Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Gedanken zum Neuen Jahr

Mit dem Monat Januar beginnt das neue Jahr. Wir wissen heute noch nicht, was es bringen wird, sicher jedoch Gutes und Schlechtes, Ereignisse, die uns aufstellen, aber leider wohl auch solche, die uns niederdrücken. Was auch kommen mag: versuchen wir hinter allem einen Sinn zu finden und in unserem Alltag Gottes Spuren zu entdecken.

Foto: © Rosa Previti

«Stufen»
Der Titel dieses Artikels entspringt dem Ge­­dicht «Stufen» von Hermann Hesse (1877–1962). Es ist eines der bekann­testen Gedichte des Lyrikers und es ist sogar in unsere Alltagssprache eingegangen. 
Hesse, der dieses Werk nach langer Krank­­heit dichtete, beschreibt darin, dass unser Leben nicht ewig dauert. Daher müs­sen wir stets bereit sein Ab­­schied zu nehmen und einen Neuanfang zu wagen und uns in Tapferkeit und ohne Trauer in neue Bindungen zu ge­­ben. Es ist ein Gedicht, das von Auf­­bruch und Lebenshunger, von Identitäts­entwicklung aber auch von Trauer und Abschied handelt. Zweifellos ist es ein forderndes und mutiges Gedicht, denn es lädt uns ein, nicht an der Stelle zu treten, sondern bereit zu sein, neue Wege zu suchen und sie dann auch zu gehen. Es ist gewiss ein Risiko, aber auch eine Chance, Neues zu wagen und aufzubrechen in eine gute Zukunft. Die­­ses ständige Aufbrechen, bewahrt uns, gemäss Hesse, vor «Erschlaffen», das eintritt, wo wir heimisch geworden sind und «traulich eingewohnt».
Sicher ist es nicht einfach, ausgetretene Wege zu verlassen, alte, manchmal auch lähmende Gewohnheiten abzulegen und sich auf Neues und Unbekanntes einzulassen und es auszuprobieren und da­­durch zu entdecken, dass es auch an­­ders gehen kann – denn anders ist nicht immer auch falsch! Dafür müssen wir aber oft aus unserer Komfortzone raus, also aus alldem, was wir gewohnt sind. Es kann aber eine Chance sein, um Neues in der Welt und auch in sich selber zu entdecken. Das Leben anders zu leben, kann auch eine Chance für Gott sein, uns seinen Willen auf neue Weise zu zeigen und die Stufen zu ihm, zu unseren Mitmenschen und auch zu uns selber mit neuem Schwung in Angriff zu nehmen. «Wohlan denn, Herz, nimm Ab­­schied und gesunde!», schreibt Hesse.

Foto © by_S. Hofschlaeger_pixelio.de

Nichts soll dich ängstigen 
In jedem Neubeginn liegt ein Zauber, «der uns beschützt und der uns hilft, zu le­­ben». Für die Christen ist dieser Zauber nicht etwas Abstraktes, sondern hat Viel­mehr einen Namen: Es ist das Wort, das bei Gott war und in Jesus Christus Fleisch ge­­worden ist. Gott wurde Mensch, um sich vorbehaltlos auf die Seite der Men­schen zu stellen. Mit ihm dürfen wir das Neue Jahr 2023 in Angriff nehmen. Wir sollen ohne Angst und Furcht auf das schauen, was uns das Jahr bringen wird und heiter Raum um Raum durchschreiten», weil wir wissen, dass Gott
in jedem Raum unseres Lebens bei uns ist. Mir gefällt, was die heilige Teresa von Avila (1515 –1582) ge­­schrieben hat: «Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe. Alles erreicht der/die Geduldige, und wer Gott hat, hat alles. Gott allein genügt». Das will uns nicht zu Einsiedlern machen, die meinen, sie müssen keinen Kontakt mehr haben zu ihrer Umwelt, ihren Familienan­gehörigen und Freunden, weil ja Gott allein genüge. Es bleibt die Wahrheit der Schöp­fungs­geschichte auch heute noch, nach der es nicht gut ist, dass der Mensch allein ist. Es will uns aber zeigen, dass dort, wo wir mit unserem Leben und un­­seren zwischenmenschlichen Beziehun­gen an eine Gren­­ze stossen, Gott uns dennoch zugewandt bleibt. Sicher bleibt genug Grund zur Sorge und Angst, doch wie schrieb schon der Apostel Paulus? «Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bit­ten mit Dank vor Gott.» Seine Gegenwart vertreibt alle Furcht, sie schenkt Zuver­sicht und macht unsere Herzen bereit, offen und aufmerksam füreinander.

Foto © Gregor Gander-Thür

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe, blüht jede Weisheit auch und jede Tugend zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne, um sich in Tapferkeit und ohne Trauern in andre, neue Bindungen zu geben. Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen, der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen, er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen, nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde uns neuen Räumen jung entgegen senden, des Lebens Ruf an uns wird niemals enden…
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Geduld mit Gott

Foto Poss

Ich behaupte nicht, dass dies einfach ist. Fragen bleiben und sie werden uns auch durch alle Monate des neuen Jahres begleiten. Fragen und Angst zu haben, ist keine Sünde. Es «ist unvernünftig keine Angst haben zu wollen oder sie gar zu verdrängen dort, wo Angst uns Menschen im Blick auf unsere Welt wirklich geboten ist» (Johannes Paul II.), aber es braucht manchmal etwas Ge­­duld, es braucht Verständnis füreinander und Mut, um nicht zu resignieren. Es braucht oft auch Geduld, bis Gott uns zeigt, was er mit uns vor hat, und es braucht die Offenheit, dass der Heilige Geist ganz unterschiedliche Wege kennt und findet, in dieser Welt von heute zu wirken. «Hab Vertrauen in das langsame Arbeiten Gottes. Ganz natürlich drängen wir in allen Dingen ungeduldig dem Ziele zu. Wir möchten die Zwischenstufen über­­springen. Wir leiden voller Ungeduld dar­­unter, zu etwas Unbekanntem, Neuem un­­­terwegs zu sein. Dabei ist es das Ge­­­setz jedes Fortschreitens, dass sein Weg über das Unbeständige führt – das eine sehr lange Zeit andauern kann. … Schen­ke unserem Herrn Vertrauen, und denke, dass seine Hand dich gut durch die Fins­­ternisse und das Werden führen wird – und nimm aus Liebe zu ihm die Angst auf dich, dich im Ungewissen und gleichsam unfertig zu fühlen.» Dies schrieb der Jesuit und Naturwis­sen­schaftler Pater Pierre Teilhard de Char­din (1881–1955), ein grosser Vordenker, der die Evolu­tionstheorie und die christliche Heils­ge­schichte miteinander verbinden wollte. 

Foto Christus in der Kirche von Lérins

«Christus gibt alles!»
Ja, jedem Anfang wohnt ein Zauber in­­ne, aber auch die Ungewissheit, wohin die Wege des neuen Jahres uns führen. Haben wir keine Angst, auch dieses Jahr der Führung Gottes anzuvertrauen mit all seinen Überraschungen, Freuden und Krisen, die es bringen wird, denn «Chris­tus nimmt nichts, und er gibt alles. Wer sich ihm gibt, der erhält alles hundertfach zurück! Wer Christus einlässt, dem geht nichts, nichts – gar nichts verloren von dem, was das Leben frei, schön und gross macht. Nein, erst in dieser Freund­schaft öffnen sich die Türen des Lebens. Erst in dieser Freund­schaft ge­­hen überhaupt die grossen Mög­­lich­keiten des Mensch­seins auf. Erst in dieser Freund­schaft erfahren wir, was schön und was befreiend ist» (Papst Benedikt XVI.). Und ich möchte hinzufügen: erst in dieser Freund­schaft wird auch im neuen Jahr ein Zauber inneliegen!


