vertreter und meine Gefolgsleute, setzt meine gute Arbeit fort, damit er Früchte trägt und diese Frucht bleibt».

Im Dienst der unendlichen Blüte
Darüber hinaus feiert «das gesamte Schöpfungswerk in Genesis 1 als grosse Liturgie die Einführung der Vielzahl von Arten an Pflanzen, Tieren, Fischen und Vögeln. In den Dienst dieser unendlichen Blüte, ist der Mensch gestellt», nicht als allmächtiger Tyrann, der frei ist, die biologische Vielfalt zu einem Scherbenhaufen zu machen. Betrachtung und Danksagung, Respekt und Schutz, Gerechtigkeit und Frieden: Dies sind die Einstellungen, die der Menschheit eingeflösst werden müssen, um das zu «schützen», was ihr vom Schöpfer anvertraut wurde. Heute mehr denn je!

François-Xavier Amherdt

Der Rosenkranz

Der Oktober wird ja auch Rosenkranzmonat genannt. Warum?
Dies hat mit der Schlacht bei Lepanto zu tun, bei der am 7. Oktober 1571 die christlichen Mittelmeermächte, einen überraschenden Sieg über das muslimische Osmanische Reich errungen haben. Diesen Sieg schrieb der Papst dem Rosenkranzgebet zu und der 7. Oktober wird seither als «Gedenktag Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz» gefeiert. Ausgehend von diesem Fest führte Papst Leo XIII. 1891 den Oktober als «Rosenkranzmonat» ein.

So weit so gut, aber ist das Beten des Rosenkranzes heute überhaupt noch sinnvoll?
Ich glaube, dass es nichts bringt über den Sinn des Rosenkranzgebetes zu diskutieren, denn sein Sinn erschliesst sich einem erst beim Beten selbst.

Aber diese ständigen Wiederholungen der gleichen Worte schläfern ein!
Mit einfachen Worten, die sich immer wiederholen, werden Geist und Seele ruhig vor Gott. Es ist ein Gebet, in dem nicht ich als Beter aktiv werden muss, vielmehr kann ich mich in diese Worte und Gedanken hineinfallen lassen, zur Ruhe kommen und so Kraft finden für die Gestaltung meines Lebens. Papst Franziskus hat das einmal wie folgt ausgedrückt: «Der Rosenkranz ist das Gebet, das mein Leben begleitet; das Gebet der Einfachen und der Heiligen; das Gebet meines Herzens».

Der Rosenkranz erinnert mich, ehrlich gesagt, ein wenig an ein Mantra.
Das ist gar nicht so falsch, denn die Hindus nennen den Rosenkranz heute respektvoll «Mantra der Christen», bei dem es nicht auf das intelligente Formulieren von Gebetstexten ankommt, sondern viel mehr auf Rhythmus und Atem. Die ständigen Wiederholungen sind wie eine Hintergrundmusik, die unsere Gedanken klären. Sie verlangen keine schnelle Problemlösung von Gott, sondern helfen uns, das Leben und Wirken Jesu mit den Augen der Muttergottes zu betrachten.

Dann ist der Rosenkranz einfach nur eine weitere Meditationsform, die ich auch im Hinduismus oder Buddhismus finden könnte?
Ein Unterschied beim Rosenkranz ist sicher, dass ich nicht nur das Leben Jesu betrachte, sondern versuche, mir Marias Sicht, ihre Liebe zu Jesus und ihren Glauben zu eigen zu machen und im Leben umzusetzen. Der Rosenkranz ist deshalb letztlich ein Jesus-Gebet, das immer noch aktuell ist.

Besten Dank für die Auskunft.

pam

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