Paul Martone

Foto © Sr Catherine

Alle Nationen versammelt in Zion

(Micha 4, 1-3)

Photo: © MtZionfromAbuTor

«So konkretisiert Jerusalem, was sein Name bedeutet: Stadt des Friedens.»

Auf Zion, dem Hügel von Jerusalem, sollen sich alle Nationen versammeln.

In grossartigen eschatologischen Visio­nen – die auf das Ende der Zeiten ge­­richtet sind – kündigen die Propheten Micha (4,1–3) und Jesaja (2,1–5) für Israel das an, was die Kirche zu verwirklichen berufen ist: Die Gesamtheit der Nationen versammelt sich auf Zion, dem Hügel von Jerusalem; sie strömen zum Berg der heiligen Stadt, wo Gott seine Gegenwart durch den Tempel aus Stein gesichert hat; der Herr spielt die Rolle des Schiedsrichters zwischen den Völ­­kern, er übt Gerechtigkeit und Recht aus, indem er alle Geschöpfe guten Willens am Heil teilhaben lässt; er lässt das Ge­­setz wie einen Fluss und sein Wort wie einen Strom fliessen, damit die Schran­ken der Rassen, Volksstämme, sozialen Klassen oder Religionen vernichtet werden. So wird Jerusalem, was ihr Name be­­­deutet: Stadt des Friedens, Ort des Shalom, wenn Schwerter in Pflugscharen und Speere in Sicheln für die Ernte verwandelt werden!
Wenn die Kirche, wie es in der Kons­ti­tution des Zweiten Vatikanischen Konzils heisst, das «Licht der Völker», lateinisch lumen gentium, ist, dann soll sie Zeichen und Werkzeug für die Vereinigung der Men­schen mit Gott und untereinander sein (Lumen gentium, Nr. 1). Aus biblischer Sicht kann es daher im neuen Israel keine Grenzen geben, weder in der Schweiz zwischen Kantonen, Diöze­sen, Ortsge­mein­schaften und Sprach­mis­­sio­nen, noch zwischen unserem Land und der Euro­päischen Union und auch nicht zwischen Katholiken, Christen, Gläubigen und Sinn­­suchern auf der ganzen Welt.
Daran erinnern auch die zahlreichen Rei­sen von Papst Franziskus rund um den Globus. Von nun an ist der Tempel Got­tes im Leib Christi und im Fleisch jeder menschlichen Person. Der Friede ist das Zeichen des Reiches Gottes im Heiligen Geist, der keine Mauern oder Grenzen kennt. Er ist nicht nur für das Ende der Zeiten zu errichten, sondern schon heu­te, dort, wo wir uns entwickeln, in der Menschheit von 2023. Das neue Jahr öff­­net sich wie ein Raum um die Ver­söhnung zu vollenden.

François-Xavier Amherdt

Der schwarze König

Anbetung der Könige, Relief von einem gotischen Schnitz­altar (1470–1480), Dom zu Erfurt. Foto Poss

Einer der drei heiligen Könige wird immer schwarz dargestellt. Ist das heute eigentlich noch gerechtfertigt?
Es ist mir wichtig zu betonen, dass die Darstellung des Königs Melchior mit schwarzer Hautfarbe nichts mit rassistischem Denken zu tun hat. 

Warum ist aber ein König immer schwarz?
Das kommt daher, dass man diese drei Könige als Symbole sah: einmal standen die drei für die drei Alter des Menschen. Ab dem späten Mittelalter verbreitete sich dann die Darstellung als Vertreter der damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika – einer der Könige wur­de also als Schwarzer abgebildet.

Dann hat das aber nichts mit Rassismus zu tun, wie man hie und da hört!
Die Problematik des schwarzen Königs kommt daher, dass man im Laufe der Ge­­schichte die Menschen schwarzer Hau­tfarbe als minderwertig betrachtete und damit auch die Sklaverei rechtfertigte. Das geht natürlich gar nicht, denn ge­­rade die Weihnachtsbotschaft zeigt uns, dass Jesus für alle Menschen in Beth­lehem geboren ist und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht oder Haut­farbe!

Kann ein schwarzer König positiv gedeutet werden?
Ja sicher! Jeder der biblischen Stern­deu­ter ist «ein hoch angesehener Weiser, ein König des Wissens». 

Und dann?
Dann stimme ich Jakob Johannes Koch zu, der geschrieben hat, Weih­nachts­krip­pen mit der Figur des Melchior zeigen einen Afrikaner, der Königswürde und Wissen symbolisiert. Das zeugt von ho­­her Wertschätzung und universaler Men­­­schen­würde. «Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und aus unterschiedlichen Ethnien sind gleichwertige Akteure und Adressaten von Jesu Froh­bot­schaft.», sagt Koch.

Und wenn es drei weisse Könige wären?
«Sollen wirklich nur noch die “drei weis­sen heiligen Könige” durch die Strassen ziehen?» fragt Koch. Sollte Melchior in der Weihnachtskrippe ein irgendwie neutrales Aussehen bekommen? Das könnte auch als neue Apartheid in Kunst, Kultur und Brauchtum interpretiert werden.

Besten Dank für die klärende Auskunft! (pam)

Für Eltern von Kleinkindern

Die Eltern als Katecheten ihrer Kinder

Foto: © Poss

Wie kann ich auf die Fragen von Kleinkindern nach Gott antworten?

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir unsere Mutter hie und da aus dem Konzept bringen konnten mit einem kleinen Wort, nämlich dem Wörtchen «Wa­rum?» Die Mutter gab sich dann Mühe zu antworten, aber auf jede ihrer Antwort folgte dann sofort unser nächstes «Wa­rum?», bis die Mutter schliesslich etwas entnervt ausrief: «Darum!» Damit war die Diskussion dann erledigt.

Ich denke, es ging nicht nur meiner Mutter so, obwohl sie eine taffe Frau war, aber auch sie wusste eben nicht alles, auch wenn Kinder manchmal glauben, dass Mama alles weiss und Papa alles kann (oder umgekehrt)! Für viele Eltern ist es oft eine Überforderung, wenn sie auf religiöse Fragen ihrer Kinder nach Gott und dem Glauben antworten sollen. Viele haben sich schon lange nicht mehr mit diesen Fragen auseinandergesetzt und sie mussten des­halb feststellen, dass das eigene Glaubenswissen in den Kinderschuhen steckengeblieben ist, anderen fallen nur Antworten ein, die sie früher im Katechismus gelernt haben. Diese sind sicher nicht falsch, aber die Frage stellt sich, wie man diese heute «kindgerecht» beantworten kann. Des­halb können Fragen der Kinder nach dem Glauben ein guter Anlass sein, dass sich die Eltern (und auch die Paten) selber wieder neu nach ihrem Glauben, ihrer Beziehung zu Gott und ihrem Verhältnis zur Kirche fragen.

Falsch ist es, solche Fragen leichtfertig ab­­zutun oder zu antworten: «Das verstehst du noch nicht! Dafür bist du noch zu klein!» Am schlimmsten für das spätere Glaubensleben wäre es aber, wenn Kindern falsche Bilder und Vorstellungen von Gott vermittelt würden. Es ist keine Schande, auch als Eltern zu bekennen, dass man das selber auch nicht weiss. Man kann dann versuchen Zeit zu gewinnen: «Das erkläre ich dir später, dafür brauchen wir mehr Zeit!» Um ehrlich und richtig antworten zu können, müssen sich Eltern heute meistens selbst informieren und ihr religiö­ses Wissen «updaten», die Wahrheit suchen und in ihrem Leben den Glauben umsetzen. Der heilige Paulus schreibt, dass wir ein Brief Christi seien, der in unserem Herzen geschrieben ist. Darin sollten alle lesen können, was Christus uns mitteilen möchte. Die Kinder spüren sofort, ob Papa und Mama solch ein ehrlicher Brief sind, ob sie wirklich glau­ben, was sie sagen und wie selbstverständlich aus ihrem Glauben heraus ihren Alltag gestalten.

Wir wollen deshalb in den kommenden Aus­­gaben des Pfarrblattes auf Fragen  von Kindern Ant­worten suchen. Es sind gewiss nur Spuren, die wir legen, die verbunden sind mit der Bitte an die Eltern, selbst weiter auf diesen Spuren zu gehen, um ihre Kinder «im Geiste Christi und seiner Kirche zu erziehen», wie sie es bei ihrer Trauung versprochen haben.

Und sicher gibt es auch Eltern, die uns von ihren Erfahrungen berichten können und gute Tipps mit uns teilen wollen.

Ich freue mich auf entsprechende Feed­backs.   Paul Martone

BETEN IM ALLTAG

Foto: © DR

1. Januar

Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde
Gott sah alles an, was er gemacht hatte, 
und siehe, es war sehr gut. (Gen 1, 1.31)

Tröstlich zu wissen inmitten bedrängender Fragen, ermutigend angesichts undurchschaubarer Zukunft: eine allumfassende, schöpferische Liebe am Anfang der Welt, am Anfang meines Lebens, am Anfang des neuen Jahres, am Anfang jedes Tages.
Und diese göttliche Liebe trägt und umhüllt mich, eröffnet neue Lebensperspektiven, verwandelt, lässt mich reifen, führt zum Ziel auch durch Dun­­kelheiten – und alles ist gut.

Gott, hab Dank, dass du meinen Weg vom Anfang bis zum Ziel treu und schöpferisch begleitest. Amen.

2. Januar

Gott erschuf den Menschen als sein Bild, 
als Bild Gottes erschuf er ihn (Gen 1, 27)

Der Mensch, ich, erschaffen gottähnlich, Abbild der ewigen Liebe, beschenkt mit höchster Würde, berufen zur Liebe, zur Freiheit – und doch immer wieder seine Würde missachtend, ein Mensch der Lieblosigkeit, der freien Entscheidung für die Unfreiheit der Sünde – ein Zerrbild.

Gott, hilf mir, mich selbst besser zu achten, meiner selbst bewusster zu werden, meiner Würde und Berufung, meines Auftrags. Amen.

Komm, Herr Jesus! Oder vielleicht doch lieber nicht?

Adventszeit: Vorbereitung auf die Wiederkunft Christi

Karte Maria Laach

Die Adventszeit lädt ein, uns während vier Wochen auf das Fest der Geburt Jesu Christi vorzubereiten. «Der Advent ist die Zeit, in der wir uns die Nähe Gottes ins Gedächtnis rufen, der zu uns hinabgestiegen ist. Er will nahe zu uns kommen, doch er bietet sich an, er drängt sich nicht auf. An uns liegt es, darin nicht müde zu werden, ihm zu sagen: „Komm!“ Das liegt an uns, das ist das Gebet des Advents: „Komm!“», so Papst Franziskus.

Christkönig, Landshut, Zisterzienserinnenabtei Seligenthal.
Foto © Poss

«Heruntergekommener» Gott
Doch was haben wir aus diesem «Komm!» gemacht? Wir haben ja gerade vor Weihnachten keine Zeit für den, der da kommen soll, denn es gibt ja noch so viel zu tun, um uns auf das Fest des Weihnachtsmannes, bestenfalls noch des Christkindes, vorzubereiten. Schliesslich müssen noch zahlreiche Geschenke gekauft und eingepackt werden, ein Weihnachtsbaum muss auch noch her und der Braten schon mal beim Metzger bestellt werden. Dann und nur dann wird Weihnachten ein schönes Familienfest, an dem man mal wieder ohne schlechtes Gewissen schlemmen darf. Um seine zusätzlichen Rundungen kümmert man sich dann am 26. Dezember wieder.
Dabei wird allzu oft vergessen, worum, oder noch besser, um wen es an diesem Fest überhaupt geht! Es geht nicht um den «holden Knaben im lockigen Haar», der «O-Wie-Lacht», sondern um Gott, der in diesem kleinen und wehrlosen Kind heruntergekommen ist in unsere Welt und in unser persönliches Leben. Er will dieses Leben auf «gute Weide» führen, damit es ein gelungenes Leben wird, das dem Menschen, der ernstgemacht hat, mit dem, was er und sie in der Advents-zeit gesungen haben, nämlich dem Herrn der Herrlichkeit die Tür und die Tore hoch und weit gemacht haben. Mit ein bisschen Rührseligkeit am Heiligen Abend ist es daher nicht getan, denn dieses Kind ist erwachsen geworden und tritt mit einem gewaltigen Anspruch auf: «Folge mir nach!» Das sagt dieses Kind zu all jenen, die ihn in der warmen Stube im Lied «Ihr Kinderlein kommet!» als «lieblichen Knaben und himmlisches Kind» in ihren Krippen bestaunt haben. Diese Nachfolge erledigt sich nicht mit weichen Lebkuchenherzen, sondern zeigt sich oft im harten Brot des Alltags, im Wissen darum, dass dieses Kind von Bethlehem 33 Jahre später in Jerusalem als Verbrecher am Kreuz gestorben ist. Vom weihnachtlichen Lametta ist nichts mehr geblieben als ein geschundener Mensch, der angenagelt am Schandpfahl, in seinem Todeskampf an Gott gezweifelt hat, aber mit seinem letzten Atemzug dennoch sein Leben diesem Gott in seine Hände zurückgab. Wahrlich ein «heruntergekommener» Gott! Wahrlich aber auch ein Gott, der auf unserer Seite steht und auch unsere Fragen, Zweifel und Nöte kennt und versteht, da auch er durch diese Prüfungen hindurchgegangen ist. Und es ist derselbe Gott, der in Jesus Mensch geworden ist, der seinen Jüngern und Jüngerinnen versprach, eines Tages zurückzukommen und sie zu sich zu holen (vgl. Johannes 14, 3). 

Komm, Herr Jesus!
Auf diese Wiederkunft Christi haben sich die Jüngerinnen und Jünger der Urgemeinde gefreut und mit Sehnsucht darauf gewartet. Immer wieder ertönte in ihren Versammlungen der Ruf «Maranatha! – Komm, Herr Jesus!» (1 Korinther 16, 22 und Offenbarung 22, 20). Es ist dies der Ruf eines Freundes nach seiner Freundin, der innigste Wunsch der Freundin ihren Freund wiederzusehen, den sie nach langer Zeit der Abwesenheit und der grossen Entfernung so gerne wieder in die Arme schliessen möchte. Wer schon einmal eine tiefe Sehnsucht nach einem Menschen in seinem Herzen hatte, kann nachvollziehen, wie die Christen der Urgemeinde diesen Jesus Christus, ihren Freund und Meister, erwarteten. Die ersten Christen erwarteten diese Wiederkunft Christi bald einmal, ja sie gingen sogar davon aus, dass die meisten von ihnen dies noch selber erleben werden und sie freuten sich darauf. Dafür stützen sie sich auf ein Wort aus der Offenbarung des Johannes, wo zu lesen ist, dass Christus «bald» kommen werde (Offenbarung 22, 7). Als dann aber die ersten Christen starben, obwohl Jesus noch nicht wiedergekommen war, stürzte dies die Gemeinde in grosse Zweifel und brachte eine grosse Enttäuschung mit sich. Paulus musste dann in seinen Briefen an die Gemeinde in Thessaloniki viel Überzeugungsarbeit leisten und daran erinnern, dass es nicht um «Zeit und Stunde» der Wiederkunft Christi gehen könne, denn «der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht» (1 Thessalonicher, 5, 1–2). Deshalb sei es notwendig nicht zu schlafen, sondern wach und nüchtern zu sein. Paulus sagt, dass Jesus wiederkommen werde, niemand wisse aber, wann dieser Zeitpunkt komme. Es wird den ersten Christen also ein «Aufschub gewährt», was zu «den wirklich bemerkenswerten Umständen der Entstehung des Christentums gehört, dass sich seine ganze Geschichte im Prinzip einem Aufschub verdankt bzw. sich in einem Aufschub entfaltet. Die allerersten Christ*innen rechneten in grosser zeitlicher Nähe mit der Wiederkunft des auferstandenen Christus «zu richten die Lebenden und die Toten» (Christian Brouwer). 

Foto Pfarrer Daniel Noti, Leuk

Jesus, komm lieber (noch) nicht!
Und wir heute? Glauben wir denn allen Ernstes an diese Wiederkunft Christi und wollen wir sie überhaupt? Das ist eine Frage, die gerade in der Adventszeit nach einer Antwort verlangt, denn Jesus «will nahe zu uns kommen, doch er bietet sich an, er drängt sich nicht auf. An uns liegt es, darin nicht müde zu werden, ihm zu sagen: «Komm!» Das liegt an uns, das ist das Gebet des Advents: «Komm!» Jesus, so erinnert uns der Advent, ist zu uns gekommen und wird wiederkommen am Ende der Zeiten. Aber, so fragen wir uns, wozu dient dieses Kommen, wenn er nicht heute in unser Leben kommt? Laden wir ihn ein!», so Papst Franziskus. 
Manche tun sich mit dieser Einladung aber schwer, sie fürchten die Wiederkunft Christi und hoffen, dass er noch lange auf sich warten lässt. Besteht der Grund dafür vielleicht darin, dass wir in diesem wiederkommenden Christus nur mehr den Richter der Lebenden und der Toten sehen und nicht mehr den liebenden Freund? Die Entwicklung der Theologie hat aus diesem Tag der Wiederkehr mit seinem freudigen «Maranatha» leider in den vergangenen Jahrhunderten einen «Dies irae», einen Tag des Zornes gemacht, einen Tag mehr im Zeichen der Furcht und des Schreckens, denn wer kann schon vor diesem himmlischen Richter bestehen, einen Tag der Tränen und des Wehklagens, an dem wir abgeurteilt werden. Ja, auch das Neue Testament spricht davon, dass Christus als Richter wiederkommen wird, aber er kommt nicht als unbarmherziger Paragraphenreiter, da er sich doch «als Lösegeld für alle hingegeben hat» (1 Tim 2, 6). «Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird» (Joh 3, 17). Deshalb empfiehlt uns Jesus im Blick auf die Endzeit keine ängstliche Furcht, sondern: «Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe» (Lk 21, 28). Wenn wir zu ihm aufblicken, wird «unser Gesicht leuchten und wir brauchen nicht zu erröten» (vgl. Psalm 119). 

Foto Wikipedia

Die Adventszeit lädt uns somit ein, immer wieder voller Freude zu beten: Komm, Herr Jesus! «Können wir also um das Kommen Jesu beten? Können wir aufrichtig sagen: “Marana tha! Komm, Herr Jesus!”? Ja, wir können es. Nicht nur das. Wir müssen es! … Wir bitten ihn in Augenblicken persönlicher Bedrängnis: Komm, Herr Jesus und nimm mein Leben hinein in die Gegenwart deiner gütigen Macht. Wir bitten ihn, dass er Menschen, die wir lieben oder um die wir Sorge tragen, nahe werde. Wir bitten ihn, dass er in sei–ner Kirche wirksam gegenwärtig werde. Warum sollen wir ihn nicht bitten, dass er uns auch heute wieder neue Zeugen seiner Gegenwart schenke, in denen er selber kommt? Und diese Bitte, die nicht unmittelbar auf das Weltende zielt, aber doch wahre Bitte um sein Kommen ist, trägt in sich die ganze Welt der Bitte, die er selbst uns gelehrt hat: “Dein Reich komme!” Komm, Herr Jesus!» (Papst Benedikt XVI.)

In diesem Sinne allen eine besinnliche Adventszeit, damit Jesus komme!


Paul Martone

Für jung und alt

Foto: DR

Mich freut es jeweils wenn unser Pfarrer nach der Messe vor dem Eingang die Leute begrüsst und sich Zeit nimmt mit ihnen einen Schwatz zu machen.

Sollen wir nun immer vor dem Abstimmen uns an den Vorschlägen der Kirche orientieren?

Der von Papst Franziskus angestossene synodale Weg lädt uns ein, uns Gedanken über die Kirche und unser Leben in ihr zu machen. Weder unser Leben in der Kirche noch unser privates Leben ist immer eitler Sonnenschein. Fragen, Sorgen und Probleme beschäftigen uns und suchen nach Antworten. Aber es gibt auch viel Licht, Freude und Hoffnung.
All diese Gefühle und Erfahrungen ihrer Mitglieder sind der Kirche nicht egal, denn «Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände», schrieben bereits die Teilnehmer am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965). Die Pfarrblattredaktion möchte Sie, geschätzte Leserinnen und Leser heute einladen, diese Fragen und Sorgen mit uns und allen anderen Leserinnen und Lesern zu teilen. Dafür haben wir eine Art «Klagemauer» errichtet, an der Sie ihre Frage, Sorgen, Gedanken mit uns allen teilen können, aber auch Dank sagen dürfen für all das Gute, das es eben auch gibt.
Schreiben Sie uns, damit wir unsere «Klagemauer» füllen können, denn wie ein Sprichwort sagt, ist geteiltes Leid halbes Leid, aber anderseits ist geteilte Freude auch doppelte Freude.
Die Redaktion wird in den Pfarrbättern vom kommenden Jahr Ihre Eingaben veröffentlichen, um so miteinander zu spüren, was uns bewegt, was wir uns als kirchliche Gemeinschaft von der Kirche wünschen und erhoffen, erbitten und fordern.
Es ist gewiss ein gewagter Versuch, der auch scheitern kann, wenn niemand es wagt seine Hoff-nung, Freude, Sorgen und Ärger mit seinen Mitmenschen zu teilen. Sie können selber sagen, ob Ihr Beitrag mit oder ohne Namen veröffentlicht werden soll. Es muss sicher nicht erwähnt werden, dass sich die Redaktion das Recht vorbehält, beleidigende Beiträge nicht zu veröffentlichen, aber wir gehen davon aus, dass unsere Leserinnen und Leser einen geschwisterlichen Stil untereinander pflegen.
Schreiben Sie uns ein paar kurze Zeilen auf pfarrblatt@staugustin.ch und wir werden diese im Pfarrblatt veröffentlichen. Dazu müssen Ihre Gedanken jedoch bis spätestens Ende Dezember bei uns eintreffen. Sie können uns auch einen kurzen Brief oder eine Postkarte schicken an folgende Adress: Augustinuswerk, Postfach 51, 1890 Saint-Maurice.
Ob dies eine gute Aktion werden wird, oder ein Reinfall, das entscheiden alleine Sie. Wir freuen uns auf diese spannende Aktion. 


    Paul Martone

BETEN IM ALLTAG

1. Dezember

Zur Freiheit hat uns Christus befreit. (Gal 5, 1)

Wir sind als Ebenbild Gottes erschaffen, sind freie Menschen – frei für das Gute oder für das Böse. Wenn wir uns für das Böse entscheiden, gegen Glaube, Hoffnung und Liebe handeln und damit sündigen, geraten wir in die Verstrickung, die Unfreiheit der Schuld. Wenn wir die Liebestat des gekreuzigten Christus im Glauben annehmen, werden wir aus dieser schuldhaften Verstrickung befreit. DAS ist die Freiheit, die Christus uns schenkt – und die uns frei macht auf Gott hin, die uns befreit zum Einsatz für umfassende menschliche Freiheit.

Gott, lass mich Freiheit finden und erfinderisch sein im Einsatz für die Freiheit. Amen.

31. Dezember

Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Der auf dem Thron sass, sprach: Seht, ich mache alles neu. Wer will, empfange umsonst das Wasser des Lebens. Er, der dies bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. –  Amen. Komm, Herr Jesus! Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen! (Offb 21, 1.5; 22,17.20–21)

Im Vergehen des Jahres auch ein Blick auf das Vergehen meines Lebens und das Vergehen der Welt – und die Bitte um das Kommen Jesu.

Die Bitte, dass er zu mir kommt und mich befreit von der Schuld und Last des vergangenen Jahres – dass er zu mir kommt und mich für das neue Jahr befreit zu mehr Glaube, Hoffnung und Liebe – dass er zu mir kommt in meinem Tod und mich befreit zum neuen, ewigen Leben – dass er wiederkommt, die Schöpfung aus ihren Tränen und Seufzern befreit und die neue, vollendete Welt heraufführt.

Gott, hab Dank für alles, was mich im vergangenen Jahr näher zu dir, den Mitmenschen und mir selbst gebracht hat – komm weiterhin mit deiner Güte in mein Leben, bleib bei mir, sei mein Leben für Zeit und Ewigkeit. Amen.

Kaputte Heilige

Foto: DR

Wir haben kürzlich die Wohnung meiner Grossmutter geräumt, die gestorben ist. Dabei haben wir auch ein paar Statuen und Heiligenbilder gefunden, die zum Teil ziemlich beschädigt sind. Ich möchte diese nun gerne entsorgen, aber habe ein schlechtes Gewissen dabei, diese in den Müll zu werfen. Was soll ich in dieser Situation tun?
Es ehrt Sie, dass es ihnen schwerfällt, diese Statuten und Bilder, man nennt sie Devotionalien, einfach so in den Abfall zu werfen. Zuerst müssen Sie sich vergewissern, ob es sich dabei nicht vielleicht um wertvolle Antiquitäten handelt.

Nein, es sind nur Figuren aus Gips und ein paar billige Drucke aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Massenware also.
Auch wenn manches Objekt nicht wertvoll ist oder vom Stil her nicht mehr in die Wohnung passt, sind diese laut römisch-katholischem Kirchenrecht weder Kunst- noch Kitschobjekte, sondern Andachtsgegenstände, die auf das Jenseits verweisen. Zeichen für Frömmigkeit und eine Hilfe, den Glauben auszudrücken.

Daher habe ich ja auch ein schlechtes Gewissen diese wegzuwerfen.
Wenn die Objekte nicht repariert werden können, verweist die Tradition darauf, dass sie verbrannt oder vergraben werden sollen. Bei einem Gegenstand, den man verbrannt hat, wird anschliessend die Asche vergraben.

Wieso denn vergraben?
Der Brauch, geweihte Dinge an die Erde zurückzugeben, entstammt dem Gedanken, dass ein im Namen Gottes gesegneter Gegenstand zu Gott zurückkehren soll, so wie auch ein Mensch begraben wird. 

Und Gipsfiguren?
Bei diesen wird es am einfachsten sein, sie mit einem Hammer zu zerschlagen und im Müll zu entsorgen. Dabei sollten Sie aber darauf achten, dass diese Stücke nicht irgendwo aus dem Kehrichtsack herausschauen und Leute, die daran vorbeigehen, in ihren religiösen Gefühlen verletzt.

Was ist mit Rosenkränzen, die wir nicht mehr brauchen?
Für diese gilt dasselbe. In vielen Gegenden ist es aber immer noch Brauch, dass einem Verstorbenen ein Rosenkranz um die Hände gewickelt wird. Setzen Sie sich doch einmal mit einem Bestatter in ihrer Nähe in Verbindung und fragen Sie ihn, ob er ihre Rosenkränze brauchen könnte.

Besten Dank für Ihre Erklärungen. (pam)

Eine originelle «heilige» Familie

(Lukas 2, 41–50)


Kirchenfenster in Grimentz/VS. Foto Sr Catherine

Die «heilige» Familie, die jedes Jahr nach Weihnachten gefeiert wird, (dieses Jahr am Freitag, 30. Dezember) überrascht uns immer wieder.

Eine seltsame «heilige» Familie: Die Mutter Maria ist Jungfrau, der Vater Josef ist nicht der «wahre» Vater – das ist Gott –, sondern lediglich der Pflege- und Adoptivvater, der Jesus in die Linie Davids einreiht. Vom Sohn wollen wir gar nicht erst reden: Schon mit zwölf Jahren läuft er weg, löst sich aus dem Kokon der Familie, stürzt seine Eltern in Sorge, widmet sich den Angelegenheiten seines himmlischen Vaters und scheint sich nicht für seine Verwandten zu interessieren (Jesus im Tempel von Jerusalem unter den Lehrern, in Lukas 2, 41-50). Kaum zu glauben, dass dies die einzige Episode aus seiner Kindheit und Jugend ist, die die Evangelien berichten!
Zwar endet diese Geschichte gut: Jesus kehrt mit Josef und Maria nach Nazareth zurück, er ordnet sich ihnen unter, er wächst an Weisheit, Grösse und Gnade vor Gott und den Menschen (Verse 51-52). Aber der Text macht deutlich, dass seine Eltern dieses verwirrende Kind nicht verstehen. «Warum hast du uns das angetan?», werfen sie ihm vorwurfsvoll vor, als sie ihn am dritten Tag bei einem grossen Gespräch mit den Gesetzesgelehrten antreffen. «Siehe! Dein Vater und ich suchten dich ängstlich», fügt Maria hinzu (V. 48). Und als er ihnen antwortet, dass er im Haus seines Vaters bleiben müsse, verstehen die armen Eltern nicht, was er ihnen damit sagen will (V. 50). «Maria bewahrt all diese Ereignisse treu in ihrem Herzen», sagt der Text (V. 51), und versucht wohl, nach und nach sie zu verstehen.

Glücklich und verbeult
Man könnte meinen, man sei Zeuge einer der unzähligen Bege-benheiten, die fast jedes heutige Familienleben durchziehen: Eltern, die sich von ihrem Teenager, der in vielen Bereichen – nicht zuletzt dank des Internets – weitaus kompetenter ist als sie, völlig «abgehängt» fühlen, in Schweigen, Depressionen oder Mager-sucht versinken oder von einer für ihre Umgebung völlig ungewohnten Zukunft träumen. Die «heilige» Familie, die jedes Jahr nach Weihnachten gefeiert wird, überrascht uns immer wieder. Sie sieht aus wie all die verbeulten Familien, Allein-er-ziehenden oder Patchwork-familien, die unsere Zeit kennt. Und doch: In allen Formen von Familien, den glücklichen wie den verwirrten, den vereinten wie den zerbrochenen, ist Gott durch seinen Geist der Liebe gegenwärtig. Christus macht jede Familie zum Tempel, in dem er sich dauerhaft niederlassen möchte.

François-Xavier Amherdt

Allerheiligen oder alle heilig?

Die Heiligkeit: ein Ruf für alle (Offenbarung 7, 9)

Foto: © DR

Am 1. November feiert die Kirche das Fest Allerheiligen. Sie denkt dabei an all jene Frauen und Männer, die auf Erden ein vorbildliches Leben geführt haben und von denen wir glauben, dass sie nun die Herrlichkeit Gottes schauen. Wir können darunter jene «grosse Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen» verstehen, die niemand kannte. Sie «standen vor dem Thron und vor dem Lamm, gekleidet in weisse Gewänder, und trugen Palmzweige in den Händen» (Offenbarung 7, 9).
Wir sehen, dass es unzählige Menschen sind, die im Himmel und damit heilig sind! Die oft zitierte Einschränkung, dass nur 144 000 Menschen im Himmel sein werden, steht zwar auch in der Bibel (Off 7, 4), doch ist diese symbolisch und nicht rechnerisch zu verstehen.
Wenn wir die Briefe des Apostels Paulus an die verschiedenen Gemeinden lesen, so können wir feststellen, dass er diese nicht an den Gemeindepräsidenten schrieb, oder an den Pfarrer, sondern an «die berufenen Heiligen» (Römer 1, 7), an «die Geheiligten in Christus Jesus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu Christi des Herrn überall anrufen» (1 Korinther 1, 2), an «die Heiligen, die an Jesus Christus glauben» (Epheser 1, 1).
In der Urkirche wurde «Heilige» die gewöhnliche Bezeichnung des Christen, zuerst in Palästina (Apostelgeschichte 9, 13.32.41), später in allen Gemeinden (Röm 8.27; Philipper 4.2; Kolosser 1.4 etc.).

Gott der Heilige 
Ein Blick ins Alte Testament zeigt, dass Gott der Heilige schlechthin ist (Jesaja 6.3), doch heissen jene, die ihm in besonderer Weise gehören auch dort schon «Heilige». Dies trifft zuerst auf das auserwählte Volk Israel zu (Ex 19.6) und wird im Neuen Testament auf die Christen übertragen. Sie sind das neue «heilige Volk» (1 Petrus 2.5.9), deren Mitglieder durch die Taufe zu einem reinen Leben berufen sind (1 Korinther 7.34), welche sie heilig macht wie Gott (1 Petr 1, 15f) und wie Jesus, den «Heiligen Gottes» (Markus 1.24). Im nächtlichen Gespräch mit Nikodemus sagt Jesus zu ihm, dass der Mensch «aus Wasser und Geist» von neuem und von oben her «geboren» wird (Johannes 3, 3-8). Dieser Geist gibt den Getauften auch die Kraft, das neue Leben als Geheiligte und Gerechte (1 Kor 6, 11) im konkreten Alltag zu gestalten. So gibt es keine Unterschiede unter den Menschen mehr (Gal 3, 28), sondern alle sind in den einen Leib der Kirche eingefügt (1  Kor 12, 13). So schafft die Taufe die Einheit in Christus (Gal 3, 28).

pam

Katholisch

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Ich bin katholisch, aber was bedeutet der Begriff «katholisch» eigentlich?
Der Begriff «katholisch» kommt aus dem Griechischen «katholikos» und bedeutet so viel wie allgemein, allumfassend, vollständig, allgemeingültig und weltweit.

Meistens wird dies aber auf die römisch-katholische Kirche bezogen.
Das stimmt, doch die römisch-katholische Kirche ist nicht nur römisch, sondern weltweit. 

Also eine Weltkirche?
Genau, aber sie bezieht ihr Selbstverständnis nicht aus weltlichen Strukturen, sondern begreift sich auch als apostolische Kirche, die «von oben» gestiftet ist. Sie ist die Raum und Zeit übergreifende Gemeinschaft der sich zu Jesus Christus bekennenden Menschen. Daher ist sie nicht nur «römisch-katholisch», sondern auch apostolisch.

Das heisst?
Das heisst, dass die Kirche gewissermassen grenzenlos ist, nicht von weltlichen Grenzen oder politischen System abhängig. Sie ist auch nicht nur irdisch, sondern geht über das Irdische hinaus, denn auch die Verstorbenen gehören zur Kirche.

Auch die Verstorbenen?
Ja, auch sie, denn das Wort «katholisch» bezieht sich auf alle Gläubigen, die mit Christus verbunden sind und zwar sowohl auf jene, die noch auf Erden leben als auch auf jene, die schon gestorben sind. Sie alle sind Teil der allumfassenden, lebensfrohen grossen Familie Gottes.

Das ist aber eine grosse Familie!
Sie ist nicht nur gross, sondern auch bunt und trotz ihrer internationalen Verschiedenheit eine Gemeinschaft. Es gibt also keine «Kirche Schweiz», sondern eine katholische und apostolische Kirche in der Schweiz, die auf Christus ausgerichtet und mit dem Papst verbunden ist. Eine grosse Familie, in der es keine Ausländer gibt, selbst wenn sie in fernen Ländern leben und unterschiedliche Traditionen kennen. Und darum bin ich gerne katholisch!

Herzlichen Dank für die Auskunft. pam

Reformer der Kirche

Die Kirche ist immer neu zu reformieren («Ecclesia semper reformanda») heisst ein altes Motto. 
In der Geschichte der Kirche hat es immer wieder Menschen gegeben, die sich diese Reform der Kirche zur Aufgabe gemacht haben. Drei dieser Gestalten wollen wir uns im Folgenden anschauen.

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Papst Paul VI. (1897–1978)

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Dieser Papst, getauft auf den Namen Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini, war ein Mensch, der es eigentlich niemandem recht machen konnte: den Konservativen war er zu progressiv und den Progressiven zu konservativ. Vielfach wird er reduziert auf seine Enzyklika «Humanae vitae», in der er 1968 die Beachtung des natürlichen Sittengesetzes forderte, nach dem «jeder eheliche Akt von sich aus auf die Erzeugung menschlichen Lebens hingeordnet bleiben» müsse. Damit erteilte er all jenen Kreisen eine Absage, die die Möglichkeit einer Empfängnisverhütung durch die Pille und andere chemische Mittel forderten. Diesen Entscheid fällte der Papst nach langem persönlichem Ringen, obwohl eine vorberatende Kommission sich mehrheitlich für eine Öffnung der Kirche in den Fragen um künstliche Empfängnisverhütung aussprach. Eine Minderheit unter der Führung des Erzbischofs von Krakau, Karol Wojtyla, dem späteren Papst Johannes Paul II. unterstützte in einem Gutachten die bisherige (konservative) Position, für die sich Paul VI. in seiner Enzyklika schliesslich aussprach. Nach der Veröffentlichung dieses päpstlichen Schreibens, das wie eine Bombe in der Weltöffentlichkeit einschlug, entlud sich ein gewaltiger «Shitstorm», eine geballte Ladung an Kritik, über den Papst, der als «Pillen-Paul» lächerlich gemacht wurde, obwohl die «Pille» in seinem Schreiben an keiner Stelle erwähnt wird. Auch von anderen Verhütungsmitteln ist in dem Text nirgends wörtlich die Rede. Der Papst litt sehr unter dieser ungerechten Kritik und betonte immer wieder, dass er es vor seinem Gewissen nicht hatte verantworten können, die Lehre der Kirche in diesem Punkt zu ändern und die Enzyklika erst nach langem innerem Ringen und bedrängt von gegensätzlichen Beratern unterschrieben habe.
Man tut Papst Paul VI., der von vielen als von Zweifeln geplagter Träumer gehalten und in die Ecke eines «Bremsers des Fortschrittes» geschoben wurde, grosses Unrecht!

Das 2. Vatikanische Konzil
Man vergisst, dass Paul VI. der eigentliche Konzilspapst ist. Papst Johannes XXIII. hat dieses zwar auf den Weg gebracht und auch eröffnet, mit dem Ziel der Erneuerung der Kirche, der Einigung der Christen und der Öffnung zur Welt und zur ganzen Menschheit. Der Papst, der bereits bei der Eröffnung des Konzils 1963 schwer krank war, starb bereits kurz nachher. 
Nach Montinis Wahl zum Papst bezeichnete er es als seine Hauptaufgabe, das von seinem Vorgänger begonnene Konzil fortzusetzen und zu Ende zu führen. Mehr als sein Vorgänger griff Paul VI. in das Konzils-geschehen ein und entzog verschiedene heikle Fragen der Diskussion der Konzilsväter und reservierte die Entscheidung sich als dem Oberhaupt der Kirche. Das brachte ihm Kritik der Progressiven ein, für die die Konzilsdokumente hinter den Erwartungen zurückblieben, aber auch von Seiten des konservativen Flügels, die dem Papst umstürzlerische Ideen zum Schaden der bewährten innerkirchlichen Strukturen vorwarfen. Sofort nach Abschluss des Konzils im Jahr 1965 machte sich der Papst an die Durchführung der Konzilsbeschlüsse und an die Reform kirch-licher Einrichtungen, angefangen bei der römischen Kurie. Historisch zu nennen ist die Begegnung zwischen Paul VI. und Patriarch Athenagoras 1964 in Jerusalem. Aufsehen erregte sein Entscheid, nach dem Bischöfe mit Vollendung des 75. Lebensjahres ihren Rücktritt einreichen müssen. Paul VI. war nicht ein nur in der Tradition verankerter Kirchenführer, vielmehr war er auch spürbar aufgeschlossen für die Zeichen der modernen Zeit, was sich in seinen zahlreichen Lehräusserungen niederschlug. Dies zeigt auch seine Sozialenzyklika «Populorum progressio» (1967), in der er energisch für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung eintrat. Seine Regierungszeit fiel in eine Zeit ausserordentlicher Ereignisse, starker Gegensätze und eines totalen gesellschaftlichen Um–bruchs. Es war die Zeit nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, in der plötzlich alles in Frage gestellt wurde. Auf der einen Seite sollte er die grossen Werte der Tradition verteidigen, anderseits für die notwendige Öffnung der Kirche zur Welt eintreten. Dazu dienten auch seine zahlreichen Reisen, unter anderem 1969 auch nach Genf.
«Paul VI. hat, manchmal unter Mühen und von Unverständnis umgeben, ein leidenschaftliches Zeugnis von der Schönheit und Freude einer totalen Nachfolge Jesu abgelegt. Noch heute mahnt er uns, zusammen mit dem Konzil, dessen weiser Steuermann er war, unsere gemeinsame Berufung zu leben: die universale Berufung zur Heiligkeit. Nicht zum Mittelmass, sondern zur Heiligkeit.» (Papst Franziskus anlässlich der Heiligsprechung von Paul VI. am 14.  Oktober 2018)

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Kardinal Charles Journet (1891–1975)
Journet ist in Genf geboren und wurde 1917 zum Priester geweiht. Nach Seelsorgejahren in den Pfarreien des Bistums wurde er 1924 Professor für Dogmatik am Priesterseminar in Fribourg. Er erwarb sich einen Ruf als Theologe von Weltrang, sodass ihn Papst Johannes XXIII. zum Konzilstheologe ernannte. 1965 machte ihn Papst Paul VI. zum Bischof und Kardinal, eine Ehre, die er «trotz Hemmung und Widerstreben über sich hat ergehen lassen müssen».

«Charles Journet war ein tiefgründiger Prediger, der regelmässig in Genf die Kanzel bestieg, ein Denker, nicht abgekapselt, sondern den Problemen der Welt sehr offen», schrieben die «Neuen Zürcher Nachrichten» anlässlich seines Todes. Wer Kardinal Journet nur vom Sehen gekannt hat, konnte leicht den Eindruck bekommen, er schwebe in den Wolken, doch stand er in Wirklichkeit mit beiden Füssen auf dem Boden. Er war «derjenige katholische Theologe –  vermutlich nicht nur in der Schweiz – der den nationalsozialistischen Staat und seine Unmenschlichkeit am zielstrebigsten von den Prinzipien her bekämpft hatte», schrieb Victor Conzemius. In Journets dreibändigem Hauptwerk mit dem Titel «L’Eglise du Verbe Incarné», hat sich der Theologe und Denker im Geist des hl. Thomas der Welt und ihren Problemen geöffnet. Der damalige Bundespräsident Hans-Peter Tschudi hat am 26. Februar 1965 als Kardinal Journet nach seiner Rückkehr aus Rom vom Bundesrat empfangen wurde, diesen feinsinnig charakterisiert: Ein Priester, Denker und Theologe mit aussergewöhnlicher moralischer Autorität, den die philosophischen Betrachtungen keineswegs abgehalten haben, sich mit den Zeitproblemen und dem Gegenwartsgeschehen zu befassen. In den dunkelsten Stunden der Menschheit habe er die Kraft gefunden für Wahrheit und Gerechtigkeit Zeugnis zu geben. Journet war mit seinen Ideen ein Vorläufer des Zweiten Vatikanischen Konzils. Viele Probleme, die er in seinen Werken behandelt hat, sind von diesem Konzil aufgegriffen und weiterentwickelt worden. Von seinem Hauptwerk hat man mit Recht gesagt, dass er darin «die Erneuerung, von der die Konzilskonstitution über die Kirche zeugt, vorbereitet» habe. Gleiches gilt für die Haltung der Christen gegenüber den Juden. Auch damit hatte sich das Konzil zu befassen. In anderen Werken griff Journet das Problem der Beziehungen der Kirche mit der modernen Welt und die Frage der Religionsfreiheit auf. Auf ihn treffe, so der Artikelschreiber in den «Freiburger Nachrichten», das Wort des Dichters Terenz zu: «Ich bin ein Mensch, und nichts Menschliches ist mir fremd». Wenn Journet so «menschlich» war, so deshalb, weil er vor allem ein Mann Gottes war!

Kardinal Charles Journet mit Bischof Mamie (Foto © DR)

Bischof Nestor Adam (1903–1990)
Im Gegensatz zu Kardinal Journet kann Bischof Nestor Adam nicht unbedingt als grosser Freund des Zweiten Vatikanischen Konzils betrachtet werden. Der Vorsteher der Chorherren vom Grossen St. Bernhard wurde 1952 zum Bischof von Sitten ernannt. Er war nicht begeistert von der Aussicht, mehrere Wochen von seinem Bistum abwesend zu sein, um in Rom an «langweiligen» Diskussionen teilzunehmen. Seine Wünsche ans Konzil waren: «Erarbeitung eines neuen der Zeit angepassten Weltkatechismus, Beteiligung der Klerus und der Gläubigen an der Wahl der Bischöfe ohne staatliche Einmischung, Dezentralisierung der kirchlichen Verwaltung, stärkere Beteiligung von Laien in der kirchlichen Vermögensverwaltung, Integrierung der modernen Medien in Verkündigung und Katechese, Reform der Ausbildung des Klerus und schliesslich Vereinfachung des Laisierungsverfahrens, damit die Betroffenen, deren Zahl im Ansteigen sei, leichter ins normale Leben zurückfinden können, und die Abschaffung aller leeren Ehrentitel.» 

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An den Sitzungen des Konzils hat sich Nestor Adam nach Meinung von Michel Salamolard «bekehrt». «Er konnte sich sehr gut für das Konzil in Szene setzen und zwar deshalb, weil dieses “Szenario”, das von 1962 bis 1965 in Rom geschrieben wurde, begann ihn zu verletzen und durcheinanderzubringen. Bevor es sich in der Schweiz ausbreiten konnte, musste sich der Geist des Konzils zuerst einen Weg in das Herz des Bischofs von Sitten bahnen und das nicht ohne Mühen! Das Ergebnis war umso bemerkenswerter, da es nicht im Voraus garantiert werden konnte. Ein grosser Schock war für den Bischof der Ent-schluss des Konzils, dass inskünftig die Messe auch in der Volkssprache gefeiert werden könne. «Das, was am Heiligsten ist, wirft man nun dem Pöbel vor die Füsse», entrüstete er sich. «So würden diese Worte banalisiert und profaniert. Nach seiner “Bekehrung” aber feierte Bischof Adam die Messe sowohl in deutscher als auch in französischer Sprache mit Leichtigkeit und ganzer Über-zeu-gung.» Nach Abschluss des Konzils rief er 1966 dazu auf, die Dokumente zu lesen, denn sie werden künftig «die Grundlage der ganzen Lehrtätigkeit und jeder Entscheidung im Schosse der Kirche» sein. Der Bischof zitierte auch Papst Paul VI., der gesagt hat: «Diese Verkündigung ändert wahrhaftig in nichts die katholische Lehre… Was war, das bleibt.» Doch die «Treue zum geoffenbarten Glaubensgut steht vollkommen in Einklang mit einem dogmatischen Fort-schritt, der dadurch erreicht wird, dass die Wahrheit tiefer und genauer dargelegt wird». Wie auch die anderen Schweizer Bischöfe berief er die Synode 72 ein und setzte deren Entschlüsse in seinem Bistum ein. 


Paul Martone

Er war immer nahe beim Volk. (Foto © Archiv Bistum Sitten)

Das Zweite Vatikanische Konzil / Foto © DR)

BETEN IM ALLTAG

1. November
Einer war krank: Lazarus von Betanien. Als Jesus nun kam, fand er ihn seit vier Tagen schon im Grabe. Wie Jesus sie nun weinen sah, fuhr er im Geist jäh auf und geriet durcheinander. Jesus weinte. (Joh 11,1.17.33.35)
Ein Gott, der in Jesus menschliches Fleisch und Blut annimmt – der ein Mensch mit Erregungen und Gefühlen wird – ein Mensch, der seinen Gefühlen freien Lauf lässt, Tränen weint – auch darin ist Jesus Vorbild für uns: Wir brauchen uns unserer Gefühle, unserer Tränen nicht zu schämen, brauchen sie nicht zu unterdrücken.
Wer sich nach aussen hin völlig blutleer und kühl zeigt, in dem brodelt es innerlich gewaltig, bis hin zu seelischen Verkrümmungen oder zur bösen Explosion.
Gott, hilf mir, dass ich nicht nur aus dem Kopf lebe, sondern auch aus Herz und Bauch und damit als wirklicher Mensch. Amen.

30. November
«Du brauchst nicht mehr als meine Gnade.
Je schwächer du bist, desto mehr erweist sich an dir meine Macht.» Jetzt trage ich meine Schwäche gern, ja ich bin stolz darauf, damit die Kraft Christi sich an mir erweisen kann. Weil er mir zur Hilfe kommt, freue ich mich über Schwierigkeiten. Denn gerade wenn ich schwach bin, bin ich stark. (2 Kor 12,9.10)
Gott steht mir in meinen Schwachheiten, gerade in meinen Leiden, zur Seite. 
Gott gibt mir Kraft hinauszukommen, sie zu überwinden: sie zu heilen, zumindest mich
im Geist darüber zu erheben und sie ohne Verzweiflung zu tragen. Und Gott gibt mir Kraft, im Leiden zu reifen, gelassener zu werden, menschlicher, stärker.
Ich bin meinen Schwachheiten nicht hilflos ausgeliefert, brauche nicht mit Hass auf mich und andere zu reagieren, mich auch nicht dreinzufügen, sondern stehe zu meinem Schwachsein und kann es mit Gottes Hilfe überwinden.
Gott, stärke mich. Amen.

(Aus: Uli Heuel, Mut für jeden Tag – 365 Mini-Meditationen, Köln 1997)

Liturgische Farben

Foto: AdobeStock

Bei den Messen trägt der Priester immer wieder Messgewänder in den verschiedensten Farben.
Was hat das zu bedeuten?

Die Farben des Messgewandes wechseln je nach Fest oder der Zeit im Kirchenjahr und haben jeweils eine eigene Bedeutung.

Ist das ein neuer «Gag», um die Messe bunter zu machen?
Von «neu» kann man hier nicht reden, und von «Gag» schon gar nicht, denn diese Farben wurden schon 1570 verbindlich im Messbuch vorgeschrieben.

Und was bedeuten die einzelnen Farben?
Weiss ist die Farbe der Freude, des Glanzes und der Reinheit für die Oster- und Weihnachtszeit, die Herren- und Marienfeste und die Feste der Heiligen, die keine Martyrer sind. Bei Hochfesten können auch goldene Messgewänder getragen werden.
Rot als Farbe des Feuers und des Blutes für Palmsonntag, Karfreitag, Pfingsten und die Martyrerfeste.
Grün, die in der Zeit im Jahreskreis getragen wird, also an den «gewöhnlichen» Sonn- und Werktagen gilt als Farbe der Hoffnung.
Violett ist die Farbe der Busse und Besinnung und wird daher in der Advents- und Fastenzeit getragen, aber auch bei Beerdigungen. Am Dritten Adventssonntag (Sonntag Gaudete) und am Vierten Fastensonntag (Sonntag Laetare) kann auch Rosa getragen werden.
Schwarze Messgewänder können bei Beerdigungen getragen werden, doch wer–den sie inzwischen meistens durch violette ersetzt.
Blau ist keine offizielle liturgische Farbe, gilt jedoch als die Farbe der Muttergottes Maria.

Wozu werden denn überhaupt Messgewänder getragen? Ist das nicht fast wie eine kirchliche Modenschau?
Messgewänder sind keine Modeaccessoires. Sie zeigen vielmehr, dass in der Liturgie der Priester nicht mehr als Privatperson handelt, sondern in «persona Christi». Christus selbst handelt in und durch ihn. Die liturgischen Gewänder verhüllen den Menschen im Priester und lassen in ihm den Hohepriester erblicken! Deshalb werden die Messgewänder vor Ingebrauchnahme auch gesegnet. Im entsprechenden Segen wird darum gebetet, dass jene, die diese Gewänder tragen, das Amt würdig ausüben, das ihnen bei der Weihe übertragen wurde.

Besten Dank für die Auskunft. pam

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